C14-Crash
ei-
nes solchen präzisen Vergleichsmaßstabes geglaubt haben.
Kommen wir kurz auf die Interpretation des ±-Fehlers zurück. Die statisti-
sche Sicherheit für eine Messung, die sich in diesem Fehler ausdrückt, hängt
allein von der Länge der Messung bzw. von der Menge der dabei gezählten
Zerfallsereignisse ab. Je länger gemessen bzw. je mehr gezählt wurde, desto
kleiner ist automatisch auch der anzugebende ±-Fehler. Je länger also Proben
mit gleicher C14-Aktivität gemessen werden, desto ähnlicher müssen die Er-
gebnisse am Ende auch werden. Wenn das Simultanitätsprinzip Gültigkeit be-
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C14-Crash
säße, reichte es völlig aus, eine einzige Probe ausreichend lange zu messen.
Es bestünde dann Sicherheit, daß alle anderen Proben bei entsprechend lan-
ger Meßzeit dasselbe Ergebnis erbringen würden. Doch die allseits empfohle-
ne mehrfache Probennahme von einer Stelle rührt ausschließlich aus der Er-
fahrung, daß die Messungen – auch bei jeweils längster Dauer – zu signifi-
kant unterschiedlichen Ergebnissen führen, selbst wenn alle rekonstruierbaren
Einflüsse auf die C14-Konzentration in der Probe, die nicht den radioaktiven
Zerfall betreffen, »herauskorrigiert«2 worden sind: Gleichaltrige Proben wei-
sen auch unter idealen Bedingungen signifikant unterschiedliche C14-Alter
auf.
Solange Historiker solche Probenensembles nicht als Beweis der Unzu-
länglichkeit der angetragenen Hilfswissenschaft zurückweisen, sondern die
entsprechenden Mittelwerte in der unbegründeten Hoffnung übernehmen, auf
diese Weise dem »wahren« Wert näher zu kommen, solange gewähren sie ei-
nem totkranken Patienten permanente Akuthilfe. In diesem Zusammenhang
wurde seitens der C14-Wissenschaft durchaus konstruktive Kritik an archäo-
logischen Verfahren zur Feststellung der Gleichzeitigkeit (»coevalness«) von
Proben geübt und wertvolle Hinweise gegeben, wie allfällige Mißverständnis-
se vermieden werden können.
Diese drohen zum Beispiel bei der Beurteilung dickerer Hölzer, deren
C14-Datum durch länger zurückliegendes Abholzen, oder durch die Verwen-
dung des »alten« Kerns oder auch durch Wiederverwendung erheblich von
dem eigentlich zu datierenden Ereignis abweichen kann. Das ändert jedoch
nichts an der Tatsache, daß sich die C14-Methode letzten Endes dem Urteil
des Archäologen beugen muß, solange sie als Hilfswissenschaft dienen möch-
te.
Die Verantwortung des Archäologen im Zusammenhang mit der C14-Da-
tierung wird nicht nur darin gesehen, daß er die Zusammengehörigkeit bzw.
Abfolge seiner Proben ausreichend exakt analysieren und dokumentieren muß
(vergleiche dazu Kapitel 8.4). Er soll zu der Qualität der C14-Daten auch di-
rekt beitragen, indem er sich auf die »richtigen« Proben konzentriert, oder
besser: indem er die mit der Fundlage verbundenen Probleme richtig ein-
2
Versuche, die zurückliegenden Einflüsse auf die C14-Konzentration in der Probe
quantitativ in den Griff zu bekommen, werden im Sprachgebrauch »Korrektur« genannt.
Daß diese Einflüsse vorhanden sind und starke Auswirkungen auf die Altersbestimmung
haben, wird nicht bestritten. Daß die »Korrekturen« oftmals vage ausfallen müssen und
selber mit einem gehörigen Fehler verbunden sind, wird dagegen im Eifer des Gefechtes nur allzu gerne übersehen. Im Kapitel 8 unternehmen wir den Versuch, die Größenordnung des
aus diesen »Korrekturen« erwachsenden Fehlers, der den reinen Meßfehler um ein
Vielfaches übersteigt, zu bestimmen.
2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals
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schätzt und Proben vermeidet, die erfahrungsgemäß besonders hohe Kontami-
2.3 Die dringende
Forderung der
nationen aufweisen können: Kontamination durch Grundwasser, durch vulka-
C14-Methode nach
mehrfacher Pro-
nische Asche oder Gase, durch zweifelhafte, nicht abtrennbare Beimischun-
bennahme ist
gleichbedeutend
mit dem Einge-
gen sonstiger organischer Substanzen wie Wurzeln oder Mikroorganismen.
ständnis, daß das
Simultanitätsprin-
Ebenso sollte er jene Probenarten kennen und gegebenenfalls vermeiden, die
zip, das über den
Fortbestand der
aus Gründen des inneren Aufbaus zu unterschiedlicher Einlagerung von C14
C14-Methode ent-
scheidet, falsch
neigen. Hier sind insbesondere Knochen zu nennen. Aber so oder so sind dem
ist.
Ausgräber Grenzen gesetzt, die er nicht überschreiten kann. Und da, wie wir
festgestellt haben, zwangsläufig inkonsistente
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