Cäsars Druide
Lust, weiter im Zelt zu bleiben. Wir gingen wieder hinaus und setzten uns an die Feuerstelle, die Cäsars berittene Prätorianergarde vor ihren Zelten errichtet hatte. Schweigend stocherten sie mit Ästen in der Asche herum. Sie hatten Fladenbrotteig mit Mohnsamen gespickt und in die Asche gelegt. Sklaven brachten wahlweise stark verdünnten Wein oder frisches Wasser. Es war schon erstaunlich: Egal wo Cäsar sich gerade aufhielt, egal wie lange seine Soldaten in der Nacht zuvor marschiert waren, es gab stets ausreichend zu essen und frisches Wasser.
Cäsars Beschaffungstrupps waren von unermeßlicher Wichtigkeit. Wir Kelten haben lange nicht begriffen, daß man allein mit der Vernichtung dieser Beschaffungstrupps riesige Heere zum Stillstand bringen konnte. Wenig später brachte Krixos den Würzwein. Ich bat ihn, auch die übrigen Soldaten am Lagerfeuer damit zu versorgen.
Unten am Fluß brannten einzelne Karren. Die Legionäre fledderten die Leichen. Gold war am begehrtesten. Es war klein und handlich und hatte überall einen beachtlichen Gegenwert. Auch Silber, Schmuck und Waffen waren gefragt. Die Nahrungsmittel wurden vom legionseigenen Frumentator sichergestellt. Auch die Pferde wurden den Legionsbeständen zugeteilt. Nur die Ochsen, Schafe, Ziegen und Schweine überließ man den Plünderern. Die Tiere waren auf dem Marsch zu langsam, und sie brauchten Futter, das man ebenfalls mitführen mußte. Also überließ man das lebendige Fleisch den Plünderern, die es gleich den Händlern weiterverkauften. Die Hyänen der römischen Republik, die den drei Legionen in sicherem Abstand gefolgt waren, hatten bereits ihre Stände aufgestellt und gaben lauthals ihre Angebote ab. Sie bezahlten die Legionäre stets in bar. Schon deshalb brauchte jede handeltreibende Hyäne eine Privatarmee zur eigenen Sicherheit.
Wenig später meldeten Kundschafter, daß die Helvetier ihren Zug fortgesetzt hätten und keine Anstalten machten, erneut über den Arar zu setzen. Sie mieden den Kampf und setzten ihre Wanderung unbeirrt fort. Cäsar befahl Mamurra, sofort mit dem Bau der Brücke über den Arar zu beginnen. Obwohl Cäsar keinen Befehl gegeben hatte, die Plünderungen einzustellen, meldeten sich genügend Freiwillige für den Brückenbau. Die einen wollten damit ihre Centurionen beeindrucken, die anderen erhofften sich dadurch bei der nächsten Schlacht gegen die Helvetier eine bessere Ausgangslage. Denn jedem römischen Soldaten war klar, daß sie diesseits des Flusses zwar Gold gefunden hatten, aber noch lange nicht den legendären Goldschatz der Helvetier. Wenig später trafen drei weitere Legionen mit dem schweren Gepäck ein. Somit hatte Cäsar wiederum seine sechs Legionen vereint.
Ich hatte bereits gesehen, wie Mamurra in Genava die mehrstöckigen Holztürme hochgezogen hatte. Aber die Art und Weise, wie dieser verkommene Lebemann die Brücke über den Arar schlagen ließ, stellte alles Bisherige in den Schatten. Wir Kelten hatten viele Tage gebraucht, um über den Fluß zu setzen. Mamurra schaffte es an einem einzigen. Als die Brücke gegen Abend fertiggestellt war, erschienen am gegenüberliegenden Ufer helvetische Unterhändler und baten Cäsar um die Erlaubnis, eine Delegation ans andere Ufer zu schicken. Sie waren bestürzt und sprachen von Zauberei. Aber ich habe bei anderer Gelegenheit schon mal erwähnt, daß Rom die Welt nicht mit dem Schwert, sondern mit dem Spaten erobert hat. Dieser Brückenbauer Mamurra war derart genial, daß Cäsar ihn in seinen Berichten kaum erwähnte. Er wäre ihm wohl zu sehr in der Sonne gestanden.
Cäsar ließ den Unterhändlern ausrichten, daß er morgen zu einem Empfang bereit sei. Er befahl, große Gruben auszuheben, um alle Leichen darin zu verscharren. Er hatte mittlerweile die Plünderungen untersagt. Es gab auch nicht mehr viel zu holen. Die vertraglich berechtigten Händler, darunter auch der Kerl mit der Knollennase, klapperten nun das Schlachtfeld mit ihren Privatsoldaten nach brauchbaren Stoff- und Metallresten ab, und wie immer waren sie verärgert, wenn die Legionäre sie verscheuchten.
Am nächsten Morgen ließ Cäsar sein Zelt unten am Ufer aufstellen und diktierte weitere Briefe nach Rom. An jenem Tag war ein neues Gesicht in Cäsars Zelt. Valerius Procillus, ein Prinz vom Stamme der Helvier.
Dieser Stamm liegt zwischen dem Gebiet der Allobroger im Norden und dem Gebiet der Vocontier im Süden. Der Vater des Prinzen hatte vom damaligen Gouverneur, Valerius Flaccus,
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