Cäsars Druide
wieviel die Kisten Bernstein wert waren. Es war ungefähr soviel, wie ich dafür bezahlt hatte.
»Und wo ist der Verrückte, der einen derartigen Preis verlangt?«
»Er ist heute früh weitergeritten«, log ich.
»Aha, und die Ware hat er dir einfach so überlassen?« spottete Kretos und zwinkerte mit dem linken Auge.
»Nein«, sagte ich, »ich habe das für dich ausgelegt …« Im selben Augenblick war mir bewußt, daß ich einen groben Fehler begangen hatte. Ich hätte Kretos genausogut erzählen können, daß ich die Ware bei den Belgern gekauft hatte.
»Und womit hast du bezahlt?« lachte Kretos und fügte gleich hinzu: »Paß auf, Korisios, du zappelst schon wie ein Fisch im Netz. Wenn du es wirklich mit deinem Geld bezahlt hast, dann nehme ich an, daß du von mir jetzt das Doppelte willst. Aber mit mir kannst du keine Geschäfte machen, Korisios. Du bist mein Angestellter. Ausschließlich meiner. Es ist dir somit gemäß Vertrag ausdrücklich verboten, für andere Leute Geschäfte zu tätigen. Du hast nicht mal das Recht, für dich selbst Geschäfte zu tätigen.«
Es war mir, als hätte man mich plattgedrückt wie eine prallgefüllte Zecke. Kretos sah meine Verwirrung. Jetzt fühlte er sich richtig gut.
»Also, Korisios, wo ist dein Händler?«
»Na ja«, entgegnete ich mürrisch, »Cäsar hat mich nach Beendigung des zweiten Kriegssommers reichlich für meine Dienste belohnt. Mit diesem Geld hab ich bei einem Händler aus dem Osten die Kisten gekauft. Ich dachte, wenn wir Richtung Süden ziehen …«
Kretos winkte ab. »Aber die Legionen waren schneller. Die versauen uns das ganze Geschäft. Also, Korisios, du hättest nie im Leben bei einem Händler aus dem Osten kaufen sollen. Du hast ihm zuviel bezahlt. Die Hälfte wäre genug gewesen. Und von mir hast du das Vierfache verlangt. Zweitens: Es ist dir wie gesagt verboten, auf eigene Rechnung Geschäfte zu machen. Also hast du diesen Bernstein für mich gekauft. Aber du hast zuviel bezahlt. Ich werde dir deshalb nur die Hälfte von dem geben, was du tatsächlich bezahlt hast.«
Krixos und Wanda waren stocksauer. Sogar Lucia knurrte. Bei Merkur, wie hatte sich dieser massilianische Halsabschneider doch verändert!
»Sag jetzt nichts, Korisios, sei froh, daß ich dich nicht wegen Vertragsbruch verklage. Stell dir vor, man würde dir eine Geldstrafe auferlegen. Du müßtest dich in die Sklaverei verkaufen, um die Buße zu bezahlen. Also gib mir diesen Bernstein und sei zufrieden, daß du nur die Hälfte davon verloren hast.«
Ich schwieg. Ich war sprachlos. Und in juristischen Angelegenheiten nicht sehr bewandert. Aber das bißchen, das ich von Trebatius Testa wußte, sprach eher für Kretos' Behauptungen als für mich. Kretos sagte, er würde sich jetzt Geld leihen, Sklaven und Packtiere kaufen und mir dann den Bernstein abnehmen. Und zwar für die Hälfte des Preises, den ich dafür bezahlt hatte.
»Sei ruhig wütend auf mich«, lachte Kretos, »dann lernst du wenigstens etwas! Du wirst eines Tages ein guter Händler werden, Korisios, aber du mußt noch viel lernen. Ich hoffe, du wirst nie mehr in deinem Leben Bernstein kaufen, denn das ist wohl das Allerdümmste. Hast du eigentlich noch nie von der Bernsteinstraße gehört? Dagegen kannst du nicht anstinken.«
Worte, nichts als dumme Worte. Ich war unglaublich wütend.
»Ich hoffe, der Bernstein bringt dir Glück, Kretos«, sagte ich ernst. Kretos war einen Augenblick verwirrt.
»Wie meinst du das?«
»Erinnerst du dich an Onkel Celtillus?«
»Natürlich«, sagte Kretos. Er war verunsichert.
»Was meinst du, was Onkel Celtillus zu unserem Geschäft sagen würde?«
»Na ja«, sagte Kretos zögernd, »er würde sich freuen, daß ich mich um dich kümmere.«
»Ja«, murmelte ich und versuchte meiner Stimme etwas Zweideutiges zu geben, »er würde sich freuen und dafür sorgen, daß dir dieser Bernstein viel Glück bringt.«
»Ihr verfluchten Kelten mit euren zweideutigen Sprüchen, die alles und doch nichts bedeuten! Was soll dieser Unfug? Willst du mich einschüchtern? Für mich bist du kein Druide, Korisios! Sei froh, daß sich jemand um dich kümmert! Für mich bist du ein Träumer! Nichts als ein Träumer. Und die Kräuter in deiner Tasche machen noch lange keinen Druiden aus dir!«
»Du hast mich beleidigt, Kretos! Du sollst an mich denken, wenn das nächste Mal der Schmerz in deinen Zähnen pocht!«
Wütend stampfte ich davon und schrie: »Wanda, bring mir den Vertrag, den ich mit
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