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Cäsar läßt grüssen

Cäsar läßt grüssen

Titel: Cäsar läßt grüssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fernau
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ihn erheblich aufregte: Pompeius, vierundfünfzigjähriger Pensionär, seit Julias Tode vor zwei Jahren Exschwiegersohn und seit Crassus’ Tode vor einem Jahr Ex-Triumvir, hatte soeben den Hilferuf des Senats angenommen und sich zum Diktator ernennen lassen. (Natürlich durfte man das Wort Diktator in diesen Zeiten nicht in den Mund nehmen, man nannte es »Consul sine collega«, alleiniger Konsul). Was Gaius Julius befürchtete, trat ein: Pompeius, der ehemalige »Volksfreund«, griff durch und stellte die Ordnung in Rom wieder her. Der starke Mann war da, zu früh! Eine schlechte Nachricht.
    Da sie nicht zu ändern war, widmete sich Gaius Julius, ohne sich beirren zu lassen, Gallien. Seinem Feldherrn-talent glückte alles. In vier großen Schlachten eroberte er noch einmal ganz Frankreich und Belgien und krönte seinen Sieg durch die Gefangennahme Vercingetorix’
    — so, wie er es sich vorgenommen hatte. Bei genauerem Hinsehen waren seine Taten nicht immer sehr schön gewesen, aber wer sieht nach vierzehn Tagen noch so genau hin? Vercingetorix hatte sich für sein Volk geopfert und im Vertrauen auf die Soldatenehre freiwillig gestellt. Gaius Julius ließ ihn später wie einen Verbrecher im Kerker hinrichten. Staatsräson, verstehen Sie?
    Gallien war römisch, der blutige Krieg zuende, es blieb nichts mehr zu tun. Wir sind also bei dem »Und dann?« angelangt. Niemand war gespannter als Pompeius. Seine Gefühle für Gaius Julius sanken unter den Gefrierpunkt. Der Mann war ihm unheimlich geworden. Er erwartete stündlich eine Bombe.
    Sie platzte am 10. Januar 49 v. Chr.
    Gaius Julius hatte sich um das Amt des Konsuls beworben. Zu diesem Zweck hätte er in Rom erscheinen müssen. Das wiederum durfte er nicht als Statthalter. Es begann ein zähes Hinundher: die Volkstribunen versuchten, ihm jeden Gefallen zu tun, aber der Senat mit Pompeius, Cicero und dem jungen Cato hatte zu seiner Zivilcourage zurückgefunden und stemmte sich gegen alle Ausnahmegesetze.
    Gaius Julius stellte die Vertrauensfrage: Ich lege mein Amt und mein Kommando nieder, wenn Pompeius dasselbe tut.
    Auf den ersten Blick ein honoriger Vorschlag. Auf den zweiten Blick eine Unverschämtheit. Und tatächlich haben die Senatoren eine solche Forderung eines Mannes, den sie sowieso jederzeit abberufen konnten, nicht verstanden. Das heißt — sie haben sie verstanden: als das, was sie war. Ihre Antwort war die Ausrufung des Staatsnotstandes.
    Die Volkstribunen (unter Zurücklassung des Volkes natürlich) suchten das Weite; was dem staunenden Senat gar manches offenbarte.
    Am 9. Januar trafen die Volksfreunde bei Volksfreund Gaius Julius mit diesen Neuigkeiten ein; eine Nacht überlegte er, am 10. Januar schob er alles beiseite und nahm die Maske ab: Caesar kam darunter hervor.
    Der neue Caesar hob die Hand, und die Vorhut seines Heeres setzte sich über den Rubicon, das Grenzflüßchen zwischen seiner Statthalterschaft und dem römischen Vaterland, gegen Rom in Marsch. Gebildet, wie Caesar war, zitierte er dabei in tadellosem Griechisch für die Nachwelt ein Wort des Dichters Menander: »άνεςςίϕϑω κύβος« — der Würfel möge fallen! 6

DAS ELFTE KAPITEL

hätte, wenn es nach Caesar gegangen wäre, hundert Seiten füllen sollen, aber Brutus und Cassius verkürzten es mit dem Dolch auf achtzehn. Leider? Zum Glück? Klug? Dumm? Die Weltgeschichte ist wie ein Reisebüro, es gibt Auskunft über Züge und Anschlüsse; die Fahrkarte mit dem Ziel lösen die Reisenden.

    Nicht wie Marius vom Pöbel gerufen und nicht wie Sulla vom Senat, von niemand gerufen, mit dem Stigma des Empörers auf der Stirn, marschierte Caesar durch das Land.
    Die kleinen Städte zogen den Kopf ein und warteten. Sie waren nicht pro, nicht contra, sie hatten nur Angst. Sechzigtausend Schwerbewaffnete sind ein furchteinjagender Anblick.
    Der Senat wußte, wie sechzigtausend Legionäre aussehen. Er selbst hatte, getreu dem Sullanischen Gesetz, nicht einen einzigen zur Hand. Er beschloß daher das Vernünftigste, was er tun konnte: zu emigrieren. Er übersiedelte nach Süditalien. Süditalien war Roms unerschöpfliches Kräftereservoir, Süditalien war ein Gegner jeder Empörung, von Süditalien aus sollte wie zu Sullas Zeiten Rom wiedererobert werden. Die Garnisonen dort waren gegen Caesar, die Legionen in Afrika waren gegen Caesar, Marsilia im Herzen seiner eigenen Provinz war gegen ihn, wer war für ihn? Nicht einmal die römische Plebs, für die er immer eine Sphinx

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