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Cäsar läßt grüssen

Cäsar läßt grüssen

Titel: Cäsar läßt grüssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fernau
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in einer Zeit, wo man bereit war, einen Diktator zu steinigen. Hier sehen wir einen Mann sozusagen bei Nacht und Nebel, ohne seine weltanschauliche Laterne angezündet zu haben, über ein schwieriges Gebirge klettern. Sie verstehen mich nicht? Dann will ich den gleichen Satz, leicht verändert, wiederholen: Hier sehen Sie einen Maskierten sozusagen bei Nacht und Nebel, ohne seine weltanschauliche Laterne angezündet zu haben, über das schwierige Volksgebirge auf dem einzigen, nicht verfemten Wege klettern.
    Haben Sie es nicht gewußt? Wir werden es bald ganz deutlich sehen.
    In Rom war man in seinen (linken) Kreisen ahnungslos. Auch die Gegenseite fürchtete ihn nur als Aufweicher und Pöbelfreund. Der fähigste Kopf der Konservativen, Cato minor — auch er wehrte sich nur aus diesem Grunde mit Händen und Füßen gegen die Kandidatur des Gaius Julius. Er näherte sich sogar Pompeius als Gentleman mit offenen Worten, um ihn als Kandidaten gegen Gaius Julius zu gewinnen. Aber Pompeius fühlte sich an das Triumvirat gebunden. Außerdem war er noch beleidigt. Und außerdem und schließlich war Gaius Julius sein Schwiegervater, jawohl, Caesar hatte ihm seine geliebte Tochter gegeben. Gerade eben. Kein schlechter Schachzug.
    59 also wurde Gaius Julius Konsul. Die Ausschüttung der Dividende erfolgte auf dem Fuße: Pompeius wurde glänzend rehabilitiert, Kleinasien bekam die pompeische Verfassung zurück und die Veteranen erhielten ihre Versorgung und Belohnung. Crassus wurde zum wohlriechenden Ehrenmann erklärt, durchaus würdig, demnächst wieder einmal Konsul zu werden, wenn er genug stiftete und seine liebgewordenen »Freimessen an zehntausend Tischen« gab. Auch den Tribunen wurde großzügig der Hals gestopft. Dies alles geschah in tumultuarischen Senatssitzungen und unzählige Male »ein wenig außerhalb der Legalität«, wie man in Bonn zu sagen pflegt.
    War es denn nun so schön, Konsul zu sein?
    Nein. Dennoch hätte Gaius Julius für dieses Amt auch einen noch höheren Preis bezahlt. Nicht, weil er Konsul sein wollte — so seltsam das klingt —, sondern weil er Konsul gewesen sein wollte. Genau das war es auch, was Cato minor hatte verhindern wollen. Er fürchtete nicht nur das Konsulat des Juliers, er fürchtete viel mehr das Jahr danach. Er war weitsichtig genug.
    Was steckt dahinter?
    Dahinter steckt der im Gesetz verankerte Brauch, einem abtretenden Konsul eine »Provinz« mit prokonsularischer Gewalt für ein Jahr zuzuweisen. Sulla hatte das italische Kernland zur Verhinderung von Militärputschen »entmilitarisiert«, die Heeresgruppen alle auf die Randprovinzen verteilt und damit dem Zugriff der regierenden Konsuln oder Volkstribunen entzogen, was sehr weise und sauber war; seit Sulla bekam also niemand mehr, der in Rom war, Militär in die Hand (außer Polizei und ein paar Rekruten, versteht sich). Cato minor sah nur zu deutlich, daß alle Vorbereitungen des Juliers darauf abgezielt hatten, nach seinem Konsulat als Prokonsul in irgendeiner Randprovinz die dort stehenden Legionen, fünfzigtausend, hunderttausend Mann oder mehr, in die Hand zu bekommen. Das war es, was ihm den Schweiß schon auf die Stirn trieb, als die Establishmentkollegen immer noch nichts außer ihrem Stuhl und ihrem abendlichen Kassensturz sehen wollten.
    Aber es kam noch dicker, als Cato minor gefürchtet hatte. Die Volksversammlung beschloß ein Extragesetz, wonach Gaius Julius nicht nur eine Provinz, sondern drei erhielt, und auch nicht für ein Jahr, sondern für fünf. Der Senat hatte ihm Illyricum (Dalmatien) zugedacht — wirklich ein Kanten trockenes Brot mit dem Meer zwischen ihm und Rom. Die Volksversammlung, nach langer Bearbeitung durch Pompeius, verlieh ihm Oberitalien (Gallia cisalpina) und Südfrankreich (Gallia Narbonensis) dazu. An diesen Beschlüssen, auch wenn sie zehnmal »Gesetz« genannt wurden, war so gut wie alles verfassungswidrig. Der Senat duckte sich. Nur Cato minor war dem Herzinfarkt nahe, als er »hörte«, daß Gaius Julius sich auch noch seine Offiziere selbst aussuchen und ernennen konnte.
    Er hatte richtig gehört. Fast könnte man sagen: Es stimmte, was der Senat am nächsten Morgen in der Zeitung 5 las. Derartig hatte man seit Marius und Cinna die Regierung nicht mehr überfahren.
    War es wenigstens ein Trost, daß Gaius Julius nach einem Jahr nicht schon wieder in Rom auftauchen konnte? Prokonsuln und ihre Truppen durften laut Verfassung die Grenzen ihrer Provinz auch nicht mit einem Fuß

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