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Cäsar Cascabel

Cäsar Cascabel

Titel: Cäsar Cascabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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küssen.
    Einer von ihnen, ein schöner Tanana, trat vor und ergriff Cornelias dargebotene Rechte…
    Aber welch ein Schrei entfuhr ihm infolge einer Erschütterung, die all seine Glieder durchzuckte!
    »Ah, Cornelia!« rief Herr Cascabel. »Cornelia, ich verstehe und ich bewundere dich!«
    Unterdessen vergingen Herr Sergius, Jean, Xander, Napoleone und Clou vor Lachen über den köstlichen Streich, welchen diese außerordentliche Frau den Eingeborenen spielte.
    »Ein anderer,« sagte sie, die Arme noch immer gegen das Publikum ausgestreckt, »ein anderer!«
    Die Indianer zauderten, da sie irgend eine übernatürliche Erscheinung vermuteten.
    Indessen entschloß der Tyhi sich zu dem Wagnis; er ging langsam auf Cornelia zu, blieb zwei Schritte vor ihrer imposanten Erscheinung stehen und betrachtete sie mit einer nichts weniger als behaglichen Miene.
    »Vorwärts, Alter!« rief Herr Cascabel ihm zu. »Vorwärts, Mut gefaßt!… Umarme die Dame!… Es ist nicht sehr schwer, und ist äußerst angenehm!«
    Der Tyhi streckte die Hand aus und begnügte sich damit den Finger der schönen Europäerin zu berühren.
    Neue Erschütterung, Geheul des Tyhi, der beinahe auf den Rücken gefallen wäre, und starres Staunen des ganzen Publikums. Wenn es einem bei der bloßen Berührung ihrer Hand so schlimm erging, was würde erst geschehen, wenn man diese wunderbare Frau, deren Wangen die Küsse der mächtigsten Herrscher Europas empfangen hatten, zu umarmen wagte?
    Und dennoch fand sich ein Tollkühner, der diese Gefahr laufen wollte. Es war der Zauberer Fir-Fu. Er mußte sich doch wohl gegen jeden Zauber gefeit glauben! So trat er denn vor Cornelia hin. Durch die Zurufe der Eingeborenen aufgemuntert, umkreiste er sie, nahm sie dann plötzlich in seine Arme und drückte einen herzhaften Kuß auf ihre Wange.
    Die Folge davon war, daß er sich mehrmals überschlug. Der Gaukler war plötzlich zum Akrobaten geworden. Nach zwei ebenso großen als unabsichtlichen Sprüngen fiel er inmitten seiner bestürzten Genossen zu Boden.
    Und um diese Wirkung auf den Zauberer sowohl, als auf die anderen Eingeborenen hervorzubringen, hatte Cornelia nur auf den Knopf einer kleinen galvanischen Säule zu drücken gebraucht, die sie in ihrer Tasche verborgen hatte. Jawohl! eine kleine, tragbare galvanische Säule, welche ihr dazu diente, die »elektrische Frau« vorzustellen!
    »Ah, Frau!… Frau!…« rief ihr Gatte, indem er sie vor den Augen der staunenden Indianer ungestraft in seine Arme schloß. »Wie schlau sie ist… wie schlau!«
    »Ebenso schlau als elektrisch!« fügte Herr Sergius hinzu.
    In der That, was konnten die Eingeborenen anders denken als daß diese übernatürliche Frau nach Belieben über die Kräfte des Himmels verfüge? Brauchte man doch bloß nach ihrer Hand zu greifen, und man war vom Donner gerührt! Es konnte entschieden keine andere als die Gefährtin des großen Geistes sein, welche huldvoll zur Erde herabgestiegen war, um sich in zweiter Ehe mit Herrn Cascabel zu verbinden!
XIV. Von Fort Youkon nach Port-Clarence.
    Am Abend jener denkwürdigen Vorstellung beschloß man in einem Rate, dem die ganze Familie anwohnte, daß die Abreise am folgenden Tage stattfinden solle.
    Herr Cascabel stellte die weise Betrachtung an, daß er, wenn er seiner Truppe neue Kräfte zuführen gewollt hätte, offenbar nur die Qual der Wahl unter den Eingeborenen von Alaska gehabt haben würde. Wenn seine Eigenliebe auch darunter litt, so mußte er doch gestehen, daß diese Indianer wunderbares Geschick zu akrobatischen Leistungen hätten. Als Gymnastiker, Athleten Clowns, Equilibristen und Gaukler würden sie in jedem beliebigen Lande große Erfolge erzielt haben. Freilich mochte der Fleiß bedeutenden Anteil an ihrer Befähigung haben; aber die Natur hatte doch noch mehr dazu beigetragen, indem sie sie kräftig, geschmeidig und geschickt schuf. Es wäre ungerecht gewesen, zu leugnen, daß sie sich den Cascabels ebenbürtig gezeigt. Zum Glück hatte die Familie, dank der Geistesgegenwart der »Königin unter den elektrischen Frauen«, das letzte Wort behalten!
    Die Beamten des Forts – zumeist sehr unwissende arme Teufel – waren bei den bewußten Vorgängen nicht weniger erstaunt, als die Eingeborenen gewesen. Und so kam man überein, das man ihnen das Geheimnis dieser Naturerscheinung nicht enthüllen werde, um Cornelia ihren vollen Ruhmesglanz zu lassen. Als sie ihr daher am folgenden Morgen wie gewöhnlich ihre Aufwartung machen kamen,

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