Cäsars Druide
Kupfer, Bernstein, Zinn, Felle, Leder, Gold, Harz, Pech, Kienholz, Wachs, Käse und Honig, sondern auch die charakteristischen roten Wollstoffe, um die uns die ganze römische Republik beneidete. Deshalb – und auch weil wir neben der Sense das Holzfaß erfunden haben – verbreiten die Römer immer noch das Gerücht, wir würden nur um des Weines willen Tauschhandel treiben. Weil wir trunksüchtig seien. Deshalb hätten wir auch das Faß erfunden. Und deshalb würden wir zwei junge Sklaven gegen eine einzige Amphore Wein eintauschen. Als wäre die Beschaffung von Sklaven schwierig. Aber gegen römische Verleumdungen ist eben kein Kraut gewachsen. Denn was Römer behaupten, wird schriftlich für die Nachwelt festgehalten. Was wir entgegnen, hören bloß die Götter. Wenn sie wollen.
Es war schön, an Basilus' Seite reiten zu können. Wir erzählten uns, was wir in den Jahren erlebt hatten, erzählten es wieder und wieder und schmückten es in immer prächtigeren Farben aus. Abends setzten wir uns an die Lagerfeuer der Händler, brieten Fleisch und tranken Wein (Ziegenmilch ist unterwegs Mangelware) und lästerten vergnügt über das römische Imperium. Es war nicht Neid oder Mißgunst, nein, wir Kelten haben eine eher sportliche Einstellung zum Leben und zum Tod. Dabeisein ist wichtiger als überleben. Was uns an Rom aber stets gestört hat, ist diese unerträgliche Überheblichkeit, mit der sie Nichtrömern ihren Willen aufzwingen.
Als wir eines Tages die turmreichen Mauern Massilias erblickten, war ich mit den Nerven bereits ziemlich am Ende. Das mögliche Wiedersehen mit Wanda hatte mich in den letzten Nächten um den Schlaf gebracht, je näher ich Massilia gekommen war, desto größer war die Angst geworden, Massilia zu erreichen, aber Wanda ewig fern zu bleiben. Was, wenn Kretos sie mittlerweile weiterverkauft hatte? Wanda konnte ja ziemlich störrisch sein. Vielleicht hatte Wanda auch versucht, Kretos umzubringen. Die südwärts ziehenden Händler hatten erzählt, daß in Massilia merkwürdige Gesetze herrschten. Massilia lag zwar in der römischen Provinz Gallia Narbonensis. Aber Massilia war ganz und gar autonom! Nachdem Rom die Stadt seinerzeit vor den Kelten geschützt hatte, war der Mittelmeermetropole der lange Küstenstreifen von Nicaea bis zum Rhodanus, mit allen Klientenstaaten, zugesprochen worden. Als Gegenleistung hatte Massilia den Unterhalt der Via Domitia übernommen und die Überwachung des Fossae Marianae, eines Seitenkanals des Rhodanus. Die Kanalzölle machten Massilia, das seine Felder seinerzeit angeblich mit den bei Aquae Sextiae gefallenen Teutonen gedüngt hatte, reich, mächtig und selbstbewußt. Somit konnten sie sich eine eigene Rechtsprechung erlauben, den Frauen den Weinkonsum verbieten, für den Selbstmord eine staatliche Genehmigung vorschreiben und andere exotische und skurrile Gesetze erlassen. Trotzdem war und blieb Massilia für jeden adligen Kelten das große griechische Bildungszentrum, in dem er gerne seine Söhne ausbilden ließ. Für einen Kelten war Massilia der Nabel der Welt, das Zentrum von Kultur und Wissen. Und nicht Rom. Es war auch mein Traum gewesen.
Massilia liegt auf einer vorspringenden Halbinsel, nördlich des windgeschützten alten Hafens Lakydon, dessen enge Einfahrt zwischen Felsen gut zu verteidigen ist. Massilias Stärke war seine Flotte. Am Hafen unten reihten sich riesige Werften an Lagerhäuser und Büros. Wir erkundigten uns als erstes nach dem Weinhändler Kretos. Er war in der Stadt kein Unbekannter. Es hieß, er hätte im Hafen Lagerhallen mit Eisen, Zinn und Silber. Aber seine Villa sei hinter der Akropolis, dort, wo die bedeutenden Männer Massilias residierten.
Ich wollte keine Zeit verlieren. Ich hatte mit Basilus schon alle möglichen Szenarien besprochen. Ich wollte Wanda einfach loskaufen. Wenn nötig, würde ich ihm mein ganzes Gold geben. An einer offenen Straßenbude besorgten wir uns etwas zu essen und zu trinken. Hier im Zentrum gab es unzählige Garküchen, Weinhandlungen, Backstuben, Kleidergeschäfte und Töpfereien, die alle zur Straße hin offen waren. In der Nähe des Forums reihten sich die vornehmeren Geschäfte aneinander, Läden, die feine Kleider, Möbel, Parfüm und Bücher verkauften. Hier kleideten wir uns neu ein. Alles war schön bunt und sauber. Selbst die Sklaven stanken nach Parfüm. Wir wuschen uns an einem Brunnen und zogen uns saubere Kleider an. Grinsend und scherzend stiegen wir wie römische Bürger die
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