C14-Crash
sogenannten Dunklen Jahrhun-
derten von ca. -1500 bis -600 u.Z..
Gunnar Heinsohn erkannte in den achtziger Jahren: »Die Sumerer gab es
nicht« [1988]. Ihre Erfindung entspricht einer Verdoppelung von jünger anzu-
setzender Geschichte. Diesmal mußten Jahrtausende als entlarvte Phantom-
zeit weichen. Gunnar Heinsohn und Heribert Illig rekonstruierten die ägypti-
sche Geschichte neu [11990]. Im Prinzip fanden sie heraus, daß die ägyptische
Geschichte verdreifacht worden war: Altes, Mittleres und Neues Reich sind
eins! Beide Autoren hatten auch für die europäische Vorzeit zeigen können,
daß diese infolge falsch konstruierter Perioden gestreckt worden war. Das
galt insbesondere für das Mesolithikum (Mittlere Steinzeit), das als Phantom-
zeit zwischen der Eiszeit und dem Neolithikum (Jungsteinzeit) plaziert wor-
den war und damit die Überlange der Nacheiszeit weiter zementiert hat. In
den neunziger Jahren entdeckte Heribert Illig, von Angelika Müller und ei-
nem der Autoren (HUN) auf Verwunderungen und Rätsel der Mittelalterhi-
storiker hingewiesen, daß auch das Mittelalter seine Phantomzeit hat. Und
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C14-Crash
zwar müssen mindestens die drei Jahrhunderte zwischen ca. 600 und 900 u.Z.
als frei erfunden gelten.
Wie man sich leicht vorstellen kann, stießen diese Chronologie- bzw. Ge-
schichtsrevisionen nicht auf Gegenliebe bei den anderen Wissenschaftlern,
insbesondere natürlich nicht bei den Historikern. Zum einen waren diese Neu-
vorschläge verbunden mit einer ungewöhnlichen Weltsicht (»Paradigma«),
nämlich der des Katastrophismus. Den glaubte doch die Wissenschaft seit et-
wa 1850 für immer überwunden zu haben. Zum anderen ist den Historikern
die Chronologie eine »heilige Kuh«. Die Logik jeder (rekonstruierten) Ge-
schichte baut zuallererst auf einer Chronologie auf. Und diese Logik und da-
mit der Sinn der Geschichte muß in sich zusammenbrechen, sollte die Chro-
nologie eine grundlegende Änderung erfahren. So gesehen kann es keinen ra-
dikaleren Einschnitt in das Geschichtsbild geben als über eine Kritik der
Chronologie. Das ist der Grund, warum Protest gegen die vorgebrachten
Schlußfolgerungen und Thesen auf diesem Gebiet so heftig ausfallen. Dabei
müssen wir betonen, daß wir unsere Ergebnisse niemals hätten erreichen kön-
nen, wenn Wissenschaftler nicht so gründlich gearbeitet und ihre Verwun-
derungen, ihre ungelösten Probleme und Rätsel nicht selber so akribisch be-
nannt hätten.
In der Diskussion um Chronologierevisionen spielen die naturwissen-
schaftlichen Methoden der Altersbestimmung von Fundstücken eine besonde-
re Rolle. Diese Methoden stehen im Ruf, objektiv-naturwissenschaftlich zu
sein. Und sie stimmen – so wird angenommen bzw. behauptet – mit den von
den Historikern erarbeiteten Datierungen bzw. Chronologien überein. Nun
ließ gerade die Behauptung, aus der frühmittelalterlichen Geschichte müssten
drei Jahrhunderte entfernt werden, sowohl Fachleuten als auch Laien »den
Kamm schwellen«. Exemplarisch für die oftmals von keiner Sachkenntnis ge-
trübten Reaktionen kann folgender Ausschnitt aus einem Leserbrief gelten:
»Endgültig widerlegt wird Illigs These jedoch mittels naturwissenschaftlicher
Hilfsmittel des Historikers: der Datierungsmethoden Dendrochronologie und
C14.« (siehe Bild 5.2 ). In verblüffend vielen Diskussionen, die auch die bei-
den Autoren immer wieder führen durften, bildeten die naturwissenschaftli-
chen Methoden – insbesondere die Radiokarbonmethode (C14-Methode) und
die Baumringmethode (Dendrochronologie) – die letzte Auffangposition vor
der Kapitulation. Die Naturwissenschaft könne sich doch nicht so irren –
oder? Wir wissen jetzt: Sie konnte! Und das wird in diesem Buch nachgewie-
sen, und zwar mit einer Argumentation, deren Kern wir im Folgenden benen-
nen wollen.
Vorworte zur 1. und 2. Auflage
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Die Dendrochronologie nutzt aus, daß die jährlich neu entstehenden
Baumringe je nach dem Jahresklima verschieden dick werden. Das Ringdik-
kenmuster soll dadurch so charakteristisch werden, daß man jedes Holz an-
hand seines Ringdickenmuster in eine zeitliche Beziehung zu anderen Höl-
zern setzen kann. Will man es absolutdatieren, dann muß man nur von heute
ausgehend sich rückwärts durch die Zeit arbeitend ein Referenz-Ringdicken-
muster aufbauen – eine Art Kunstbaum, entstanden aus vielen hintereinander
gehörenden Bäumen.
Genau das tat Ernst Hollstein
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