Cäsar läßt grüssen
von den Patriziern, denen er die Sullanische Ordnung zerrissen vor die Füße geworfen hatte? Wirklich seltsam. Die Senatoren belehrten ihn, indem sie alle Anordnungen im Orient sofort annullierten. An ein neues Konsulat war offensichtlich nicht zu denken. Auf die Bewilligung seines Triumphzuges ließen sie ihn ein geschlagenes Jahr warten!
Das Heer entlassen! Gaius Julius schüttelte zuerst den Kopf und anschließend dem Pompeius die Hand. Es war ein ehrlicher Dank für die Lehren, die Pompeius ihm mit seinem Leben erteilt hatte. Die Belehrung war nun vollständig, er wußte jetzt alles, was es zu wissen gab.
Beachtenswert ist, daß Gaius Julius dem Pompeius real für seine Laufbahn wenig oder nichts verdankte. Der große Feldherr, sowieso fast immer unterwegs, hatte sich um den Julier gar nicht gekümmert. Warum sollte er ihn auch beachten?
Caesars Rückhalt lag bei den Tribunen. Auch die Optimaten waren nicht ausgesprochen feindlich gegen ihn; privat verkehrte er mit vielen, denn seine Familie galt als nobel, wenn sie auch bei weitem nicht so gut war, wie er es später wahrhaben wollte. Sein Vaterhaus stand im Subura-Viertel, einem Kleineleute-Bezirk.
Seine Abstammung von Aeneas ist natürlich Unsinn, aber auch in dem ersten Jahrhundert der Republik war das Stammbäumchen noch weit und breit nicht zu sehen. Die heutigen Geschichtsschreiber tragen dazu bei, die Begriffe Aristokratie, Patriziat und Ritterschaft endgültig zu verwischen. Pompeius wird »von höchstem Adel«, die Gracchen werden »Aristokraten« und Octavian, der spätere Augustus, ist »aus alter Familie«. Octavians Großvater, ein wohlhabender Provinzler, war überhaupt der erste, von dem die Geschichte etwas weiß, vor ihm nur leere Blätter.
Um klarzustellen, wie die Verhältnisse wirklich lagen: Ursprünglich gab es nur die Zweiteilung patres (Väter, Oberhäupter, Fürsorger) und plebs (pleo, plenus, voll, massig, Menge). Die Bildung des Patriziats begann unter den frühen Königen, Gründungs-Uradel wie etwa die Fabier (der »Cunctator«), die Valerier (Sullas Frau), oder die Quinctier (Cincinnatus). Es setzte sich fort als Landbesitz- und Schwertadel, etwa der Corne-lier (Sulla, Scipio), der Furier (Camillus), der Claudier (Appius), der Manlier (Manlius, der das Kapitol gegen Brennus hielt), der Marcier (Coriolan, falls er historisch ist) oder der Servilier. Abgeschlossen war die Bildung dieses Standes bestimmt um 338, als Latium römisch wurde und die Aufnahme nachbarlichen Adels aufhörte. Darnach stiegen aus der Plebs zwei Gruppen auf: Jene Familien, die sehr häufig hohe Ämter (kurulische = Curia) bekleideten und sich als eine Art Beamten-Neuadel fühlten und auch von unseren Schreibern jetzt diensteifrig als »Adel« bezeichnet werden, sowie die »Equites«, eine Schicht wohlhabender Plebejer, die einst das Vorrecht (in Wahrheit die Pflicht) gehabt hatten, beim Militärdienst ein Pferd (equus) zu stellen.
Sie fühlten sich sehr bald als »Geld-Adel«. Zog so ein Eques durch Wahl in den Senat ein, so stieg er in seiner Vorstellung postwendend in die Beamtennobilität auf. Er fühlte sich umso mehr dazu berechtigt, als ihn der neue Senatorenstuhl sein bisheriges Privileg kostete, Handel und Spekulation zu treiben. Senatoren durften nur im Grundbesitz ihr Geld anlegen. (Unser Eques-Senator spekulierte nun nicht mehr selbst, sondern über seinen Neffen, versteht sich.)
Inzwischen war längst die eine Schicht so viel wert wie die andere, nämlich im Prinzip gar nichts. Vielleicht machte der Uradel noch eine Ausnahme. Es ist so erfreulich, daß man fast nichts mehr von ihm hört. Er bewirtschaftete seine Güter, schimpfte vor sich hin, trank abends sein Viertelchen Chianti und starb von Zeit zu Zeit den Heldentod.
Alle diese Gruppen waren »in«, wie man heute, wenn man auf der Höhe ist, sagt. Auch Gaius Julius war »in«, schon begann er langsam ein »big« zu werden. (Entschuldigen Sie, falls ich diese schicken modernen Worte etwas unkorrekt verwende, ich bin nicht »in«.) Caesar — eigentlich sollte man ihn vorläufig zwecks »Gefühlsentfremdung« noch nicht so nennen — Gaius Julius also war 65 Ädil gewesen, 63 wurde er Pontifex maximus, was damals natürlich nicht Papst war, sondern eine Kombination aus Präsident des Kirchenrats und Kultusminister, und dann, 62, hatte er das hohe Amt eines Prätors von Rom erreicht, ausgerechnet in dem Moment, als der Skandal mit Catilina ans Licht kam. Gaius Julius verhielt sich still,
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