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Cäsar Cascabel

Cäsar Cascabel

Titel: Cäsar Cascabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Reihe nach die Leistungen seines Rivalen, ließ Messer und Flaschen, Wurfscheiben und Ringe, Kugeln und Stäbchen durcheinander schwirren und das mit einer Eleganz der Haltung und Sicherheit des Griffes, welche derjenigen Jean Cascabels nichts nachgab. Clou, der daran gewöhnt war, nur seinen Gönner und dessen Familie zu bewundern, war ganz verdutzt und »sperrte Mund und Augen auf.«
    Herr Cascabel applaudierte nur mehr aus Höflichkeit, mit den Fingerspitzen.
    »Potztausend!« murmelte er, »sie sind anstellig, diese Rothäute!… Da sehe man!… Leute ohne Bildung! Nun wir werden ihnen etwas zeigen!«
    Im Grunde brachte es ihn stark aus der Fassung, Konkurrenten zu finden, wo er blos auf Bewunderer gerechnet hatte. Und was für Konkurrenten. Einfache Eingeborene von Alaska, sozusagen Wilde! Sein Künstlerstolz litt seltsam darunter. Was Teufel! man ist Gaukler oder man ist es nicht!
    »Vorwärts Kinder,« rief er mit Donnerstimme, »die lebendige Pyramide!«
    Und alle stürzten wie zu einem Angriffe auf ihn zu. Er hatte sich fest aufgepflanzt, mit gespreizten Beinen, eingebogenen Lenden und aufgeworfener Brust. Jean schwang sich leicht auf seine rechte Schulter und reichte dem auf seine linke Schulter springenden Clou die Hand. Xander stellte sich auf den Kopf seines Vaters und über ihm krönte Napoleone den Bau, indem sie zierlich die Arme bog, um der Menge Kußhändchen zuzusenden.
    Die französische Pyramide war kaum vollendet, als sich ihr gegenüber eine zweite, die eingeborene Pyramide erhob. Ohne die Masken abzulegen, türmte der nicht aus fünf, sondern aus sieben Teilen bestehende Bau sich empor und überragte die Familie Cascabel um ein Stockwerk. Pyramide wider Pyramide!
    Und diesmal brachen die Indianer zu Ehren ihrer Stämme in Geschrei und Hurrarufe aus. Das alte Europa war durch das junge Amerika besiegt, und welches Amerika!… Das der Co-Youkons, der Tananas und der Tatancsoks!
    Beschämt und verwirrt zuckte Herr Cascabel unwillkürlich zusammen und hätte beinahe seine ganze Familie zu Boden geworfen.
    »Ah, so geht es einem!« sagte er, als er sich seiner lebenden Bürde entledigt hatte.
    »Beruhigen Sie sich, mein Freund!« meinte Herr Sergius. »Es ist nicht der Mühe wert, sich darüber…«
    »Nicht der Mühe wert!… Man sieht, daß Sie kein Künstler sind, Herr Sergius!«
    Dann wandte er sich zu seiner Frau:
     

    »Vorwärts, Cornelia; den Ringkampf mit flachen Händen!« rief er. »Wir wollen doch sehen, welcher von diesen Wilden es wagt, sich mit der »Siegerin von Chicago« zu messen!«
    Aber Frau Cascabel rührte sich nicht.
    »Nun, Cornelia?…«
    »Nein, Cäsar.«
    »Du willst nicht mit diesen Affen ringen und die Ehre der Familie retten?…«
    »Ich werde sie schon retten,« begnügte Cornelia sich zu erwidern. Laß mich gewähren… Ich habe einen Einfall!«
    Wenn diese erstaunliche Frau einen Einfall hatte, so war es am besten, sie denselben ohne Widerrede ausführen zu lassen. Sie fühlte sich durch den Erfolg der Indianer ebenso tief gedemütigt, wie ihr Mann, und es stand zu vermuten, daß sie ihnen irgend einen Streich nach ihrer Weise spielen werde.
    Cornelia hatte sich in die Belle-Roulotte begeben, während ihr Mann trotz seines Vertrauens zu ihrer Intelligenz und Erfindungsgabe etwas beunruhigt zurückblieb.
    Binnen zwei Minuten erschien Frau Cascabel wieder und stellte sich vor der Gruppe der Indianer auf, die alsbald einen Kreis um sie bildeten.
    Dann wandte sie sich an den obersten Beamten des Forts und bat ihn, den Eingeborenen das, was sie sagen werde, zu verdolmetschen.
    Und nun wurde folgende Rede Wort für Wort in die eigentliche Sprache der alaskischen Provinz übertragen.
    »Indianer und Indianerinnen! Ihr habt bei diesen Kraft-und Geschicklichkeitsproben Talente an den Tag gelegt, welche eine Belohnung verdienen, und diese Belohnung biete ich Euch…«
    Allgemeines Stillschweigen und rege Aufmerksamkeit der Versammlung.
    »Ihr seht meine Hände?« fuhr Cornelia fort. Sie sind mehr als einmal von den erhabensten Persönlichkeiten der alten Welt gedrückt worden! Ihr seht meine Wangen? Sie haben oft die Küsse der mächtigsten Herrscher Europas empfangen! Nun! diese Hände, diese Wangen biete ich Euch dar… Indianer Amerikas, kommt herbei sie zu fassen, sie zu küssen!«
    Und meiner Treu! Die Eingeborenen dachten nicht daran, sich lange bitten zu lassen. Würden sie doch schwerlich wieder Gelegenheit haben, die Hände einer so prächtigen Frau zu

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