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Cabal - Clive Barker.doc

Cabal - Clive Barker.doc

Titel: Cabal - Clive Barker.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Admin
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Der Eindruck war allzu kurz. Sie hatte keine Zeit, dem Kind viel Glück zu wünschen, da wurde ihre Vision schon von Lärm hinter ihr unterbrochen. Sie drehte sich um und sah, daß die Säulen, in denen Midians Tore verankert waren, sich neigten. Cabal packte ihren Arm, als die beiden Säulen gegeneinanderprallten, einen Augenblick wie zwei Rin -
    ger Kopf an Kopf verweilten und dann umkippten und an der Stelle auf den Boden fielen, wo Lori und Cabal noch vor wenigen Augenblicken gestanden hatten.

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    3
    Obwohl er keine Uhr hatte, die ihm die Zeit anzeigte, wußte er ganz deutlich – möglicherweise Baphomets Geschenk –, wieviel Zeit sie noch bis Tagesanbruch hatten.
    Er sah vor seinem geistigen Auge den Planeten wie ein mit Meeren geschmücktes Zifferblatt, und die magische Trennlinie von Tag und Nacht wanderte darüber hinweg.
    Er hatte keine Angst davor, daß die Sonne hinter dem Horizont auftauchen würde. Seine Taufe hatte ihm eine Gabe gegeben, die seine Brüder und Schwestern nicht hatten. Die Sonne würde ihn nicht umbringen. Das wußte er ohne Zweifel. Aber sie würde ihm zweifellos Unbehagen bereiten. Der Mondaufgang würde stets ein willkom-menerer Anblick als der Tagesanbruch sein. Aber seine Arbeit würde sich nicht auf die nächtlichen Stunden beschränken lassen. Er würde sich nicht vor der Sonne verstecken müssen, wie seine Gefährten der Brut es muß-
    ten. Sie würden jetzt schon anfangen, nach Verstecken zu suchen, bevor der Morgen kam.
    Er stellte sich vor, wie sie am Himmel Amerikas dahin-zogen oder neben den Highways dahinliefen; Gruppen, die sich teilten, wenn jemand unter ihnen müde wurde oder einen möglichen Unterschlupf gefunden hatte. Der Rest zog weiter und wurde mit jedem Augenblick verzweifelter. Er wünschte ihnen stumm eine gute Reise und sichere Verstecke.
    Mehr noch: Er schwor sich, daß er sie mit der Zeit alle wiederfinden würde. Er würde sie sammeln und verei-nen, wie Midian es einst getan hatte. Er hatte ihnen achtlos Schaden zugefügt. Jetzt mußte er diesen Schaden wiedergutmachen, wie lange es auch dauern mochte.

    270

    »Ich muß heute nacht noch anfangen«, sagte er zu Lori.
    »Sonst werden die Spuren kalt, und ich finde sie nie mehr.«
    »Ohne mich gehst du nicht, Boone.«
    »Ich bin nicht mehr Boone«, sagte er zu ihr.
    »Warum nicht?«
    Sie saßen auf dem Hügel über dem Friedhof, und er erzählte ihr alles, was er bei der Taufe erfahren hatte.
    Schwierige Lektionen, für die er kaum Worte finden konnte. Sie war müde und zitterte, aber sie ließ ihn nicht aufhören.
    »Sprich weiter...«, sagte sie immer wieder, wenn er verstummte. »Sag mir alles.«
    Das meiste kannte sie. Sie war ebenso wie er Baphomets Instrument gewesen, vielleicht noch mehr. Teil der Prophezeiung. Ohne sie wäre er nie nach Midian zurückgekehrt, um es zu retten; und wäre dabei gescheitert. Die vor ihm liegende Aufgabe war die Folge dieser Rückkehr und eben dieses Scheiterns.
    Dennoch hatte sie Einwände.
    »Du kannst mich nicht zurücklassen«, sagte sie. »Nach allem, was geschehen ist.«
    Sie legte eine Hand auf seinen Schenkel.
    »Vergiß nicht die Zelle...« murmelte sie.
    Er sah sie an.
    »Du hast mir gesagt, ich soll mir selbst vergeben. Das war ein guter Rat. Aber es bedeutet nicht, daß ich dem, was hier geschehen ist, den Rücken kehren kann.
    Baphomet; Lylesburg; sie alle... ich habe das einzige Zuhause vernichtet, das sie jemals hatten.«
    » Du hast es nicht vernichtet.«
    »Wenn ich nie hierhergekommen wäre, würde es noch stehen«, antwortete er. »Diesen Schaden muß ich wiedergutmachen.«

    271

    »Dann nimm mich mit«, sagte sie. »Wir gehen gemeinsam.«
    »Das geht nicht. Du lebst, Lori. Ich nicht. Du bist ein Mensch. Ich nicht.«
    »Das kannst du ändern.«
    »Was sagst du da?«
    »Du kannst mich so machen, wie du es bist. Es ist nicht schwer. Ein Biß, und Peloquin hatte dich für immer verwandelt. Nun verwandle mich.«
    »Ich kann nicht.«
    »Du meinst, du willst nicht.«
    Sie drehte Deckers Messer im Sand herum.
    »Du willst nicht bei mir sein. So einfach ist das, nicht?«
    Sie lächelte verkniffen. »Hast du nicht den Mumm, es auszusprechen?«
    »Wenn meine Aufgabe vollendet ist...«, antwortete er.
    »Dann vielleicht.«
    »Oh, in hundert Jahren oder so?« murmelte sie und fing an zu weinen. »Dann wirst du zu mir zurückkommen, ja?
    Mich überall küssen. Wirst mir sagen, du wärst früher gekommen, aber die Zeit ist einfach wie im Flug

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