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Cäsar Birotteau (German Edition)

Cäsar Birotteau (German Edition)

Titel: Cäsar Birotteau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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sprechen!« rief sie ihrem Vater zu.
    »Herr Lebas!« wiederholte Cäsar erschrocken, als ob er sich eines Verbrechens zu zeihen hätte; »ein Richter!«
    »Mein lieber Herr Birotteau!« begann der Eintretende. »Ich nehme viel Anteil an Ihnen, wir kennen uns schon so lange, wir waren obendrein zusammen Richter, und so muß ich Ihnen unbedingt mitteilen, daß ein gewisser Gigonnet, ein Wucherer, Wechsel von Ihnen besitzt, die ,ohne Gewährleistung‘ von der Firma Claparon an ihn übergegangen sind. Diese beiden Wörter sind nicht allein eine Beleidigung für Sie: sie sind der Tod Ihres Kredits!«
    Cölestin kam herauf.
    »Herr Claparon wünscht Sie zu sprechen. Soll ich ihn heraufbringen?«
    »Ja!«
    »Da werden wir ja gleich die Ursache dieser Beschimpfung hören!« bemerkte Lebas.
    Birotteau stellte vor:
    »Herr Claparon! – Herr Handelsrichter Lebas, mein Freund ...«
    »Ah, das ist Herr Lebas! Freut mich ganz außerordentlich, Herr Handelsrichter Lebas! Es gibt so viele Lebas!« unterbrach ihn Claparon geschwätzig.
    Birotteau fuhr fort:
    »Herr Lebas hat die Wechsel zu Gesicht bekommen, die Sie von mir haben und die, wie Sie mir versprochen haben, nicht in Umlauf kommen sollten. Er hat sie mit dem Vermerk ,ohne Gewährleistung‘ gesehen.«
    »Na ja«, entschuldigte sich Claparon, »sie sind auch nicht im Umlauf! Sie befinden sich in den Händen eines Mannes, mit dem ich viel Geschäfte mache. Es ist der alte Bidault. Deshalb habe ich Sie auch ,ohne Gewährleistung‘ weitergegeben. Hätten die Wechsel in den Verkehr kommen sollen, dann hätten Sie sie direkt auf seine Order ausstellen müssen. Der Herr Richter wird mich verstehen! Was repräsentieren diese Akzepte? Den Preis von Immobilien. Von wem zu bezahlen? Von Herrn Birotteau. Wie komme ich dazu, ihm durch meine Unterschrift zu bürgen? Jeder von uns trägt seinen Teil zu dem Gesamtankaufspreis dazu bei. Mehr tue ich nicht. Ich übernehme prinzipiell ebensowenig eine Bürgschaft wie ich Quittungen über Gelder aus der Hand gebe, ehe ich das Geld habe. Man muß heutzutage mit allem rechnen. Wer Wechsel unterschreibt, muß zahlen! Mir fällt es nicht ein, dreimal zu blechen!«
    »Wieso dreimal ?« fragte Birotteau.
    »Jawohl, Herr Birotteau«, erwiderte Claparon. »Ich bürge für Birotteau einmal bereits unsern Verkäufern gegenüber. Warum soll ich das nun auch noch dem Bankier gegenüber tun? Wir befinden uns in den schwierigsten Umständen. Roguin ist mir mit hunderttausend Francs durchgebrannt. Meine Hälfte an den Baustellen kostet mich damit fünfhunderttausend statt ehedem vierhunderttausend Francs! Roguin hat Herrn Birotteau um bare zweihundertsechzigtausend Francs erleichtert. Sagen Sie, Herr Richter, was täten Sie an meiner Stelle! Denken Sie sich mal in meine Haut hinein! Ich bin mit Herrn Birotteau nicht intimer bekannt, als ich die Ehre habe, mit Ihnen bekannt zu sein! Nehmen Sie mal an: wir machen zusammen ein Geschäft auf Halbpart. Sie bringen bares Geld, ich zahle mit Wechseln. Sie diskontieren sie mir aus reiner Gefälligkeit. Nun erfahren Sie, daß ich vor dem Konkurs mit einer halben Million Passiva stehe... Ich frage Sie: Würden Sie von dem Moment ab in noch größerem Umfange mit Ihrer Unterschrift für mich bürgen? Dann wären Sie verrückt! Sehen Sie, Herr Lebas: Herr Birotteau befindet sich in der Lage, die ich mir eben angedichtet habe. Wenn ich für Herrn Birotteau noch mehr bürgte, müßte ich schließlich auch noch seinen Anteil zahlen...«
    »An wen ?« unterbrach ihn Cäsar.
    Claparon fuhr fort, ohne auf die Zwischenfrage zu achten.
    »... und zwar ohne damit seine Hälfte an den Baustellen zu erwerben. Die müßte ich erst aus der Konkursmasse erstehen. Somit zahlte ich am Ende zum drittenmal!«
    »An wen müßten Sie zahlen?«
    »Na, an den dritten Inhaber der Wechsel, wenn ich seinen Namen drauf setzte und Sie gingen pleite!«
    »Ich gehe nicht pleite, Herr Claparon!« versetzte Cäsar.
    »Desto besser!« war Claparons Antwort. »Sie sind Handelsrichter gewesen und haben Erfahrung. Sie wissen also, daß man auf alles gefaßt sein muß. Wundern Sie sich somit nicht, wenn ich auf meine Prinzipien beharre!«
    »Herr Claparon hat recht«, entschied Lebas.
    »Natürlich habe ich recht«, begann Claparon von neuem, »kaufmännisch recht! Unser Geschäft ist ein Terrainhandel. Wir brauchen Geld. Die Verkäufer unserer Grundstücke wollen bezahlt sein. Lassen wir mal die zweihundertsechzigtausend Francs beiseite. Ich bin

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