Cäsars Druide
Verhältnissen einzurichten«, lachte Fufius Cita. »Was Cäsar in Gallien bewegt und erreicht hat, sprengt alle menschliche Vorstellungskraft. Der Senat ehrte ihn mit einem fünfzehntägigen Dankfest. Das ist schier unglaublich. Den Rekord hielt bis dato der große Pompeius, unser großer Alexander! Zehn Tage hatte man Pompeius für seinen Sieg über Mithridates gewährt, und Cäsar erhielt nun fünfzehn Tage!« Fufius Cita wich vergnügt mit dem Oberkörper zur Seite, damit der saftig-rote Schweinerücken aufgetragen werden konnte, der bereits in Stücke vorgeschnitten war.
»In Cäsar offenbart sich der Wille der Götter. Selbst seine Boshaftigkeiten verdienen Bewunderung. Seine Handlanger in Rom haben die Sache so eingefädelt, daß ausgerechnet sein Verbündeter und ewiger Rivale Pompeius im Senat den Antrag für das Fest stellen mußte. Gibt es denn eine schönere Art, seinen Rivalen öffentlich zu kränken? Oder Cicero! Jammernd hat er sechzehn Monate lang im Exil um die Erlaubnis zur Rückkehr gebettelt. Jetzt ist er wieder in Rom und leckt Cäsar den Schweiß von den Füßen. Der Kerl ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Und Cäsars Feinde? Sie nehmen bei ihm Kredite auf und flehen ihn an, ihre Söhne mit nach Gallien zu nehmen, damit auch sie sich hier bereichern können. Kretos, es hat gar keinen Sinn, Cäsars Pläne zu hintertreiben! Mit dem Sieg in Gallien ist Cäsar mächtiger denn je. Rom liegt ihm zu Füßen. Mit Gallien, das zweimal so groß ist wie Italien, ist Roms Macht in zwei kurzen Sommern gewaltig gewachsen. Ruhm, Gold und frische Sklaven, neue Handelsrouten und Zölle, zusätzliche Tribute und Steuerzahlungen fließen täglich nach Rom. Deshalb ehren wir fünfzehn Tage lang unseren berühmten Gesetzesbrecher Gaius Julius Cäsar.«
Fufius Cita hob seinen Becher. »Ave Cäsar, ave Imperator.«
»Deficit omne, quod nascitur«, entgegnete ich trocken, was soviel heißt wie: Alles, was entsteht, vergeht auch wieder.
Kretos lächelte matt und hob seinen Becher. »Es lebe der Bernstein, das Gold des Ostens.«
Wir schwatzten noch eine ganze Weile, bis unsere Bäuche zum Bersten voll waren. Gegen Abend gesellten sich noch andere Händler zu uns. Eifrig wurden Neuigkeiten über den Zustand der Wege und umliegende Märkte ausgetauscht. Der gesamte Handel in Gallien befand sich im Umbruch. Jeder wollte nur noch mit Cäsar Geschäfte machen, mit seiner marschierenden Stadt von fünfzigtausend Männern. Wo Cäsars Legionäre gerastet hatten, waren alle Proviantlager im Umkreis von zwanzig Meilen leer.
Zu Beginn der dritten Nachtwache verstummte Fufius Cita plötzlich. Er kippte einfach vom Stuhl und wurde von seinen herbeigerufenen Sklaven in den Schlafraum getragen. Der von Kretos offerierte Wein, der ihn redseliger hätte machen sollen, hatte ihn nun vollends zum Schweigen gebracht.
Die Küchensklavin begleitete uns mit einer Öllampe in den ersten Stock. Das Zimmer stank fürchterlich nach altem Schweiß und Urin. Die Wände waren mit allerlei Kritzeleien verschmiert. Als Betten dienten tiefe Holzgestelle, die mit bereits moderndem Stroh bedeckt waren. Darüber lagen fettige Felle. Über meinem Bett konnte ich gerade noch die Inschrift lesen: Wir haben ins Bett gepinkelt. Ich geb's zu, Wirt, das war nicht fein; fragst du, warum? – Es war kein Nachttopf da!
Erstaunlich war weniger der Text, sondern daß hier jemand übernachtet hatte, der schreiben konnte. Ich schlief mit allerlei beißendem Ungeziefer ein, während sich irgendein Gast in der Dunkelheit mit einer der Frauen, die im Gasthaus arbeiteten, vergnügte. Er keuchte so schwer, daß man um sein Leben fürchten mußte. Ich zog die Kapuze meines dicken Wintermantels über den Kopf und legte mich auf die Seite. So konnte ich durch das kleine Fenster in der Wand den Mond sehen, der magisch und göttlich zugleich zwischen den Gestirnen ruhte. Lucia hatte sich unter meinem angewinkelten Arm zusammengerollt. Ich liebte ihren Geruch und die Wärme ihres Körpers. Auch sie fand lange keinen Schlaf. Es war nicht das gequälte und stoßartige Schnarchen der Betrunkenen, die wie erschlagen auf ihren Holzgestellen lagen, das uns nicht einschlafen ließ, sondern das beunruhigende Piepsen und Rascheln der Mäuse und Ratten, das überall zu hören war. Irgendwann fragte mich Wanda, ob ich bereits schlafe. Es war noch kälter geworden. Sie kam mit ihrem Fell zu mir rüber. Lucia sprang aus dem Bett und begann zielstrebig mit der
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