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Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang (German Edition)

Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang (German Edition)

Titel: Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Sie auf beliebige Daten ausstellen können. In Geschäften bin ich kurz und bündig. Wir wollen noch festlegen, daß die Tür nach meiner Treppe geschlossen wird, die Sie zu benutzen keinerlei Recht haben ... und zwar auf Ihre Kosten ... und zugemauert wird. Aber seien Sie unbesorgt, für die Wiederherstellung nach Ablauf des Mietvertrages beanspruche ich keine Entschädigung; sie gilt als in den fünfhundert Franken mit einbegriffen. Sie werden sich überzeugen, daß ich immer gerecht bin.«
    »Wir Kaufleute sind nicht so peinlich,« sagte der Parfümhändler, »bei einer solchen Beobachtung von Formalitäten käme kein Geschäft zustande.«
    »Oh, im Handel ist das etwas ganz anderes, und besonders im Parfümeriehandel, wo alles wie am Schnürchen geht«, sagte der kleine Alte mit saurem Lächeln. »Aber in Mietsachen, Herr Birotteau, ist in Paris nichts unerheblich. Sehen Sie, da hatte ich in der Rue Montorgueil einen Mieter ...«
    »Lieber Herr,« sagte Birotteau, »ich bin untröstlich, daß ich Sie bei Ihrem Frühstück aufhalte: hier ist der Vertrag, ändern Sie ihn, ich bewillige alles, was Sie verlangen; morgen wollen wir ihn unterzeichnen, es genügt, wenn wir uns heute unser Wort geben, denn morgen muß mein Architekt mit der Arbeit beginnen.«
    »Herr Birotteau,« fing Molineux mit einem Blick auf den Schirmhändler wieder an, »der Termin ist verstrichen und Herr Cayron will die Miete nicht bezahlen, wir wollen den Betrag zu seinen Wechseln hinzuschlagen, dann läuft Ihr Vertrag von Januar bis Januar. Das paßt dann besser.«
    »Schön«, sagte Birotteau.
    »Dann wäre noch der Sou pro Franken für den Portier ...«
    »Aber,« sagte Birotteau, »Sie schließen mich ja von der Treppe und dem Entree aus, da wäre es doch unbillig ...«
    »Oh, Sie sind eben Mieter,« sagte kategorisch der kleine Molineux, der sein Steckenpferd ritt, »Sie müssen auch Ihren Anteil an der Tür- und Fenstersteuer und an den Abgaben tragen. Wenn wir über alles dies einig sind, verehrter Herr, dann gibt es kein Bedenken mehr. Sie wollen sich erheblich vergrößern, die Geschäfte gehen wohl gut?« »Jawohl«, sagte Birotteau. »Aber hierfür liegt ein anderer Grund vor. Ich habe einige Freunde eingeladen, einerseits zur Feier der Befreiung des Landes, dann um meine Aufnahme unter die Ritter der Ehrenlegion festlich zu begehen ...«
    »Ah, ah,« sagte Molineux, »eine wohlverdiente Belohnung.«
    »Ja,« sagte Birotteau, »ich habe mich vielleicht dieser Auszeichnung und allerhöchsten Gnade würdig erwiesen, als Mitglied des Handelsgerichts und als Kämpfer für die Sache der Bourbonen auf den Stufen von Saint-Roch am 13. Vendémiaire, wo ich von Napoleon verwundet wurde; diese Ansprüche ...«
    »Gelten ebensoviel wie die unsrer tapfern Soldaten der alten Armee. Das Ordensband ist rot, weil es in das vergossene Blut getaucht ist.«
    Auf diese dem Constitutionnel entnommenen Worte konnte Birotteau nicht umhin, den kleinen Molineux einzuladen, der sich in Dankesbezeugungen ergoß und sich bereit fühlte, ihm seine Geringschätzung zu vergeben. Er begleitete seinen neuen Mieter bis zur Treppe und überhäufte ihn mit höflichen Redensarten. Als sich Birotteau mit Cayron in der Mitte des Holländischen Hofes befand, warf er seinem Nachbarn einen spöttischen Blick zu.
    »Ich habe nicht gedacht, daß es so beschränkte Menschen gibt!« sagte er, indem er die Bezeichnung »dumme« unterdrückte.
    »Ach, verehrter Herr,« sagte Cayron, »es können eben nicht alle so begabt sein wie Sie.« – In Gegenwart des Herrn Molineux durfte sich Birotteau für einen überlegenen Menschen halten; die Antwort des Schirmhändlers entlockte ihm ein freudiges Lächeln und er verabschiedete sich von ihm mit einer königlichen Geste.
    »Hier bin ich ja bei den Markthallen,« sagte Birotteau zu sich, »da kann ich gleich das Geschäft mit den Nüssen abmachen.«
    Nachdem er eine Stunde herumgesucht hatte und von den Marktfrauen nach der Rue des Lombards gewiesen war, wo die für Zuckerwerk gebrauchten Nüsse verkauft wurden, erfuhr Birotteau endlich von seinen Freunden, den Matifats, daß die »trockene Frucht« en gros nur bei einer gewissen Frau Angelika Madou in der Rue Perrin-Gasselin vorrätig war, dem einzigen Geschäft, in dem man die echte provenzalische und die echte weiße Alpen-Haselnuß finden konnte.
    Die Rue Perrin-Gasselin ist eine der Gassen in dem Labyrinth, das an den vier Seiten von dem Kai, der Rue Saint-Denis, der Rue de la

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