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Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang (German Edition)

Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang (German Edition)

Titel: Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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philosophierte er weiter ins Blaue hinein. Nur ein Gedanke trübte seine Freude. Er hatte wohl einige Tage verhindern können, daß seine Frau die Nase in die Bücher steckte, er hatte die Kasse Cölestin aufgeladen und ihm dabei geholfen, er hatte es durchsetzen können, daß seine Frau und seine Tochter sich des Genusses der schönen Wohnung, die er ihnen eingerichtet und ausgestattet hatte, in Ruhe erfreuten; aber nachdem diese erste kleine Freude erschöpft war, wäre Frau Birotteau eher gestorben, als daß sie darauf verzichtet hätte, sich persönlich um die Einzelheiten ihres Geschäfts zu kümmern und, wie sie sich ausdrückte, das Heft in der Hand zu behalten. Birotteau war mit seinem Latein zu Ende; er hatte alle Kunstgriffe aufgebraucht, mit denen er seiner Frau den Einblick in die Symptome seiner Bedrängnis vorenthalten hatte. Konstanze hatte über das Ausschicken der Rechnungen sehr geschimpft, sie hatte mit dem Kommis gescholten und Cölestin vorgeworfen, er wolle die Firma ruinieren, da sie annahm, das sei allein seine Idee gewesen. Auf Birotteaus Verlangen hatte sich Cölestin ausschelten lassen. In seinen Augen kommandierte Konstanze den Parfümhändler; denn man kann wohl das Publikum, aber nicht die Hausgenossen darüber täuschen, wer in Wirklichkeit in einer Ehe den Ton angibt. Birotteau mußte jetzt seiner Frau seine Lage bekennen, denn er mußte seine Anleihe bei du Tillet rechtfertigen. Als er nach Hause kam, sah er nicht ohne zu zittern Konstanze im Kontor sitzen, die Fälligkeitstermine nachsehen und die Kasse abrechnen.
    »Womit willst du denn morgen zahlen?« sagte sie leise zu ihm, nachdem er sich neben sie gesetzt hatte. »Mit dem Gelde hier,« antwortete er, zog die Kassenscheine aus der Tasche und winkte Cölestin, daß er sie an sich nehmen solle.
    »Aber wo hast du es denn her?«
    »Ich werde dir das heute abend erzählen. Cölestin, notieren Sie für Ende März einen Wechsel über zehntausend Franken an die Order von du Tillet.« »Du Tillet?« wiederholte Konstanze tief erschrocken.
    »Ich muß Popinot aufsuchen«, sagte Cäsar. »Es ist schlecht von mir, daß ich immer noch nicht bei ihm gewesen bin. Verkauft sich sein Öl?«
    »Von den dreihundert Flaschen, die er uns geliefert hat, ist keine mehr übrig.«
    »Birotteau, geh nicht fort, ich habe mit dir zu reden«, sagte Konstanze und zog ihn beim Arme mit einer Hast, die unter andern Umständen komisch gewesen wäre, in sein Zimmer. »Du Tillet,« sagte sie, als sie mit ihm allein war und sich überzeugt hatte, daß nur noch Cäsarine zugegen war, »du Tillet, der uns tausend Taler gestohlen hat! Du machst Geschäfte mit du Tillet, diesem Scheusal ... der mich hat verführen wollen«, fügte sie leise hinzu.
    »Jugendtorheiten«, sagte Birotteau, der plötzlich ein Freigeist geworden war.
    »Höre, Birotteau, du bist ganz verändert, du gehst nicht mehr in die Fabrik. Dahinter steckt etwas, das merke ich! Und du wirst mir sagen, was; ich will alles wissen.«
    »Also höre: wir waren beinahe ruiniert, wir waren es sogar noch heute früh, aber jetzt ist alles wieder in Ordnung.«
    Und er erzählte ihr die furchtbare Geschichte seiner letzten vierzehn Tage.
    »Daher deine Krankheit«, rief Konstanze aus.
    »Ja, Mama«, sagte Cäsarine. »Ach, was für einen Mut hat der Papa entwickelt! Alles, was ich mir wünsche, ist, daß ich einmal so geliebt werde, wie er dich liebt. Er hat nur an deinen Kummer gedacht.«
    »So ist mein Traum doch in Erfüllung gegangen,« sagte die arme Frau und ließ sich auf ihren Sessel am Kamin fallen, bleich vor Schrecken. »Ich habe das alles kommen sehen. Ich habe es dir vorhergesagt in jener verhängnisvollen Nacht, in unserm alten Zimmer, das du hast abreißen lassen; ich habe dir gesagt, daß uns nichts mehr bleiben wird als unsre Augen zum Weinen. Meine arme Cäsarine! Ich ...«
    »Ja, so bist du nun!« rief Birotteau aus. »Du nimmst mir auch noch den Mut, den ich so nötig brauche.«
    »Verzeih mir, Lieber,« sagte Konstanze und drückte Cäsar die Hand so zärtlich, daß es dem armen Mann zu Herzen ging. »Ich habe unrecht, das Unglück ist da, ich werde stumm sein und ergeben und werde alle Kräfte aufbieten. Nein, du sollst keine Klage mehr von mir hören.« Weinend warf sie sich Cäsar an die Brust und sagte: »Mut, Liebster, Mut. Wenn es nötig ist, werde ich Mut für zweie haben.«

»Mein Öl, liebes Kind, mein Öl wird uns retten.« »Möge uns Gott beschützen«, sagte Konstanze.
    »Und

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