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Cäsar Birotteau (German Edition)

Cäsar Birotteau (German Edition)

Titel: Cäsar Birotteau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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selbstverständlich für meine Pflicht erachtet, zu Ihnen zu kommen ...«
    Birotteau ersuchte ihn durch einen Wink, sein Käppchen wieder aufzusetzen.
    »Auf keinen Fall, Herr Birotteau! Nicht eher, als bis Sie sich gesetzt und bedeckt haben! Das Zimmer ist etwas kühl, Sie könnten sich erkälten! Meine geringen Einkünfte erlauben mir nicht... Ihr Wohlsein, Herr Stadtverordneter!«
    Birotteau hatte geniest. Er suchte nach seinem Vertrage und reichte ihn Molineux. »Um jede Zeitverschwendung zu vermeiden«, fügte er hinzu, »habe ich gleich einen Vertrag mitgebracht. Der Notar Roguin hat ihn mir auf meine Kosten aufgesetzt...«
    »Ich bestreite die Sachkenntnis des Herrn Roguin durchaus nicht!« unterbrach ihn Molineux. »Herr Roguin ist ein alter wohlbekannter Pariser Notar. Indessen habe ich so meine kleinen Gewohnheiten. Ich betreibe mein Geschäft selbst – eine verzeihliche Schwäche! – und mein Notar ist...«
    »Na ja, aber unser Geschäft ist doch ureinfach!« unterbrach ihn der Parfümeur nochmals; er war das rasche Handeln eines beschäftigten Kaufmanns gewöhnt.
    »Ureinfach? In puncto Mietvertrag ist nichts einfach! Ja, Sie Glücksmensch! Sie sind nicht Hausbesitzer! Wenn Sie wüßten, wie weit die Mieter heutzutage ihre Undankbarkeit treiben und zu wie vielen Vorsichtsmaßregeln unsereiner dadurch gezwungen ist! Ich habe da einen ...«
    Eine geschlagene Viertelstunde lang erzählte nun Molineux, wie der Maler Gendrin den wachsamen Hausmann in seinem Hause in der Rue Saint-Honoré überlistet habe. Gendrin hätte Schändlichkeiten, eines Marat würdig, begangen; er hätte unzüchtige Zeichnungen gemacht... »Daß die bummelige Polizei derlei duldet!« Gendrin sei ein durch und durch unsittlicher Mensch; er käme mit liederlichen Dirnen nach Hause und hätte die Treppe verbarrikadiert! Und warum all die Schandtaten? Weil am fünfzehnten endlich die Miete von ihm verlangt worden wäre! Sie würden sich gegenseitig verklagen, denn obgleich der Künstler seine Miete nicht bezahle, beharre er darauf, wohnen zu bleiben. Molineux hätte einen anonymen Brief bekommen – zweifellos von Gendrin –, worin ihm gedroht worden sei, man würde ihn in dem Gäßchen, das zum »Holländischen Hof« führt, demnächst abends erdolchen.
    »Sehen Sie, so weit hat er's getrieben«, schloß er seine Erzählung, »daß mir der Herr Polizeipräsident, den ich ins Vertrauen gezogen – ich habe ihm übrigens bei der Gelegenheit verschiedene Gesetzesvorschläge in dieser Hinsicht gemacht! –, daß mir der Herr Präsident erlaubt hat, zu meiner persönlichen Sicherheit eine Pistole zu tragen ... Hier ist sie!«
    »Aber bester Herr Molineux! Von mir haben Sie doch so etwas nicht zu befürchten!« sagte Birotteau lächelnd und warf Cayron einen Blick zu, der sein Mitleid mit diesem Original ausdrückte.
    Molineux fing den Blick auf; diese Verständnislosigkeit wurmte ihn, zumal an einer Ratsperson, die doch von Berufs wegen verpflichtet war, Hilflose zu schützen. Jedem andern hätte er das verziehen: dem Stadtverordneten Cäsar Birotteau nicht!
    »Herr Birotteau«, sagte er bissig, »einer der geachtetsten Handelsrichter, ein Stadtverordneter, ein ehrenwerter Kaufmann wird sich selbstverständlich nicht in solche Niederträchtigkeiten – denn das sind Niederträchtigkeiten! – verlieren. Aber in unserm Falle handelt es sich um einen Durchbruch, zu dem auch erst Ihr Herr Hausbesitzer, Graf von Granville, seine Einwilligung geben muß. Des weiteren ist eine Abmachung wegen der Wiederherstellung der Wand nach Ablauf der Mietzeit, zu treffen. Zu guter Letzt sind auch die Mieten jetzt sehr niedrig; sie werden steigen. Der Place Vendôme wird gewinnen! Die Rue de Castiglione wird gebaut! Ich binde mich... Ich binde mich ...«
    »Machen Sie's kurz!« sagte Birotteau peinlich berührt; »was wollen Sie? Ich bin hinlänglich Geschäftsmann, um zu erraten, daß Ihre Bedenken vor dem höheren Faktor, dem Gelde, verstummen werden! Also was wollen Sie?«
    »Nur was recht ist! Auf wie lange wollen Sie denn mieten?«
    »Auf sieben Jahre.«
    »Wer weiß, wie viel mein erster Stock in sieben Jahren wert sein wird ? Wenn ich die beiden Zimmer ausmöblierte, könnte ich für sie in diesem Viertel vielleicht mehr als zweihundert Francs monatlich bekommen! Durch den Mietvertrag binde ich mich. Wir wollen die jährliche Miete für die beiden Ihnen von Herrn Cayron abgetretenen Zimmer auf fünfzehnhundert Francs festsetzen. Dann will ich

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