Cäsars Druide
vorbei war. Cäsar brach die Belagerung von Gergovia ab und zog, unter dem Hohngelächter der Verteidiger, eilig ins Land der Häduer. Nachdem er die Häduer gescholten und diese sich untertänigst entschuldigt hatten, kehrte Cäsar vor die Mauern Gergovias zurück. Er brauchte einen Verbündeten in Gallien, deshalb die Milde den Häduern gegenüber. Aber was er noch dringender brauchte, war die Einnahme von Gergovia. Die arvernische Hauptstadt mußte fallen. Doch Vercingetorix operierte geschickt. In kleinen Gruppen griffen die ortskundigen Krieger Tag und Nacht die römischen Flanken an, schlugen blitzschnell zu und galoppierten wieder davon. An einem einzigen Tag fielen sechsundvierzig Centurionen und siebenhundert Legionäre. Cäsar gab die Belagerung auf.
Das war die erste große Niederlage des Prokonsuls auf gallischem Boden. Vercingetorix hatte Cäsar bezwungen.
Die Häduer änderten darauf erneut ihre Meinung und ermordeten in Noviodunum die römische Besatzung, die Cäsar zur Bewachung der Kriegskasse, der Vorräte und des schweren Gepäcks zurückgelassen hatte. Mit den Häduern verlor Cäsar seine letzten Verbündeten in Gallien und sein gesamtes Reisegepäck. Er wollte den erneuten Verrat der Häduer rächen. Doch als er auf die Stadt zumarschierte, brannte sie bereits lichterloh. Die Häduer hatten allen Proviant weggebracht oder vernichtet. Cäsar war am Ende. Seine Soldaten hungerten wieder. Mancher Offizier hatte all sein Hab und Gut verloren, das er in Noviodunum zurückgelassen hatte.
Die Gallier hatten endlich zu einem Zusammengehörigkeitsgefühl gefunden. Eine gesamtgallische Versammlung wurde in Bibracte einberufen, dort, wo Cäsar einst die Helvetier besiegt hatte. Die Zusammenkunft der gallischen Stammesfürsten wurde zum großen Triumph des Vercingetorix. Er wurde in seinem Oberbefehl bestätigt. Er hatte nun die Wahl, Cäsar mit seinem ausgehungerten Heer in seine Provinz zurückzujagen oder im Norden gegen Labienus' Legionen zu kämpfen. Labienus schleppte sich mit seinen Soldaten nach Lutetia, um die Stadt einzunehmen und seine Männer verpflegen zu können. Doch als Labienus nahte, lag auch diese Stadt bereits in Schutt und Asche, und die Kuriere, die von ihren schweißnassen Pferden stiegen, brachten die Meldung von Cäsars Scheitern vor den Toren Gergovias. Labienus wurde klar, daß das gallische Abenteuer zu Ende ging. Er eilte in den Süden, Cäsar entgegen. Gemeinsam wollten sie in die römische Provinz flüchten. Dachte Vercingetorix. Deshalb heftete er sich an die Fersen des fliehenden Cäsars und griff seine lange Marschkolonne von drei Seiten an.
Im Grunde genommen wollte Vercingetorix nur noch vollenden, was er bereits vollbracht hatte. Die Befreiung Galliens. Doch Cäsar hatte mittlerweile seine davongelaufene keltische Reiterei durch germanische Reiter ersetzt. Und es waren ausgerechnet diese germanischen Reiter, die den ersten Angriff der gallischen Reiterei abwehrten. Sie schlugen die Reiter des Vercingetorix in die Flucht und nahmen die Verfolgung auf. Und dann geschah das Unfaßbare: Die Gallier zogen sich in einem heillosen Durcheinander zurück, während die römischen Legionäre neuen Mut schöpften und die Fliehenden verfolgten. Vercingetorix flüchtete mit seinen Männern in die befestigte Stadt der Mandubier. Sie liegt auf einer steilen Anhöhe. Sie heißt Alesia.
In Alesia gibt es eine Gaststätte. Die Fassade ziert ein weißer Hirsch, obwohl sie ›Gaststätte zum goldenen Eber‹ heißt. Vercingetorix dachte, es bringe ihm Glück, wenn er seine engsten Vertrauten in dieser Gaststätte unterbringen würde. Siegessicher stand er vor der ausgebreiteten Karte von Gallien und nahm den Weinbecher, den ein Offizier ihm reichte.
»Cäsar wird sich erneut die Zähne ausbeißen«, lachte er. Er schaute kurz zu mir rüber. Es muß ihm aufgefallen sein, daß ich sehr ernst war, denn er fragte mich, was ich von seinem Plan hielt. Die Offiziere und Adligen hatten sich daran gewöhnt, daß Vercingetorix immer besonderen Wert auf meine Meinung legte. Sie standen um den großen Tisch herum und starrten mich an.
»Cäsar hat einen Mamurra«, begann ich leise. »Er nimmt jede Stadt im Handumdrehen ein.«
Die Offiziere lachten. »Und was war in Gergovia?« schrien einige verärgert und vom Wein schon arg benebelt.
»Alesia hat nicht die Beschaffenheit von Gergovia. Gergovia ist nicht Alesia. Wenn es etwas gibt, das die Römer besser können als alle anderen Völker unter der
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