Cabal - Clive Barker.doc
wieder ...« sagte er und ließ die Bestie von überall aus sich heraus.
Decker hob die Machete, um den Gegner auszuschalten, bevor die Verwandlung vollkommen war. Aber Boone wartete nicht. Er zerrte am Gesicht des Schlächters, noch während er in der Verwandlung begriffen war, und riß die Maske herunter – samt Knöpfen und Reißverschluß und allem –, um Charakterschwächen darunter ans Licht zu bringen.
Decker heulte, als er demaskiert wurde, er legte die Hand vors Gesicht, um es wenigstens teilweise vor dem Blick der Bestie zu verbergen.
Boone hob die Maske vom Boden auf und fing an, sie zu zerreißen, indem er mit den Klauen den Stoff auf-schlitzte. Deckers Heulen wurde lauter. Er ließ die Hand vom Gesicht sinken und hieb mit wahnsinniger Wut nach Boone. Die Klinge streifte Boones Brus t und schnitt sie auf, doch als er zu einem zweiten Hieb aus-holte, ließ Boone die Fetzen fallen und wehrte den Schlag ab, indem er Deckers Arm mit solcher Wucht gegen die Wand schlug, daß der Knochen brach. Die Machete fiel zu Boden, und Boone griff nach Deckers Gesicht.
Das laute Heulen verstummte, als die Klauen näherkamen. Der Mund klappte zu. Die Züge entspannten sich.
Boone betrachtete einen Augenblick das Gesicht, das er monatelang betrachtet, dem er jedes Wort von den Lippen abgelesen hatte. Bei diesem Gedanken glitt die Hand vom 260
Gesicht zum Hals, und er ergriff Deckers Luftröhre, die so viele Lügen ermöglicht hatte. Er ballte die Faust, seine Klauen durchbohrten Deckers Hals. Dann zog er. Der Sprechapparat kam mit einem Blutschwall heraus. Decker riß die Augen auf und sah seinen Peiniger an. Boone zog noch einmal – und noch einmal. Die Augen wurden glasig. Der Körper zuckte und zuckte, dann sackte er zusammen.
Boone ließ ihn nicht fallen. Er hielt ihn wie beim Tanz und zerfetzte den Körper so, wie er die Maske zerfetzt hatte. Klumpen von Deckers Körper spritzten an die Wände. Er dachte nur noch vage an Deckers Versprechen gegen ihn. Er riß mit dem Eifer der Brut und hatte monströsen Spaß an einer monströsen Tat. Als das Schlimmste vorüber war, ließ er das Bündel zu Boden fallen und zerfetzte seinen Tanzpartner mit den Füßen.
Für diese Leiche würde es keine Auferstehung aus dem Grab geben. Keine Hoffnung auf irdische Auferstehung. Selbst in der größten Wut seines Angriffs hatte Boone den Biß zurückgehalten, der Decker das Leben nach dem Tod verliehen hätte. Sein Fleisch gehörte nur den Fliegen und ihren Kindern; sein Ruf in die Fantaste-reien derer, die seine Geschichte erzählen wollten. Boone war es einerlei. Es spielte keine Rolle mehr, ob er die Verbrechen je wieder loswürde, die Decker ihm angehängt hatte. Er war nicht mehr unschuldig. Er war durch sein Abschlachten zu genau dem Killer geworden, den Decker ihm hatte einreden wollen. Er hatte die Prophezeiung wahrgemacht, indem er den Propheten ermordet hatte.
Er ließ den Leichnam liegen und machte sich auf die Suche nach Lori. Sie konnte nur einen Weg genommen haben: den Hang hinunter in Baphomets Kammer. Ihm wurde klar, daß dem ein Sinn zugrunde lag. Der Prophet 261
hatte sie hierher gebracht, hatte den Boden unter ihren Füßen aufgetan, damit Boone ihr folgen sollte.
Die Flamme, in der sein zerstückelter Körper hauste, warf kaltes Licht in Boones Gesicht. Er schritt, ins Blut seines Feindes gekleidet, den Hang hinunter auf sie zu.
262
XXIV
Cabal
l
Ashberry, der sich im Ödland verirrt hatte, erblickte ein Licht, das zwischen den geborstenen Pflastersteinen emporflackerte. Seine Strahlen waren bitter kalt und auf eine Weise klebrig, wie es Licht nicht zukam, denn es haftete an seiner Hand und dem Ärmel, bevor es erlosch. Er verfolgte seinen Ursprung fasziniert von einem Loch zum nächsten, und in jedem war es heller als im vorhergehenden.
Da er in seiner Jugend studiert hatte, hätte er den Namen Baphomet gekannt, hätte ihn ihm jemand zuge-flüstert, und er hätte verstanden, weshalb das Licht ihn so sehr in seinen Bann zog. Er hätte in der Gottheit Gott und Göttin in einem Körper vereint erkannt. Hätte auch ge-wußt, wie seine Anhänger für ihren Götzen gelitten hatten, wie sie als Häretiker oder für Verbrechen wider die Natur verbrannt worden waren. Er hätte die Macht ge-fürchtet, die solche Zuwendungen verlangte; und mit Recht.
Aber es war niemand da, der es ihm sagte. Nur das Licht war da, das ihn anzog.
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2
Boone stellte fest, daß der Täufer nicht allein in seiner Kammer
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