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Cäsar Birotteau (German Edition)

Cäsar Birotteau (German Edition)

Titel: Cäsar Birotteau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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einverstanden sein. Das Durchbrechen der Wand geschieht auf Ihre Kosten und unter der Bedingung, daß Sie mir die Einwilligung des Grafen von Granville und seinen Verzicht auf alle etwaigen Rechte bringen. Sie tragen die Verantwortung für alle Folgen dieses Durchbruchs ! Meinetwegen brauchen Sie die Wand nicht wieder herstellen zu lassen. Zahlen Sie mir dafür eine sofortige Entschädigung von fünfhundert Francs, und wir sind quitt! Ich will hinter niemandem herlaufen, wenn ich die Wand mal wieder zumachen lassen muß.«
    »Ihre Bedingungen scheinen mir ziemlich gerechtfertigt«, gab Birotteau zu.
    »So. Sie zahlen mir also siebenhundertundfünfzig Francs pränumerando für das erste halbe Jahr; der Kontrakt wird darüber quittieren. Na, ich nehme auch ein Wechselchen, wenn darauf steht: ,Wert für Miete‘ – um mein Vorrecht zu haben! – und zwar mit einem Ihnen passenden Fälligkeitstage. Ich bin kurz und bündig in Geschäften. Wir setzen noch fest, daß Sie die Tür nach meiner Treppe hin zumauern lassen. Sie haben somit kein Recht, sie zu betreten. Seien Sie ruhig: ich verlange nach Ablauf der Miete keine Entschädigung für die Wiederherstellung dieser Tür. Das ist miteinbegriffen in den fünfhundert Francs. Sie sehen, ich bin immer gerecht!«
    »Wir Kaufleute sind nicht so krickelig!« meinte der Parfümhändler; »bei solchen Formalitäten würde überhaupt kein Geschäft zustande kommen!«
    »Ja, im Handel, das ist ganz was anderes und besonders in der Parfümbranche; da wickelt sich alles hübsch glatt ab! In puncto Miete aber ist in Paris nichts gleichgültig. Sehen Sie, ich hatte da einen Mieter in der Rue Montorgueil, der...«
    »Herr Molineux, ich wäre untröstlich, wenn ich Sie weiterhin von Ihrem Frühstück abhielte. Hier! Prüfen Sie den Vertrag! Vervollständigen Sie ihn! Was Sie sonst noch von mir verlangen, gestehe ich Ihnen im voraus zu. Unterzeichnen wir morgen und geben wir einander heute unser Wort! Morgen muß nämlich mein Architekt die Arbeit anfangen können.«
    Molineux sah Cayron an und sagte dann: »Es ist am einfachsten, wenn Ihr Kontrakt von Januar zu Januar läuft. Die Miete bis ultimo Dezember zahlen Sie mir extra!«
    »Meinetwegen!«
    »Und dann: von jedem Francs einen Fünfer für den Portier...«
    »Aber da Sie mir Treppe und Eingang nehmen, ist es eigentlich nicht gerechtfertigt, daß ...«
    »Ja, Sie sind immerhin Mieter!« sagte Molineux bestimmt. »Hier walten Prinzipien! Selbstverständlich müssen Sie auch an der Tür- und Fenstersteuer Ihren Anteil tragen. Erst wenn alles gehörig besprochen ist, sind alle Schwierigkeiten beseitigt... Sie vergrößern Ihr Geschäft gewaltig! Es geht demnach gut?«
    »Danke. Ich vergrößere aus andern Gründen: ich gebe meinen Freunden ein Fest; einerseits, um die Räumung unseres Gebietes von den fremden Truppen zu feiern, und dann wegen meiner Ernennung zum Ritter der Ehrenlegion!«
    »Ah! Eine wohlverdiente Auszeichnung!«
    »Jawohl! Vielleicht habe ich mich dieser allerhöchsten königlichen Gunst würdig gemacht, als ich Handelsrichter war und weil ich auf den Stufen von Saint-Roch für die Bourbonen gekämpft habe, am 13. Vendémiaire, wobei ich von Napoleon verwundet worden bin. Meine Ansprüche ...«
    »... sind ebenso berechtigt wie die unserer tapfern Soldaten der alten Armee! Das rote Band versinnbildlicht vergossenes Blut!«
    Bei diesen dem »Constitutionnel« entlehnten Worten konnte sich Birotteau nicht enthalten, Molineux zu seinem Feste einzuladen. Der alte Mann erschöpfte sich in Danksagungen und verzieh ihm beinahe seine Geringschätzung der Vertragseinzelheiten. Er geleitete seinen neuen Mieter bis auf den Treppenabsatz und überschüttete ihn mit Höflichkeiten.
    Als Birotteau mit Cayron über den Hof schritt, sah er seinen Nachbar lachend an.
    »Ich hätte nicht geglaubt«, sagte er, »daß es so unkomplizierte Menschen gäbe!« »Dummköpfe« wollte er eigentlich sagen, unterdrückte das Wort aber noch rechtzeitig.
    »Ja, es sind nicht alle so gescheit wie Sie!« entgegnete Cayron.
    Birotteau hielt sich selbstverständlich dem alten Molineux gegenüber für einen höheren Menschen; die Huldigung des Schirmhändlers entlockte ihm ein befriedigtes Lächeln und er verabschiedete sich von ihm mit wahrhaft königlicher Würde.
    Jetzt in die Markthalle, Nüsse kaufen! erinnerte er sich.
    Eine Stunde lang fragte Birotteau vergebens bei allen Marktweibern herum. Schließlich schickte ihn eine in die Rue des Lombards.

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