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Cäsar Birotteau (German Edition)

Cäsar Birotteau (German Edition)

Titel: Cäsar Birotteau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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den Entschluß, unerbittlich zu sein.
    Gegen Ende Dezember hatten sich bei Birotteau für sechzigtausend Francs unbezahlte Rechnungen angesammelt. Mehrere der kleinen Gläubiger, die man nicht warten lassen darf, hatten schon dreimal geschickt. Einem Kaufmann schaden kleine Schulden am meisten. Sie sind die Vorboten des Ruins. Festbegrenzte Verluste tun dem Renommee nichts, aber Paniken wirken ins Grenzenlose.
    Birotteau wurde ängstlich, wie er das in seiner kaufmännischen Vergangenheit noch nie gewesen war. Menschen, die nicht gewohnt sind, mit dem Leben zu kämpfen, sind Schwächlinge. Was den meisten kleinen Geschäftsleuten von Paris etwas Alltägliches ist, nahm ihm die Besinnung, Er gab seinem ersten Kommis Crevel den Befehl, Rechnungen an die Kunden zu schicken. Bevor er jedoch den unerhörten Befehl ausführte, ließ er sich ihn erst nochmals wiederholen. Diese Kunden waren reiche Leute, bei denen kein Verlust zu befürchten war; mitunter betrugen Birotteaus Außenstände bis zu sechzigtausend Francs. Der Kommis nahm das Fakturenbuch und begann, die höchsten Rechnungen auszuziehen.
    Da Cäsar Angst vor seiner Frau hatte und ihr seine Niedergeschlagenheit angesichts des drohenden Unglücks nicht merken lassen wollte, schickte er sich an, auszugehen. Da erschien Grindot von neuem.
    »Guten Tag, Herr Birotteau!« sagte er leichthin, wie das Künstler machen, wenn sie von Dingen reden, von denen sie so tun, als ob sie nichts davon verständen. »Ich kann mit Ihrem Papier nichts anfangen. Kein Mensch will es mir abnehmen, und so bin ich gezwungen, Sie zu bitten, es mir gegen klingende Münze umzutauschen. Es tut mir im höchsten Grade leid, aber ich kann mich doch nicht mit Wucherern abgeben. Auch wollte ich nicht mit Ihrer Unterschrift von Pontius zu Pilatus laufen. Ich verstehe genug vom Handel, um zu wissen, daß Sie dadurch in Mißkredit kämen. Es ist also in Ihrem Interesse...«
    »Herr Grindot, etwas leiser, wenn ich bitten darf!« bat der verdutzte Parfümhändler. »Das ist mir eine höchst unangenehme Überraschung!«
    Lourdois trat in den Laden.
    »Herr Lourdois«, scherzte Birotteau, »verstehen Sie ...«
    Er hielt inne. Er war im Begriff gewesen, Lourdois zu bitten, dem Baumeister den Wechsel zu diskontieren und sich vorher mit dem Selbstbewußtsein des sichern Kaufmanns über die Geschäftsunkenntnis des Künstlers lustig zu machen. Aber er bemerkte, daß Lourdois ein finsteres Gesicht zog, und so scheute er sich plötzlich vor dieser Unvorsichtigkeit. Ein zahlungsfähiger Kaufmann nimmt seinen Wechsel in solchem Falle zurück und bietet ihn nicht aus. Birotteau schwankte der Boden unter den Füßen. Es wirbelte ihm im Kopfe.
    »Mein lieber Herr Birotteau«, tuschelte ihm Lourdois zu, indem er ihn in den Hintergrund des Ladens zog, »meine Rechnung ist nachgeprüft. Ich bitte Sie, morgen das Geld dafür bereitzuhalten. Ich verheirate meine Tochter mit dem jungen Crottat. Notare sind keine Kaufleute. Und übrigens habe ich meine Unterschrift noch nie in den Verkehr kommen lassen.«
    »Schicken Sie übermorgen! Und auch Sie, Herr Grindot!« sagte Birotteau stolz. Er hoffte auf die Bezahlung der ausgeschickten Rechnungen.
    »Warum nicht gleich?« fragte der Baumeister.
    »Ich muß den Arbeitern in meiner Fabrik Lohn zahlen«, erklärte Birotteau. Er log nie. Dann nahm er seinen Hut, um mit den beiden fortzugehen. In dem Augenblick hielten ihn der Maurermeister Thorein und noch ein anderer Handwerker namens Chaffaroux auf.
    »Herr Birotteau«, sagte der letztere, »wir brauchen dringend Geld!«
    »Ich schüttle kein Geld von den Bäumen!« brummte Birotteau und machte sich rasch aus dem Staube.
    Da steckt was dahinter, sagte er zu sich selber; dieser verfluchte Ball! Der Lourdois sah mir verdächtig aus. Da steckt was dahinter! Ziellos lief er die Rue Saint-Honoré entlang. Er sah und hörte nichts.
    An einer Straßenecke stießen Birotteau und Alexander Crottat wie zwei Böcke aufeinander.
    »Ah, Herr Birotteau, eine Frage!« sagte der angehende Notar. »Hat Roguin Herrn Claparon die vierhunderttausend Francs Ihres Anteils überwiesen?«
    »Das Geschäft ist doch in Ihrer Gegenwart abgeschlossen worden. Claparon hat mir allerdings noch keine Quittung über den Empfang von unsern zweihundertzwanzigtausend Francs in bar ausgestellt... Die hundertvierzigtausend Francs in Wechseln wollte er diskontieren lassen ... Und die Hypothek ... Was ich sagen wollte: die Kaufverträge müssen, wie ich mich

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