Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cäsar Birotteau (German Edition)

Cäsar Birotteau (German Edition)

Titel: Cäsar Birotteau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
Vom Netzwerk:
Er erkundigte sich bei seinen Freunden, den Matifat, und erfuhr dort, daß man Nüsse en gros nur bei einer gewissen Frau Angelika Madou kaufe. Diese Händlerin wohnte in der Rue Perrin-Gasselin und führte allein die echten Provencer Nüsse.
    Die Straße Perrin-Gasselin ist eine der Gassen jenes Straßenlabyrinths, das vom Kai, von der Rue Saint-Denis, der Rue de la Ferronnerie und der Rue de la Monnaie viereckig umschlossen wird, und gleichsam das Stadtinnerste bildet. Es wimmelt dort von kleinen Händlern, die in ihren Läden Heringe, Mousselin, Seide, Honig, Butter, Tüll – alles neben- und miteinander – verkaufen. Ein alter Halsabschneider namens Bidault, genannt Gigonnet, der in der Rue Grenétat wohnte, saugte viele dieser Leute aus. Hier sind ehemalige Pferdeställe mit Öltonnen angefüllt, dort Wagenschuppen mit Ballen baumwollener Strümpfe vollgestopft. Dort sind Waren en gros aufgestapelt, die in den Markthallen im einzelnen verkauft werden. Frau Madou hatte früher frische Seefische verkauft. Aber infolge einer Liaison mit einem Fruchthändler – das Verhältnis war lange Zeit der Gegenstand des Markthallenklatsches gewesen – hatte sie nach dem Tode ihres Schatzes sein Geschäft mit Nüssen übernommen. Das war zehn Jahre her. Ihre ehedem derbe, herausfordernde Schönheit hatte sich seitdem in übermäßiger Wohlbeleibtheit verloren. Sie wohnte im Erdgeschoß eines gelb angestrichenen halbverfallenen Hauses, das durch Eisenträger gestützt wurde. Dem Verstorbenen war es gelungen, sich alle seine Konkurrenten vom Halse zu schaffen und seinen Handel zu monopolisieren. Trotz gewisser kleiner Bildungsmängel war seine Erbin imstande, das Geschäft geschickt fortzuführen. Sie war tüchtig hinter ihren Warenbeständen her und ließ nichts verderben. Bücher führte sie nicht; sie konnte weder lesen noch schreiben und beantwortete Briefe mit Faustschlägen, weil sie in ihnen eine Beleidigung sah. Im übrigen war sie eine gutmütige Frau. Sie wußte sich durch ihre Männlichkeit sogar die Achtung der Fuhrleute zu verschaffen, die ihr die Waren brachten und mit denen sie etwaige Zwistigkeiten zuletzt immer durch eine Flasche Landwein wieder gutmachte. Mit ihren Lieferanten geriet sie nie in Streit; sie zahlte stets bar und besuchte sie im Sommer.
    Birotteau traf die robuste Handelsfrau mitten unter Säcken voller Haselnüsse, Kastanien und welscher Nüsse.
    »Guten Tag, liebe Frau!« warf Birotteau leicht hin.
    »Liebe! Na, mein Junge, haben wir denn mal angenehme Beziehungen zueinander gehabt? Oder haben wir etwa miteinander Schweine gehütet?«
    »Ich bin Parfümhändler und Stadtverordneter von Paris! Als obrigkeitliche Persönlichkeit sowie als künftiger Kunde von Ihnen kann ich wohl verlangen, daß Sie in einem andern Tone mit mir reden!«
    »Ich tu, was mir beliebt. Was gehen mich die Stadtverordneten an ? Ich bediene meine Kunden gut und spreche mit ihnen nach meiner Manier. Wem das nicht paßt, der kann sich ja anderswo das Fell über die Ohren ziehen lassen!«
    Da sieht man wieder mal die Wirkung des Monopols! sagte Birotteau vor sich hin.
    »Popole! I du meine Güte! Das ist ja mein Pate! Hat er etwa wieder mal dumme Streiche gemacht und kommen Sie gar seinetwegen, mein ehrwürdiger Herr Stadtverordneter?« Ihre Stimme wurde merklich sanfter.
    »Nein, ich habe bereits die Ehre gehabt, Ihnen zu sagen, daß ich als Käufer zu Ihnen komme!«
    »Ja so! Na, wie heißt du denn aber, mein Junge? Ich habe dich noch nie gesehen!«
    »In dieser Tonart verkauft Ihr wohl Eure Nüsse billiger? Ist mir auch recht!« meinte Birotteau belustigt und nannte seinen Namen und sein Geschäft.
    »Seht mal an, Sie sind also der berühmte Birotteau, der die schöne Frau hat? Wieviel wollen Sie denn von meinen piekfeinen Nüssen, Verehrtester?«
    »Sechstausend Pfund.«
    »So viel sind gerade da!« flötete die Händlerin. »Mein lieber Herr, parfümieren Sie die jungen verliebten Mädels nur immer feste ein! Meinen Segen sollen Sie haben! Sechstausend Pfund! Das laß ich mir gefallen! Sie sind ein Prachtkunde und Ihr Name soll im Herzen der Frau, die ich am liebsten in der Welt habe, immerdar bewahrt werden!«
    »Was für eine Frau meinen Sie denn?«
    »Na so was! Ihre liebe Frau Madou natürlich!«
    »Was kosten die Nüsse?«
    »Weil Sie's sind, pro hundert Pfund fünfundzwanzig Francs, wenn Sie den ganzen Bestand nehmen.«
    »Fünfundzwanzig Francs, das macht fünfzehnhundert Francs! Ich brauche jährlich etwa

Weitere Kostenlose Bücher