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Cäsars Druide

Titel: Cäsars Druide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cueni Claude
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Katapultgeschoß in meine beiden Dolche gestürzt. Und den Kopf habe ich ihm auf den Schultern gelassen, weil ein derartiges Gewicht an meinem Gurt mich beim Gehen nur behindert hätte. Aber große Erklärungen sind nicht Sache eines Kelten.
    »Ich bin lieber die Sklavin eines keltischen Raurikers als die Sklavin eines germanischen Sueben oder eines helvetischen Druiden«, sagte Wanda, während sie ratlos auf den mit Geldbeuteln gefüllten Eisenhelm starrte, den sie in ihrem Schoß hielt.
    »Herr, warte hier auf mich, ich bin bald zurück.«
    Wanda stand auf und ging. Den Eisenhelm nahm sie mit. Ich wußte nicht, ob ich ihr glauben sollte oder nicht. Wenn man wirklich in der Klemme sitzt, alles auf dem Spiel steht und das nackte Überleben von einem einzigen Menschen abhängt, wird man doch etwas argwöhnischer. Und ich hatte genügend Zeit, darüber nachzudenken und richtig mißtrauisch zu werden.
    Die Stunden vergingen. Wanda kam nicht zurück. In der Ferne sah ich ab und zu Reiter. Germanische Reiter. Vielleicht suchten sie weiter nach Überlebenden. Für den Sklavenmarkt. Lucia wurde zunehmend unruhiger. Jedes Geräusch ließ mich hochschrecken. Irgendwie saß ich hier fest, inmitten von Leichen. Und Wanda kam nicht zurück. Allmählich beschlich mich ein ziemlich ungutes Gefühl. Mit ihrer Bemerkung, sie sei lieber Sklavin eines Kelten als Sklavin eines germanischen Sueben, hatte sie mich vielleicht bloß in Sicherheit wiegen wollen. Es gab doch noch was anderes, als Sklavin zu sein. Die Freiheit! Und mit all den Geldbeuteln, die sie den Toten abgenommen hatte, war sie eine reiche Frau. Sie hatte mich ganz einfach im Stich gelassen!
    Die Erkenntnis traf mich wie ein Stein. Plötzlich hatte ich das Gefühl, beobachtet zu werden, ich glaubte zu spüren, wie irgendwo ein Pfeil aufgelegt wurde. Vor lauter Angst begann ich in der Ferne wabernde Gestalten zu erkennen, die sich plötzlich wieder in Luft auflösten. Jeder Ast schien sich in den Schwertarm eines Germanen zu verwandeln, und in jedem Dickicht schien sich die schwarzbemalte Brust eines suebischen Kriegers abzuzeichnen. Ich mußte von hier verschwinden. Richtung Süden. Wie besoffen irrte ich über das Schlachtfeld, stürzte, rappelte mich hoch und humpelte weiter. Überall lagen Menschen, die ich gekannt hatte, mit auseinandergerissenen Leibern, Menschen, die mir Gutes getan hatten, in dunklen Blutlachen, bis auf die nackte Haut gefleddert, Menschen, die ich geliebt hatte, in unmöglichen Verkrümmungen. Im Schlamm. Sie waren auf eigentümliche Art und Weise alle miteinander vereint. In jenem Ausdruck des Schmerzes. Trotzig kämpfte ich mich den Hügel hinauf. Ich weiß nicht, ob ich weinte, weil mich die Erinnerung, die mich mit diesen Menschen verband, bewegte, oder ob ich weinte, weil ich gerührt war, daß sie bereits ins Totenreich unterwegs waren. Ich war wütend auf mich. Wieso hatte ich so lange auf Wanda gewartet? Auf eine Sklavin! Bald würde es dunkel werden. Dann saß ich endgültig fest. Es regnete wieder. Gerade rechtzeitig erreichte ich die letzte Anhöhe. Der Weg, den ich gegangen war, war wenig später eine knöcheltiefe Schlammgrube. Es war, als hätte der Himmel seine Schleusen geöffnet, um uns Menschen wie Ratten zu ersäufen. Von hier aus konnte ich die beiden naßgrauen Täler überblicken. Das eine Tal führte nach Westen, ins Gebiet der keltischen Sequaner, das andere nach Norden, zum Rhenus. Wo einst unser Hof gestanden hatte, war ein schwarzer Fleck in der Landschaft. Rauch. Das Gehöft war vollständig niedergebrannt. Der Regen hatte zu spät eingesetzt. Unser Gehöft war nicht mehr, und das Land, das wir bebaut hatten, war jetzt germanisches Gebiet. Über dem Wald stieg gleichmäßiger Rauch auf. Vermutlich saßen die Germanen an einem großen Lagerfeuer und aßen das gepökelte Schweinefleisch, das wir für unsere Reise aufgespart hatten. Und vermutlich tranken sie auch Onkel Celtillus' Falerner und urinierten an unsere heiligen Baumstatuen.
    Erschöpft setzte ich mich auf einen Felsbrocken und streckte die Beine aus. Der Regen wollte nicht mehr aufhören. Ich weiß nicht, was sich die Götter dabei gedacht haben, aber einige von unseren Göttern sind boshaft und haben nicht mehr im Hirn als Rattenkacke. Meine karierte Wollhose und meine ärmellose Tunika klebten bereits wie eine zweite Haut an meinem Körper. Aber es genügte offenbar nicht, das Nordmeer über unserem Land auszuschütten, nein, die Götter schickten noch eine

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