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Cäsar Birotteau (German Edition)

Cäsar Birotteau (German Edition)

Titel: Cäsar Birotteau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Tag für Tag ohne Beschwerde diese Treppen erklomm. Als Cäsar oben anlangte, klopfte die Wirtschafterin gerade Alltagsrock und Hose des alten Herrn am Kleiderriegel vor der Tür aus. Währenddem saß Pillerault in philosophischer Würde drinnen im grauen Schlafrock am Kamin und frühstückte, wobei er im »Constitutionnel« las.
    »Lieber Onkel«, begrüßte ihn Cäsar, »der Handel ist perfekt! Der Vertrag wird ausgefertigt! Wenn du aber Bedenken hast, so wäre es für dich noch Zeit, zurückzutreten ...«
    »Zurückzutreten?« wiederholte Pillerault. »Nein! Das Geschäft ist gut. Es wird nur lange dauern, bis es was abwirft. Aber das ist bei allen sichern Geschäften so. Meine fünfzigtausend Francs liegen auf der Bank bereit. Gestern sind die letzten fünftausend für mein ehemaliges Geschäft eingegangen. Ragons setzen ihr ganzes Vermögen ein?«
    »Ja! Von was wollen sie nun eigentlich leben?«
    »Mach dir keine Sorgen! Sie leben.«
    »Danke, ich verstehe!« Er drückte Pillerault gerührt die Hand.
    »Erzähle mir mal ein paar Einzelheiten von unserer Sache!« bat Pillerault.
    »Ich bin mit drei Achteln dabei beteiligt, du und Ragons mit einem Achtel...«
    »Du mußt doch recht reich sein, mein Junge«, unterbrach ihn Pillerault, »daß du gleich dreihunderttausend Francs zur Verfügung hast! Riskierst du da wirklich nicht zu viel? Kannst du die Summe gänzlich aus deinem Geschäft ziehen? Wird das auch nicht darunter leiden? Na, das ist schließlich deine Sache. Solltest du mal in der Klemme stecken: die Staatsrenten stehen auf achtzig! Ich könnte im Notfalle welche davon verkaufen. Bedenke nur das eine, wenn du mich mal um Hilfe angehen solltest: du greifst dann das Vermögen deiner Tochter an!«
    »Das sagst du alles so, als sei es selbstverständlich! Ich bin ganz gerührt.«
    »Das war ich eben auch, als ich vom General Foy las ... Na, geh nun und schließ die Sache ab! Die Baustellen kriegen keine Beine. Sie gehören uns dreien vorläufig zur Hälfte. Wenn wir sie auch sechs Jahre behalten müssen. Einen gewissen Ertrag geben sie doch. Holzhöfe zahlen auch Pacht. Nur eine Gefahr könnte uns drohen: wenn uns Roguin, statt mit unsern vierhunderttausend Francs die jetzigen Besitzer zu bezahlen, durchginge ...«
    »Dasselbe hat Konstanze geunkt!«
    »Natürlich ist das Unsinn! Roguin und durchbrennen? Warum?« lachte Pillerault. Er nahm einen Scheck aus seiner Brieftasche und füllte ihn aus.
    »Hier hast du eine Anweisung auf hunderttausend Francs auf die Bank von Frankreich! Meinen und Ragons Anteil! Weißt du übrigens, daß Ragons dem Gauner, dem du Tillet, ihre fünfzehn russischen Minenaktien verkauft haben, um ihre Summe zu erfüllen? Brave Leute in Not, die tun mir immer leid! Es sind wirklich biedere und anständige Menschen. Echte Bürger aus der guten alten Zeit! Sie haben – wie ich – ein Menschenalter hindurch tüchtig gearbeitet... Nebenbei bemerkt, der Richter Popinot, der Bruder von Frau Ragon, weiß nichts von ihrer Beteiligung. Sie wollen es vor ihm geheimhalten. Sonst könnten sie sich seiner Unterstützung nicht erwehren.«
    »Hoffentlich habe ich mit meinem Comagen-Öl Glück!« sagte Birotteau beim Gehen; »das sollte mich aber freuen! Na adieu, lieber Onkel! Kommst du nächsten Sonntag mit Ragons, Roguin und Claparon mit zu mir zu Tisch? Wir unterzeichnen da den Vertrag, denn morgen ist Freitag, da mache ich nicht gern Geschäfte.«
    »Du bist doch nicht etwa abergläubisch?«
    »Ach nein, Onkel, aber der Freitag, das ist nun einmal so ein Tag ...«
    »Also am Sonntag auf Wiedersehen!« unterbrach ihn Pillerault rasch.
    Als Birotteau wieder hinabstieg, sagte er zu sich:
    Abgesehen von seinen politischen Ansichten ist Onkel Pillerault ein Idealmensch! Er sollte sich gar nicht um politische Dinge kümmern. Das wäre das beste. Aber gerade seine politische Verblendung liefert den Beweis, daß es hienieden keinen vollkommenen Menschen gibt...
    Um drei Uhr kam er nach Hause.
    Cölestin fragte: »Diese Wechsel sollen diskontiert werden?« Er hatte die sechzehn Wechsel des Schirrnhändlers in der Hand.
    »Freilich! Sechs Prozent Zinsen abrechnen, keine Provision!« Konstanze bekam den Auftrag: »Leg mir meinen guten Anzug zurecht! Ich will zum Professor Vauquelin. Du weißt warum. Vor allem eine weiße Krawatte!«
    Er erteilte den Kommis noch etliche Befehle. Anselm sah er nicht. Mein künftiger Herr Kompagnon wirft sich in Gala! sagte er sich. Als er in sein Zimmer kam, stand die

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