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Cäsar läßt grüssen

Cäsar läßt grüssen

Titel: Cäsar läßt grüssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fernau
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zeigte, die nicht von Pappe war. Die Seeräuber hatten sich zu einer Geißel ausgewachsen, die die wirtschaftliche Existenz Roms jetzt ernsthaft gefährdete. Truppentransporte auf Kriegsschiffen waren die einzigen, die das Mittelmeer noch sicher befahren konnten, Handelsschiffe wagten kaum noch auszulaufen. Der Kleinkrieg gegen die Räuber war gescheitert; man sah ein, daß eine Generalreinigung des »mare nostrum« kommen mußte — ein ausgewachsener, wahrscheinlich jahrelanger Krieg, denn die Piraten saßen überall an den Hunderten von Kilometer langen Küsten Kleinasiens, Macedoniens, Kretas und Siziliens. Von Pompeius selbst ging der Vorschlag aus, einen Oberbefehlshaber mit diktatorischer Gewalt für das Mittelmeer zu ernennen, und jedermann wußte natürlich, wen er meinte. Er sprach es nicht aus, das taten die Tribunen.
    Es eilte. Der Senat stimmte über die Ernennung von Pompeius ab: Er fiel durch mit allen Stimmen außer einer, Caesars. Das war wieder einmal ein hübscher und im übrigen todsicherer Eklat. Die Volksversammlung hob den Beschluß des Senats auf und wählte Pompeius. Mit Recht. Caesar war der erste, der der Plebs zu diesem Urteil gratulierte. Schon sanken die Kornpreise.
    Ein schwieriger Krieg.
    In vierzig Tagen säuberte Pompeius, nachdem er Gibraltar zugemacht hatte, den Westteil und in abermals anderthalb Monaten, nachdem er die Dardanellen verstopft hatte, den Osttteil des Mittelmeeres. Den Hauptschlag führte er in Cilicien (gegenüber Cypern). Wer ihm an Land in die Hände fiel, wurde begnadigt, mitgenommen und in Achaia und Süditalien angesiedelt, ein Großmut, den die Piraten wirklich nicht hatten erwarten können.
    Den glanzvollen Einzug in Rom kann man sich vorstellen.
    Gaius Julius war einer der ersten, die gratulierten.
    Daß Pompeius sofort anschließend den Auftrag bekam, nun auch mit Mithridates endgültig Schluß zu machen, war nur logisch. Ja, der alte Pontus-König lebte immer noch. Von Sulla geschlagen, von Lucullus geschlagen, alle fünf Minuten geschlagen, stand er immer wieder auf, sobald die Luft rein war. Wenn er das fertigbrachte, kann man unschwer darauf schließen, daß die Römer in Kleinasien als »Befreier« herzlich verhaßt waren. Da der alte Herr seine Gepflogenheit, die römischen Siedler zu köpfen, auch als fast Siebzigjähriger nicht aufgab, wollte Rom nicht auf die biologische Lösung warten.
    Ein begehrtes Kommando. Einst Sulla, dann der nicht weniger populäre Lucullus, jetzt Pompeius.
    In einem Jahr erledigte er auch diese Aufgabe. Er schlug Mithridates und hatte dann das Glück, daß der Alte sich das Leben nahm, was er bisher noch nie getan hatte.
    Ehe Pompeius heimkehren konnte, wurde er noch nach Palästina als »Schlichter« gerufen. Zwei Brüder aus der regierenden Priesterdynastie der Makkabäer zankten sich um die Macht. Pompeius schlichtete, interessanterweise hier im ganz konservativen Sinne, und schnitt zugleich ein Stück Judäa ab — für Rom. Dann machte er auf einer der schönen Sonnen-Inseln ein bißchen Ferien, ordnete von dort aus sehr richtig aber leider etwas selbstherrlich den gesamten römischen Orient neu in »Provinzen« und »Schutzstaaten«, was der Senat nicht nur mit Unmut sondern vielmehr mit Angst zur Kenntnis nahm. Die Herren verkannten den preußischen Beamteneifer des Pompeius und deuteten ihn als Vorankündigung einer Alleinherrschaft. Als der siegreiche Feldherr mit seinem riesigen Heer und der großen Flotte im Jahre 62 auf dem Heimweg war, bekam man im Rom der oberen Kreise das große Zittern! Sogar Freund Crassus begab sich vorsichtshalber ohne Hinterlassung einer Adresse aufs Land.
    Ein geradezu komischer Irrtum, fast ein Witz.
    Er zeigt, daß man Pompeius in seinen Zielen durchaus richtig einschätzte, daß man ihn in seinem Charakter aber total verkannte. Er bewies es sogleich. Er landete in Brundisium und dann--dann entließ er sein Heer bis auf den letzten Mann. Ich sage »sein« Heer, denn es wäre ihm durch dick und dünn gefolgt. Die vielen Tausende gaben ihre Musketen ab und gingen nach Hause. Von einem Tag auf den anderen war Pompeius Rentner. Er war überzeugt, nun auf legalem Wege den Lohn zu ernten und der mächtigste Mann des römischen Reiches zu werden. Dies entsprach seiner Mentalität; er war eben doch ein schlechter Verräter seiner Weltanschauung gewesen. Außerdem war er als Psychologe ein Idiot. Was erwartete er eigentlich von der Senatspartei, die er mit den Komitien überfahren, und was

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