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Cäsar Birotteau (German Edition)

Cäsar Birotteau (German Edition)

Titel: Cäsar Birotteau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Gelehrte. »Freilich, Chemiker und Parfümeurs reichen sich die Hände!«
    »Oh, zwischen Ihrem Genie und meiner Einfalt liegen Abgründe. Ich verdanke Ihnen das, was Sie mein Glück nennen, und werde das weder in dieser noch in jener Welt je vergessen!«
    »Na, in jener da drüben sollen wir doch alle gleich sein, die Könige wie die Schuhflicker!«
    »Das heißt: Die Könige und die Schuhflicker, die sich auf Erden eines frommen Lebenswandels befleißigt haben!« fügte Birotteau hinzu.
    »Ihr Sohn ?« fragte Vauquelin mit einem Blick auf den kleinen Popinot, der ganz verdutzt darüber war, daß er im Arbeitszimmer eines Gelehrten, wo er Ungeheuerlichkeiten, Riesenmaschinen, metallene Schwungräder und belebte Substanzen vermutet hatte, so gar nichts Außergewöhnliches vorfand.
    »Nein! Es ist ein junger Mann, der mir nahesteht und der Sie um eine Ihrer Gelehrsamkeit gleichkommende Güte bitten will. Nach einem Zeitraum von sechzehn Jahren komme ich zum zweitenmal, um mir einen Rat zu holen in einer wichtigen Angelegenheit...«
    »So! Um was handelt sich's denn?«
    »Ich weiß, daß Sie sich mit Untersuchungen des Menschenhaares beschäftigen. Sie denken an Ihren Ruhm, ich an mein Geschäft!«
    »Also eine Haaruntersuchung wollen Sie von mir?«
    Er nahm ein Heft zur Hand.
    »Ich werde in der Akademie der Wissenschaften demnächst eine Vorlesung über den Gegenstand halten. Das Haar besteht aus einer reichlichen Quantität Mucus, aus wenig weißen und viel schwarzgrünen öligen Bestandteilen, aus Eisen, aus einigen Atomen Manganoxyd, aus Kalkphosphat, ganz wenig Kalkkarbonat, Kiesel und viel Schwefel. Je nach den Prozentsätzen der einzelnen Bestandteile entsteht eine verschiedene Färbung des Haares. Rote Haare haben zum Beispiel viel mehr schwarzgrünes Öl als die andern ...«
    Cäsar und Anselm rissen die Augen sperrangelweit auf.
    »Neunerlei Bestandteile!« rief Birotteau. »Wie? Im Haare finden sich Metalle und Öle! Wahrhaftig, nur Sie, ein Mann, den ich verehre, darf mir so was sagen, ohne daß ich daran zweifle! Es ist erstaunlich! Der liebe Gott ist ein großer Meister, Herr Professor!«
    »Das Haar wächst aus einem drüsenartigen Organ hervor, aus einer Art Tasche, die an beiden Enden offensteht; das eine Ende hängt mit Nerven und Gefäßen zusammen, aus dem andern geht das Haar hervor. Nach der Meinung einiger meiner Kollegen, namentlich nach Blainville, ist das Haar eine aus dieser Tasche oder Gruft herausgetriebene tote Absonderung einer breiigen Substanz ...«
    »Das ist gerade so, als wenn man sagte, es gäbe geronnenen Schweiß!« rief Popinot, dem der Parfümeur daraufhin einen leisen Fußtritt verabreichte.
    Vauquelin lächelte über Popinots Vergleich.
    »Ein begabter junger Mann, nicht wahr?« sagte Cäsar mit einem zärtlichen Blick auf Popinot. »Aber verehrter Herr Professor, wenn die Haare tot geboren werden, dann kann doch kein Mittel sie lebendig machen. Es ist also nichts mit unserer Sache! Der Prospekt müßte lügen! Sie wissen nicht, wie komisch das Publikum ist! Man kann ihm doch nicht sagen, daß ...«
    »Daß es Exkremente auf dem Kopfe hat!« ergänzte Popinot, der Vauquelin noch einmal zum Lächeln bringen wollte.
    »Leichen!« versetzte der Chemiker, auf den Scherz eingehend.
    »Und die Nüsse, die ich gekauft habe!« rief Birotteau, den der Verlust schmerzte. »Aber warum verkauft man denn Mittel, die ...«
    »Beruhigen Sie sich! Ich sehe, daß es sich hier um irgendein Rezept handelt, um das Ausfallen oder Weißwerden der Haare zu verhindern. Hören Sie, zu welcher Ansicht meine Arbeiten geführt haben!«
    Popinot spitzte die Ohren wie ein Männchen machender Hase.
    »Die tote oder lebende Haarsubstanz verliert meiner Meinung nach ihre Farbe durch das Aufhören oder die Unterbrechung der Absonderung von Farbstoff in der Kopfhaut. Das würde auch erklären, warum in kalten Ländern der Pelz der Tiere im Winter bleicht. Offenbar hängt diese Veränderung des Haares mit dem Klima zusammen ...«
    »Merk dir das, Anselm! Merk dir das!« rief Cäsar.
    »... mit der abwechselnden Kälte und Wärme oder mit innern Erscheinungen, die dieselbe Wirkung ausüben. Das Innere geht die Ärzte an; für das Äußere schaffen Sie geeignete Mittel.«
    »Sie machen mir wieder Hoffnung! Ich habe nämlich die Absicht, Nußöl als Haarpflegemittel zu verkaufen; denn, sehen Sie, die Alten ölten das Haar tüchtig und die Alten sind eben die Alten! Ich bin da Boileaus Meinung. Warum salbten die

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