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Cäsar läßt grüssen

Cäsar läßt grüssen

Titel: Cäsar läßt grüssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fernau
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und hielten die Römer hie wie da für Plattfüßler. Gaius Julius, sofern sie ihn zu Gesicht bekamen, machte auf sie trotz seiner prächtigen Umgebung keinen allzugroßen Eindruck. Wenn sie ihn mit ihren Stammesfürsten verglichen, als reine Plastik sozusagen, so schien er ihnen ein Zwilling, dessen zweiter Teil zur Komplettierung der Portion noch nachzuliefern war. Zwei Juliusse ergaben etwa einen halben Vercingetorix. Den Namen Vercingetorix kannte Gaius Julius, seit er in Südfrankreich war, nur zu gut. Dieser Mensch, Fürst des Arverner-Stammes in der heutigen Auvergne, gehörte zu den Unbelehrbaren. Ein Unbelehrbarer ist ein Mann, der nicht einsieht, daß er durch eine Siegermacht von irgendetwas befreit oder vor irgendetwas geschützt werden muß.
    Gaius Julius hatte in langen Jahren, mit großer Mühe und nur Undank der Kelten erntend, alle Stämme Galliens unter römischen Schutz genommen, indem er nacheinander einen vor dem anderen schützte. Er war auch zweimal auf Brücken, die er kurz schlug und lang besang, über den Rhein gegangen. Er war hinübergegangen, um dem gefürchteten Sueben-Herzog Ariovist (Personalbeschreibung siehe wie bei Vercingetorix) zu sagen, er möge sich ja nicht unterstehen, sich noch einmal in die inneren Angelegenheiten fremder Völker einzumischen. Gaius Julius war sogar zweimal kurz über den Ärmelkanal nach England gefahren, um nachzusehen, ob von dort etwa Gefahr für Rom drohe. Und wie recht hatte er doch! Denn kaum betrat er mit einigen Legionen ganz friedlich die Insel, da stellten sich ihm die Briten feindselig entgegen. Er verschob die Beseitigung dieses gefährlichen Nachbarn Roms auf später, da sich inzwischen unter der Führung von Vercingetorix ganz Gallien gegen die römische Schutzherrschaft erhoben hatte. Vercingetorix hatte in der Zwischenzeit eine Leistung vollbracht wie der unglückliche Shawnee-Häuptling Tecumseh, der 1805 die Indianerstämme zum letzten Existenzkampf gegen die Amerikaner vereinte. Der Ausgang ist bekannt.
    Daß Vercingetorix das gleiche Schicksal wie Tecumseh oder Montezuma erleiden würde, dürfte jedermann, der Gottes Güte kennt, klar sein.
    Gaius Julius machte also schleunigst kehrt und raste wieder quer durch Belgien und Frankreich zurück. Das ging nun schon seit 58 so, jetzt schrieb man 52, und die Gallier zeigten sich noch immer erschreckend reaktionär. Um die Angelegenheit nun exemplarisch zu erledigen, bekam er seine Statthalterschaft noch einmal von Rom verlängert. Schon auf der Schulbank habe ich gelernt, daß ich mich darüber wundern soll. Es sei dies ein außerordentliches Zugeständnis der Konsuln gewesen. Das ist aber gar nichts gegen meine heutige Verwunderung. Es gab nämlich gar keine Konsuln. Seit drei Jahren schon nicht mehr. Während wir mit Gaius Julius in Gallien weilten, sahen Sie wahrscheinlich die Stadt Rom in der Ferne in gewisser Feierlichkeit und besonnt daliegen, ein Bild, das Sie unbedingt korrigieren müssen. Die Riesenstadt Rom ist ein ewiger Unruheherd, ein permanenter Vulkan, obwohl Clodius tot ist. Niemand weiß genau, warum. Den Bürgern geht es gut, sofern sie sich entschließen, zu arbeiten. Sozialistische Parolen gibt es eigentlich gar nicht mehr. Die Parolen, die jetzt durch die Straßen gellen aus den Kehlen jugendlicher Terroristen haben nichts mehr mit der Wirklichkeit zu tun, nichts mehr mit dem Leben. »Denen, die im Sinne der Republik handeln, ist alles erlaubt. Die Republik will freie Menschen in ihrem Schoß, sie ist entschlossen, alle anderen auszurotten!« Es waren genau diese Leitsätze der Jakobiner; als Droge offenbar uralt. Es gibt in der Geschichte so manche glaubenlose Epoche, die sich im politischen Wahnsinn einen Ersatz für religiösen Wahnsinn schafft.
    Sie müssen Rom in diesem Augenblick so sehen wie Paris in den schizophrenen Maitagen des Jahres 1968. Mord, Barrikaden, Bandenkämpfe. Wer nach Polizei rief, war rechts. Rechts war Unterdrückung und Terror. Die Terroristen wiederholten es unermüdlich. Es genügten wenige, um den Anschein einer Bewegung zu erwecken.
    Daß Gaius Julius das alles wußte, ist sicher. Sicher ist auch, daß er es mit Vergnügen konstatierte. Er rührte keine Hand, obwohl sein Arm lang genug gewesen wäre. Er fand, es lief alles sehr gut. Dieses eine Jahr brauchte er noch, um Gallien niederzuwerfen und Vercingetorix zu fangen. Und dann — ja, was dann? Niemand kannte seine Gedanken.
    Er war mitten im Feldzug, als ihn eine Nachricht erreichte, die

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