Cadence Jones ermittelt: Drei sind zwei zu viel (German Edition)
jeder x-beliebigen Dienststelle aus: Bürowaben, Drucker, Verwaltungspersonal, Ruheräume, Berberteppich und billigst erworbenes Regierungsmobiliar.
Der einzige Unterschied besteht darin, dass BOFFO eine Unmenge Ärzte und Psychotherapeuten beschäftigt und außerdem mit immensen Vorräten an Haldol, Thorazin, Clozapin und anderen Neuroleptika ausgestattet ist. Ach ja, und außerdem müssen wir uns jede kleine Pille von der Bundesregierung absegnen lassen.
Der heutige Tag, ein Samstag, war insofern typisch, als ihn niemand für einen Samstag gehalten hätte. Früh-, Mittel- und Nachtschicht waren voll besetzt, das Geschäft lief (leider) hervorragend, und für einige von uns waren die Bürowaben das, was einem trauten Heim am nächsten kommt. Und unsere Kollegen schienen beinahe so etwas wie eine Familie zu sein.
Das sollte nicht heißen, dass ich mich heute besonders heimisch fühlte. Durchaus nicht. Denn ich war zu einer Nachbesprechung mit meiner Chefin, Agentin Michaela Taro, einbestellt worden, und dieses Treffen würde nicht erfreulich werden. Denn so lauten BOFFO s Richtlinien: Wenn wir aufgrund unserer verrückten Faxen verhaftet werden, müssen wir sofort ein Debriefing abhalten.
Sie wartete bereits an meinem Schreibtisch auf mich. Kein gutes Zeichen, denn Michaela pflegte niemals lange untätig herumzulungern. Sie war jedoch nicht allein. Neben ihr stand eine Unbekannte. Im Näherkommen begriff ich, dass dies unsere neue Kollegin sein musste. Das New Girl – äh, Frau. Agentin. Die neue BOFFO -Agentin. Sie wirkte ganz sympathisch, hatte eine hohe Stirn, eine chirurgisch gerichtete Nase und eine dunkelbraune Haut mit rötlichen Highlights. Ihr Haar war so kurz geschoren wie bei einem Marineinfanteristen, doch es stand ihr! Machte sie sogar hübscher. Betonte die Wangenknochen oder so.
»Agent Jones. Agent Pinkman.«
»Chefin, Sie werden nicht glauben, was mir … «, setzte George an, und seine Stimme steigerte sich rasch zu einem hohen Winseln.
»Ja, ja, sicher, es war schrecklich.«
»Das war es auch!«
»Und natürlich haben Sie in Ihrem ganzen Leben noch nie etwas getan, das Ihre Verbringung in die Notaufnahme durch die Polizei rechtfertigen würde.«
»Aber … « Georges Gejammer schraubte sich in ungeahnte Höhen. Bald würden ihn nur noch Hunde hören können.
»Klappe, Pinkman, ich hab jetzt keine Zeit für Ihre Spielchen. Sie übrigens auch nicht. Ich möchte Ihnen Agent Emma Jan Thyme vorstellen, die heute bei uns anfängt … Washington hat sie uns freundlicherweise ausgeliehen. Sie werden Agent Thyme freundlicherweise auf den neuesten Stand der Dinge bringen.«
»Haben Sie das gerade wirklich gesagt? Bringen Sie sie auf den neuesten Stand ?«, überlegte George laut. »So redet doch heute kein Mensch mehr. Als Nächstes kommt dann wohl die Vögel in den Büschen und den Täter am Schlafittchen fassen oder ähnlicher Unsinn.«
Michaela drohte George mit einem Zeigefinger, der sorgfältig manikürt und lavendelblau lackiert war. Unsere Chefin war beeindruckend, nicht nur für ihr Alter, sondern überhaupt. Sie hatte kinnlanges silbergraues Haar, grüne Augen, war sehr schlank und besaß ein kantiges Gesicht. Sie trug fast ausschließlich Schneiderkostüme und dazu weiße Tennisschuhe. Ihre heutige Aufmachung bestand aus einem grünen Ann-Taylor-Kostüm, das ein paar Nuancen heller war als ihre Augen, und einer Betäubungspistole.
Ich war ja der Meinung, dass sie unter ihrem ruppigen Auftreten ihre Liebe zu uns verbarg. Ich glaubte ganz fest daran.
Michaelas Zeigefinger wies immer noch auf George. »Klappe, Pinkman, sonst könnte es passieren, dass ich das Erschießungskommando rufe. Also: Bringen Sie Agent Thyme auf den neuesten Stand, was unsere Morde angeht. Dann klären Sie sie über unsere Rechte auf. Und sehen Sie zu, dass Sie nicht andauernd verhaftet werden. Ich habe es nämlich satt, der Polizei immer wieder erklären zu müssen, warum Sie nicht wie tollwütige Hunde behandelt werden dürfen.«
»Das ist aber eine lange Liste«, bemerkte ich. Agent Thyme grinste verständnisinnig.
»Ähem.« George räusperte sich. »Welche Morde?«
»An welche hatten Sie denn gedacht?«, erwiderte Michaela gereizt. »Die June-Boys-Morde selbstredend.«
»Griffig«, bemerkte Agent Thyme.
»Ja, das ist die Regel«, erklärte ich. »Alle Serientäter bekommen einen möglichst einprägsamen, aber armseligen Namen von uns verpasst. Wie zum Beispiel Green River Killer. Oder I-5-Killer.
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