Cäsar Cascabel
Sacherteloutain. Kayette riet hier zu einiger Vorsicht im Verkehre mit den Eingeborenen, von wegen ihres starken Hanges zum Stehlen. Da sie etwas dicht an das Gefährt herankamen, wachte man darüber, daß sie nicht etwa ins Innere desselben drängen. Übrigens erzielten hübsche Glaswaren, mit welchen man die Hauptanführer des Stammes freigebig beschenkte, eine heilsame Wirkung, und so zog man sich ohne Unannehmlichkeit aus der Sache.
Weiterhin wurde die Reise längs des schmalen Randes der neu auftauchenden Bergwälle durch mancherlei Schwierigkeiten kompliziert, denen man nicht entgehen konnte, ohne sich in eine noch gebirgigere Gegend zu wagen.
Die Schnelligkeit des Marsches litt darunter, und es war doch ratsam, sich nicht zu lange aufzuhalten. Die Temperatur begann, wenn nicht während des Tages, so doch während der Nacht frischer zu werden – was derzeit normal war, da die Gegend nur wenige Grade vom Polarkreise entfernt lag.
Es gab Gelegenheit, die Arbeit dieser geschickten Tiere zu bewundern. (Seite 139.)
Die Familie Cascabel war an einen Punkt gelangt, wo der Fluß sich jählings nach Norden wendet. Man mußte seinem Laufe bis an die Mündung des Co-Youkon folgen, der ihm seine Wasser in zwei geschlängelten Armen zuführt. Es bedurfte fast eines ganzen Tages, um eine passierbare Furt zu finden, die Kayette infolge des bereits höheren Wasserstandes nicht ohne Mühe erkannte.
Als dieser Nebenfluß überschritten war, schlug die Belle-Roulotte wieder eine südliche Richtung ein und zog durch eine ziemlich unebene Gegend nach dem Fort Noulato.
Dieser Posten, dessen kommerzielle Wichtigkeit eine große ist, gehört der russisch-amerikanischen Gesellschaft. Es ist die nördlichste Faktorei, die in Westamerika errichtet worden, da sie den Beobachtungen Frederic Whimpers gemäß unter 64°42’ nördlicher Breite und 155° 36’ westlicher Länge liegt.
In diesem Teile der alaskischen Provinz fiel es schwer, sich unter einem so hohen Breitegrade zu glauben. Der Boden ist dort unstreitig fruchtbarer als in der Umgebung des Fort Youkon. Überall schön gewachsene Bäume, überall Prairien mit üppigem Grase, gar nicht zu reden von den weiten Ebenen, welche die Kultivierung lohnen würden, da eine dicke Humusschicht den lehmigen Boden bedeckt. Überdies ist die Gegend, dank dem nach Südwesten fließenden Noulato und jenem Netze von Creeks oder Cargouts, das sich gegen Nordosten hinzieht, sehr wasserreich. Aber trotzdem ist die vegetabilische Produktion auf einige Sträucher mit wilden Beeren beschränkt, welche den Launen der Natur anheimgegeben sind.
Das Fort Noulato selber ist folgendermaßen angelegt: die Baulichkeiten umgiebt eine von zwei Türmen geschützte Palissade, welche die Indianer während der Nacht, und selbst am Tage, falls sie in größerer Anzahl erscheinen, nicht passieren dürfen; die Hütten, Schuppen und Warenlager im Innern des Forts sind aus Holz, statt Fensterscheiben dienen Seehundsblasen. Wie man sieht, giebt es kaum etwas Primitiveres, als diese Posten im äußersten Nordamerika.
Herr Cascabel und die Seinen wurden hier sehr herzlich aufgenommen. Ist doch die Ankunft von Gästen in diesen weltverlorenen Winkeln des neuen Festlandes, fern von jedem regelmäßigen Verkehr nicht nur eine Zerstreuung, sondern eine wahre Freude, und sind sie doch mit ihren von so weither gebrachten Neuigkeiten stets willkommen!
Das Fort Noulato war von cirka zwanzig Beamten russischen und amerikanischen Ursprungs bewohnt, welche sich der Familie zur Verfügung stellten, um sie mit allem Notwendigen zu versehen. Durch die Sorgfalt der Gesellschaft regelmäßig verproviantiert, finden diese Beamten während der schönen Jahreszeit noch andere Hilfsquellen, teils in der Jagd auf Renn-und Elentiere, teils im Fischfang in den Wassern des Youkon. Letzterer ist reich an gewissen Fischen, dem »Nalima« insbesondere, der meist nur zur Ernährung der Hunde dient, dessen Leber aber auch von Leuten, die sie öfter essen, geschätzt wird.
Ankunft vor dem Fort Noulato. (Seite 142.)
Selbstverständlich erstaunten die Bewohner von Noulato ein wenig, als sie die Belle-Roulotte ankommen sahen, und noch mehr, als Herr Cascabel sie mit seinem Plane bekannt machte, über Sibirien nach Europa zurückzukehren. Wahrlich, man mußte Franzose sein, um soviel Zuversicht zu hegen! Was den ersten Teil der Reise betraf, der mit Port-Clarence abschließen sollte, so versicherten sie, daß er ohne
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