C14-Crash
der Hydra alle Köpfe abgeschlagen zu haben. So überrascht es nicht,
daß zum Beispiel R.D. Long 1973 in der PRÄHISTORISCHEN ZEITSCHRIFT den
Kulminationspunkt seiner klugen und klarsichtigen Kritik mit dem Hinweis
auf die Variabilität der Halbwertszeit von C14 setzen möchte, um auf diese
Weise die Auseinandersetzung endlich ein für allemal beenden zu können.
Historiker wären dankbar für die C14-Methode, wenn sie sicher sein
könnten, daß die ihnen zur Kenntnis gegebenen Daten zuverlässig sind. Nach
Lage der Dinge erfüllen nur die wenigsten der im Umlauf befindlichen Daten
tatsächlich die selbstverständlich zu nennenden Sicherheitsbedürfnisse der hi-
storischen Wissenschaften. Wir werden versuchen, einen Sicherheitsstandard
für C14-Daten zu definieren, nach dem diese bedenkenlos verwendet werden
könnten.
Tatsächlich sind die Gepflogenheiten der C14-Labors – was die Heraus-
gabe »sicherer« Daten betrifft – äußerst fragwürdig und an Maßstäben orien-
tiert, die allenfalls für genuin erratische Datensätze (wie etwa aus Meinungs-
umfragen resultierend) und auch dann nur unter klarster Offenlegung der tat-
sächlichen Sicherheiten angemessen erscheinen.
3.2 Wie sicher sind C14-Daten?
Der Sicherheitsstandard für die Veröffentlichung von C14-Daten läßt sich un-
mittelbar aus der Analyse der statistischen Verfahren ablesen, die von der
C14-Methode angewendet werden. Der Naturwissenschaftler M.J. Aitken hat
den Ausspruch »one date is no date!« geprägt. Diese Bemerkung ist zuvor-
derst ein unmißverständlicher Hinweis auf die Unzuverlässigkeit jedes einzel-
nen Probendatums, die trotz aller Korrekturbemühungen bleiben wird und
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C14-Crash
3.2 Mit welcher Wahrscheinlichkeit stammen zwei divergente
C14-Alter von tatsächlich gleichaltrigen Proben?
Wenn trotz gleichen Absolutalters beider Proben zwei unterschiedliche C14-
Daten gemessen werden, dann dürfen die Unterschiede der C14-Alter aus-
schließlich aus der begrenzten Meßzeit für die radioaktiven Zerfallsereignisse
rühren. Mit anderen Worten: Je länger die fraglichen Proben gemessen werden,
desto näher müssen die Meßwerte auch zueinander rücken. Als Faustregel kann
gelten, daß zwei Proben eher gleichzeitig als ungleichzeitig interpretiert werden
können, wenn der Abstand ihrer C14-Mittelwerte deutlich kleiner (etwa 2/3) als
die mittlere Standardabweichung σ ist (zu Einzelheiten vergleiche Long/Rippeteau
[1974]).
Aitkens Formulierung, daß das Vertrauen in die Gleichzeitigkeit dann deut-
lich gestärkt wird, wenn die beiden 1σ-Fehler noch überlappen, macht die prekä-
re Lage bei der Interpretation von C14-Daten deutlich. Obwohl die Wahr-
scheinlichkeit dafür nur noch 15% beträgt, muß das offenbar ausreichen, weil in
der Regel mehr einfach nicht zu erwarten ist. Dieses Vertrauen zeigt sich erst
dann endgültig erschüttert, wenn die 2σ-Fehler nicht mehr überlappen, obwohl
damit die statistische Wahrscheinlichkeit für Gleichzeitigkeit bereits auf unter
2% gesunken ist.
3. Methodisches – C14 auf dem Prüfstand
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sich in einer übermäßigen Streuung der C14-Alter an sich gleichaltriger Pro-
3.4 Der vielzitierte
Spruch »one date
ben niederschlägt. Zugleich wird damit der Vorrang der Geschichtswissen-
is no date!« ist ein
unmißverständli-
schaft bei der Beurteilung der Gleichaltrigkeit anerkannt.
cher Hinweis auf
die Unzuverlässig-
keit jedes ein-
Die allgemein übliche Interpretation möchte dieses Dilemma allerdings
zelnen Probenda-
tums. Daran kann
ins Positive wenden: Mit der Auswertung mehrerer Proben aus demselben ar-
auch eine noch so
intensive Bemü-
chäologischen Zusammenhang könne man ein zuverlässigeres Datum erhal-
hung um Korrektur
der Fehlereinflüs-
ten, als wenn man nur eine Probe auswerte. Damit wäre die Weiterverarbei-
se nichts ändern.
Die Konsequenz
tung genuin unzuverlässiger Daten zu einem teilweise als hochzuverlässig do-
besteht in einer
übermäßigen
kumentierten Datum zwar legitimiert, aber im wörtlichen Sinne noch längst
Streuung der C14-
Alter von Proben,
nicht legal.
die als gleichaltrig
zu betrachten sind.
Anwender der »komparativ-typologischen« Methode wären zutiefst beun-
ruhigt, wenn das Merkmal, dessen Ausprägung zur Einordnung in eine der
zeitlich aufeinanderfolgenden Phasen dient, so außerordentlich streuen würde
wie C14-Daten es im allgemeinen tun. Auf der anderen Seite sollen
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