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C14-Crash

C14-Crash

Titel: C14-Crash Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blöss / Niemitz
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Tatsächlich bauen nur ganz wenige historische Schulen ihre Absolut-
    chronologien auf C14-Daten auf. Zu groß sind immer wieder die Diskrepan-
    zen zu anders begründeten Absolutchronologien.
    Ein immenses Grab erratischer Datierungsversuche verbirgt sich hinter
    der hohen Anzahl tatsächlich zurückgewiesener Daten. J.G. Ogden III., der es
    als Direktor des C14-Labors der Dalhousie University in Kanada wohl wis-
    sen muß, warnte vor dem Schock, den die Tatsache bereiten könnte, daß we-
    niger als die Hälfte der das nordöstliche Nordamerika betreffenden C14-Da-
    ten von denen, die die Datierung beauftragt hatten, angenommen werden [Og-
    den 1977, 173]. Andere Autoren beziffern die allgemeine Abweisungsrate ähn-
    lich hoch: 33% [Lewis 1985, 217] bis 50% [Hassan 1989, 57]. In dem Zusammen-
    hang bemerkte R.E. Lee, daß weniger diese Zurückweisungsrate verwunder-
    lich sei, als vielmehr die Tatsache, daß die verbleibenden Daten dennoch ak-
    zeptiert würden23 [1981, 9]. Wir merken an dieser Stelle im Hinblick auf das
    vorangegangene Kapitel 7 an, daß das vor allem diejenigen Datierungen sein
    werden, die sich über einen besonders effektiven statistischen Fehlervertu-
    schungsparcour treiben ließen.
    Die Bezeichnung »Unregelmäßigkeit« oder »Anomalie« trifft auch auf die
    Tatsache zu, daß in der Regel mehrere eigentlich als kontemporär anzusehen-
    de Meßwerte weitaus stärker streuen, als die nachgeschaltete Fehlerangabe
    für deren Mittelwert anzeigt. Wir haben im vorherigen Kapitel gezeigt, wie
    aus einem Ensemble stark streuender Werte ein künstlicher Mittelwert mit ei-
    nem abgemagerten Fehler gemacht werden kann. Das funktioniert allerdings
    nur unter Zuhilfenahme von statistischen Methoden, die ausdrücklich zeitglei-
    chen Proben vorbehalten sind und nicht dazu benützt werden dürfen, Zeit-
    gleichheit vorzutäuschen.
    23
    Die Mittelalterforschung sieht sich für die Zeit vor 1000 AD einem nicht geringeren Problem gegenüber. Es werden immer mehr Urkunden gerade des frühen Mittelalters als
    Fälschungen erkannt, ohne daß eine Angabe möglich ist, ob der ‘Pegel’ bei 20 oder 40%
    oder noch höher liegt.
    8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler!
    277
    Es sind übergeordnet vier Phasen der Existenz der Probe zu unterschei-
    8.2 Verantwor-
    tungsbewußte Ar-
    den, in denen die im Labor zu messende C14-Konzentration aus den unter-
    chäometer sehen
    C14-Daten mit ei-
    schiedlichsten Gründen variiert bzw. eingestellt wird:
    ner Unsicherheit
    von generell meh-
    reren Jahrhunder-
    ten behaftet. Der
    1) Die Lebenszeit der Probe,
    Nimbus präziser
    Datierbarkeit mit
    2) ihre Lagerzeit (zwischen einigen 100 bis zu mehreren 10.000 Jahre),
    C14 beruht auf
    Wunschdenken.
    3) die Phase der Enthüllung, der Aufbereitung und des Transports zum La-
    bor sowie
    4) die Verarbeitung im Labor einschließlich des reinen Zählfehlers.
    Viele Proben kommen danach als »Cocktail« für spätere Kontrollmessungen
    auf gewisse Zeit in ein Lager. Diskutiert wird in diesem Kapitel zusätzlich ei-
    ne
    5) Metafehlerquelle,
    die erst durch Vergleich von Messungen anderer Labors an derselben Probe
    aufgedeckt werden können. Allein die Menge der in den verschiedenen Pha-
    sen jeweils zu bilanzierenden Korrekturansätze, von denen jeder naturgemäß
    mit einem mehr oder weniger großen Fehlerbeitrag aufwartet, führt in der
    Summe zu einer erheblichen Aufweitung des grundsätzlich unkompensierba-
    ren zufälligen Fehlers aus der Messung des radioaktiven Zerfalls. Wir werden
    am Ende dieses Kapitels die Quantifizierung der Summe dieser Fehler disku-
    tieren (vergleiche dazu Tabelle 8.14 am Ende des Kapitels).
    Es ist zu vermuten, daß Libby und seine Kollegen das Projekt »Absolut-
    datierung mit C14« fallen gelassen hätten, wenn ihnen ein Einblick in die sich
    später auftürmenden Schwierigkeiten möglich gewesen wäre. Doch die Er-
    kenntnis darüber erwuchs nicht schlagartig, und so blieb die Aufweitung des
    summarischen zufälligen Fehlers unbemerkt, weil die C14-Methode ohnehin
    einen (über eine Ausweitung der Meßzeit allerdings beherrschbaren) zufälli-
    gen Fehler ausweisen muß (vergleiche dazu Kapitel 7.1). Wir werden in die-
    sem Kapitel die eben aufgeführten 5 Phasen beleuchten, in denen sich die
    C14-Konzentration abweichend von der »Norm« einstellen kann. Die eigent-
    liche Messung der C14-Aktivität haben wir im vorhergehenden Kapitel 7 ana-
    lysiert und haben dort schon die

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