C14-Crash
zwi-
schen 4.186 ± 500 und 5.548 ± 500 C14-Jahre als gleichzeitig zu behandeln.
Der klassische Baum gilt – im Widerspruch zu den tatsächlichen Verhält-
nissen – hinsichtlich des Fraktionierungsverhaltens als das »Normal«, und da-
mit erscheinen Muscheln als 400 Jahre »zu jung«. Doch eigentlich sind es die
Organismen, die aufgrund der »Antipathie« gegenüber den beiden schwere-
ren Kohlenstoffisotopen bis zu 800 Jahre zu alt erscheinen, weil sie eben
nicht die in den großen Kohlenstoffreservoiren herrschenden Isotopenverhält-
nisse widerspiegeln. Zu allen Voraussetzungen der C14-Methode kommt also
noch die hinzu, daß die Fraktionierungsrate bezogen auf die Kohlenstoffisoto-
pe C13 und C14 in den organischen Kohlenstoffdepots – also in den Lebewe-
sen – über die fraglichen Zeiträume konstant geblieben sein muß. Das ist eine
Hypothese von deutlich anderem Charakter als die der Konstanz der Halb-
wertszeit, die auf atomarer und damit anorganischer Ebene greift und bislang
8.4
jeder Kritik standgehalten hat (vergleiche aber R.D. Long [1973, 131]).
Die Konstanz der Fraktionierungsrate in den untersuchten Lebewesen aus
verschiedenen Epochen ist a priori nicht selbstverständlich. In Bild 8.4 wird
286
C14-Crash
eine Zusammenstellung der C14-Daten von Muscheln und Holzkohle gege-
ben, von denen jeweils angenommen wurde, daß sie zur selben Zeit gelebt ha-
ben (stratigraphische Vergesellschaftung). Nach Korrektur des Fraktionie-
rungseffektes blieben immer noch Datierungsdifferenzen übrig, die um einen
Betrag von bis zu 1.000 Jahren auseinander lagen. Es ist müßig, entscheiden
zu wollen, ob das auf das Konto unterschiedlichen Einflusses von C14-armem
Wasser geht (Reservoireffekt, vgl. nächsten Abschnitt 8.2.2) oder ob die
Fraktionierung selber unterschiedlich ausfällt und demzufolge die Korrektur
der C14-Fraktionierung über den bloßen Abgleich via Messung von C13 nur
fehlerhaft erstellt werden kann.
Zu ähnlich erratischen Ergebnissen kamen Untersuchungen der Anomali-
en in den C14-Bestimmungen der Schneckengehäuse von lebenden Land-
schnecken aus halbtrockenen (»semi-ariden«) Biotopen. Selbst nach Berück-
sichtigung der Fraktionierung blieben Datierungsdifferenzen von rund 1.000
Jahren bestehen, die zusätzlich mit Einzelfehlern von bis zu über 1.000 Jah-
ren behaftet waren [Goodfriend 1987].
Durch die Isotopenfraktionierung haben also insbesondere Bäume eine
um 400 C14-Jahre reduzierte Startaktivität, d.h. der jüngste Ring eines gerade
gefällten Baumes erscheint radiometrisch gegenüber dem Wasser einer gut
durchmischten Meeresoberfläche (mit allen Einschränkungen) um rund 400
Jahre älter24. Ein zeitlich und vor allem klimatisch invariantes Fraktionie-
rungsverhalten der Bäume ist eine entscheidende Voraussetzung für die Er-
stellbarkeit einer global gültigen Kalibrierkurve (vgl. den Hinweis auf die
Temperaturabhängigkeit der Fraktionierung z.B. bei H.Y. Göksu et al. [1991,
23]).
Die Prozedur der Fraktionierungskorrektur findet eine recht schwammige
Formulierung bei Taylor [1987, 40]: »Es gibt einen Konsens, wie unter Berück-
sichtigung bestimmter Standards und Regeln die unterschiedlichen δ13C-Wer-
te in eine gebräuchliche Skala umgerechnet werden sollen«, oder auch bei
Aitken [1990, 94]: »Die Korrektur hat zur Voraussetzung, daß der Fraktionie-
rungseffekt von C14 doppelt so hoch ist wie der von C13«. Sie geht letztlich
auf die Arbeiten von H. Craig [1953; 1954] zurück und scheint in den darauffol-
genden Jahrzehnten wenig theoretische Aufmerksamkeit erfahren zu haben.
24
Im Zusammenhang mit der Korrektur der Isotopenfraktionierung wird – genauso wie
zeitweise im Hinblick auf die sogenannte Kalibrierung [Klein et al. 1982] – von
sogenannten »Konsens-Daten« gesprochen [Burleigh et al. 1984]. Daraus entnehmen wir,
daß sich die Wissenschaftler momentan unüberwindbarer Widersprüche in den Methoden
bewußt sind, diese aber zugunsten dringend benötigter Ergebnisse nicht weiter
thematisieren wollen.
8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler!
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Die Abschätzung des Fehlers aus einer nicht richtig korrigierten Fraktio-
nierung ist schwierig. Aus der natürlichen Schwankungsbreite des Fraktionie-
rungsverhaltens eines organischen Typus ergibt sich allein ein Fehler von
rund ± 40 Jahren. Ein Fehler im theoretischen Modell für die Korrektur be-
rührte die Altersbestimmung etwa von
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