Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang (German Edition)
Einzelheiten seiner Haltung einstudiert und seine Rede vorbereitet.
»Was für Aufklärungen verlangen Sie?« sagte Pillerault. »Keine der Forderungen wird angefochten.«
»Oh,« sagte der kleine Molineux, »die Forderungen sind in Ordnung, alles ist geprüft. Die Gläubiger sind alle ernsthafte und legitime! Aber das Gesetz, Herr Pillerault, das Gesetz! Die Ausgaben des Kridars stehen in keinem Verhältnis zu seinem Vermögen ... s steht fest, daß der Ball ...«
»Dem Sie beigewohnt haben«, unterbrach ihn Pillerault.
»Sechzigtausend Franken gekostet hat, oder daß diese Summe jedenfalls bei dieser Gelegenheit ausgegeben worden ist, obwohl die Aktiva des Kridars damals nicht mehr als hundert und einige Tausend Franken betrugen ... Der Kridar müßte vor dem Sondergericht erscheinen unter der Beschuldigung des Bankrotts.«
»Ist dies Ihre Meinung?« sagte Pillerault, als er sah, wie dieses Wort Birotteau niederschlug.
»Ich unterscheide, Herr Pillerault; der Herr Birotteau war städtischer Beamter ...«
»Sie haben uns doch wohl nicht hierher kommen lassen, um uns zu erklären, daß wir vor das Zuchtpolizeigericht gebracht werden sollen?« sagte Pillerault. »Das ganze Café David würde heute abend über Ihr Verhalten lachen.«
Die Meinung des Cafés David schien den kleinen Alten sehr zu beunruhigen, der Pillerault erschreckt ansah. Der Syndicus hatte damit gerechnet, Birotteau allein vor sich zu haben, und hatte sich vorgenommen, als souveräner Richter, als ein Jupiter aufzutreten. Er hatte gehofft, Birotteau in Schrecken zu setzen, indem er ihn mit seiner vorbereiteten Anklagerede zu Boden schlug, sich an seiner Aufregung und seinem Schrecken zu ergötzen, um sich dann rühren und besänftigen zu lassen und sein Opfer zu einer ihm für ewig dankbaren Seele zu machen.
»Herr Pillerault,« sagte er, »hierbei ist nichts zu lachen.«
»Verzeihung«, erwiderte Pillerault. »Sie verhandeln ziemlich eingehend mit Herrn Claparon; Sie schädigen die Interessen der Konkursmasse, um mit Ihren Forderungen bevorzugt zu werden. Ich habe daher als Gläubiger das Recht, Einspruch zu erheben. Der Konkursverwalter ist auch noch da.«
»Ich bin unbestechlich«, sagte Molineux.
»Das weiß ich,« sagte Pillerault, »Sie haben nur, wie man zu sagen pflegt, Ihre Hand aus der Schlinge gezogen. Sie sind ein schlauer Mann, Sie sind hier ebenso vorgegangen wie bei der Sache mit Ihrem Mieter ...«
»Oh, Herr Pillerault,« sagte der Syndicus, der plötzlich wieder zum Hausbesitzer geworden war, wie die in eine Frau verwandelte Katze hinter einer Maus herjagte, »in meiner Angelegenheit in der Rue Montorgueil ist das Urteil noch nicht gefällt. Es ist da, wie man sagt, ein Zwischenfall eingetreten. Der Mieter ist ein Hauptmieter. Dieser Intrigant behauptet jetzt, er habe auf ein Jahr vorausbezahlt, und da er nicht mehr als ein Jahr zu ...« – hier winkte Pillerault Cäsar mit den Augen, daß er recht scharf aufpassen solle – »Und da das Jahr bezahlt sei, könne er seine Möbel fortnehmen. Also ein neuer Prozeß. Tatsächlich habe ich das Pfandrecht bis zur völligen Bezahlung, er kann mir doch auch noch Reparaturen zu ersetzen haben.«
»Aber das Gesetz«, sagte Pillerault, »gewährt Ihnen doch nur ein Pfandrecht an den Möbeln für den Mietzins.«
»Und was damit zusammenhängt!« sagte Molineux, der an seiner empfindlichsten Stelle berührt war. »Der betreffende Artikel des Gesetzbuches ist durch Urteile über diese Materie verschieden interpretiert worden; aber es müßte eine gesetzliche Richtigstellung erfolgen. Ich arbeite gerade an einer Eingabe an seine Exzellenz den Herrn Großsiegelbewahrer über diese Gesetzeslücke. Die Regierung sollte sich mit den Interessen der Hausbesitzer befassen. Das ist für den Etat die Hauptsache, wir sind die Grundpfeiler des Steuerwesens.«
»Sie sind gewiß imstande, der Regierung Aufklärungen zu geben,« sagte Pillerault; »aber worin können wir Ihnen in bezug auf unsere Angelegenheit Aufklärungen geben?«
»Ich wünsche zu wissen,« sagte Molineux mit emphatischer Wichtigkeit, »ob Herr Birotteau eine Summe von Herrn Popinot erhalten hat.«
»Nein, Herr Molineux«, sagte Birotteau.
Es folgte nun eine Auseinandersetzung über die Beteiligung Birotteaus bei der Firma Popinot, aus der sich ergab, daß Popinot das Recht auf volle Rückzahlung seiner Vorschüsse hatte, ohne für die halben Kosten der Etablierung, die Birotteau ihm schuldete, als Konkursgläubiger
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