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Cäsars Druide

Titel: Cäsars Druide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cueni Claude
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gesehen, aber Händler hatten mir derart viel darüber erzählt, daß ich in meinen Träumen bereits oft dort gewesen war. Man konnte dort schwimmen, und die Fische waren riesengroß. Die Santonen haben die Sitte, ihnen die Bäuche mit Kräutern vollzustopfen und sie so über dem Feuer zu braten. Man konnte diese Fische angeblich in großer Zahl essen, ohne gleich einen neuen Gurt kaufen zu müssen. Nach alledem, was ich in den letzten Tagen erlebt hatte, überlegte ich nun, ob es für mich nicht gescheiter wäre, im Schutze der helvetischen Stämme an den Atlanticus zu ziehen. Oder sollte ich die Gunst der Götter prüfen und nach Massilia gehen? Auch Massilia lag an einem Meer, am tuskischen oder Unteren Meer, wie man es auch nannte. Auch dort konnte man schwimmen. Und Fische würde es dort auch geben. Ja, mein imaginäres Handelshaus in Massilia hatte mittlerweile mächtige Wurzeln geschlagen. Aber nachdem ich siebzehn Jahre unter einem Baum verbracht hatte, mußte ich erst einmal lernen, selber Entscheidungen zu treffen. Ich war unschlüssig, und der von Hufen plattgedrückte Frosch am Wegesrand war mir auch keine Entscheidungshilfe, obwohl ihm die Weichteile vieldeutig aus dem Bauch hervorgequollen waren. Jaja, es ist schon erheiternd, wie wir Menschen uns ständig den Kopf über Dinge zerbrechen, die die Götter längst entschieden haben. Aber waren die Götter nicht auch sehr launisch? Und war es nicht auch möglich, daß sie mich manchmal aus den Augen verloren und ich in dieser Zeit mein Schicksal selbst bestimmen konnte?
    Schweigend ritten Wanda und ich Seite an Seite die aufgeweichten Trampelpfade entlang. In der Nacht machten wir nur eine kurze Rast in einer Höhle. Bereits in den frühen Morgenstunden ritten wir weiter. Taranis war offenbar wieder eingefallen, daß er nicht nur für Blitz und Donner zuständig war, sondern auch für die Sonne. Es ist schon erstaunlich, wie ein paar keltische Goldschüsselchen und massilianische Silberdenare das Gedächtnis eines Gottes wieder auffrischen können. Aber ist es andererseits nicht ein bißchen schäbig, daß man selbst Götter mit ein paar Münzen bestechen kann? Ich meine das durchaus ernst. Mir war nicht mehr zum Scherzen zumute. Wir waren müde, erschöpft, das Gesäß auf dem nassen Sattel wundgescheuert, doch die Angst vor den Germanen trieb uns weiter. Wir wußten, daß es die Germanen nicht eilig hatten. Es war ihnen egal, ob alle keltischen Oppida von ihrem Einfall erfuhren und die Bewohner rechtzeitig das Weite suchten. Die Germanen wollten jagen und plündern, irgendwann ihre Familien nachkommen lassen und ihnen das leergefegte Siedlungsgebiet der Rauriker und Helvetier zuweisen.
    Gegen Mittag erreichten wir das Oppidum der helvetischen Tiguriner. Es lag auf einem Hügel zwischen einem kleinen und einem großen See. Eine Holzbrücke führte über einen breiten, mit Regenwasser und Abfällen gefüllten Graben. Hinter der Brücke lag ein steil aufgeschütteter Erdwall, auf dem eine solide Brustwehr errichtet worden war. Überall standen bewaffnete Krieger, Bogenschützen und Schleuderer in Alarmbereitschaft. Es bestand kein Zweifel, daß die Tiguriner über die letzten Ereignisse bereits in Kenntnis gesetzt worden waren. Wir wurden freundlich begrüßt. Doch als die Wachen erfuhren, daß wir die letzten Überlebenden eines raurikischen Hofes waren, kannte ihre Begeisterung keine Grenzen mehr.
    »Das muß Korisios sein!« schrie jemand.
    »Er trägt einen germanischen Bogen!« jauchzte ein anderer und stieß grelle Laute aus.
    »An seinem Gurt hängt ein Germanenzopf!« lachte ein Bogenschütze, und alle schrien begeistert auf. Dutzende von Händen wollten mich berühren, als sei ich eine der zahlreichen hölzernen Statuen, die wir Kelten manchmal in den Mooren versenken. Und in der Tat fühlte ich mich ziemlich hölzern. Aus eigener Kraft hätte ich nicht mehr vom Pferd steigen können.
    »Wo ist Basilus?« fragte ich laut.
    »Er hat uns erzählt, wie du den germanischen Fürsten getötet hast!« schrie ein Greis. Er hob bebend seinen Stock und griff sich mit der anderen Hand ans Geschlecht. Das mußte wohl ein sehr alter Brauch sein. Wieder schrien alle meinen Namen und ließen mich und meine Nachkommen hochleben. Dabei hatte ich in diesem Augenblick nicht den geringsten Wunsch, irgendwelche Nachfahren zu zeugen. Ich wollte nur von diesem Gaul runter und meine steifen Glieder wärmen. Ich beugte mich tief über den Hals meines Pferdes und bat einen

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