Cäsars Druide
eisige Brise hinterher, die mich steif und unbeweglich wie einen Bleibarren aus Carthago Nova machte.
»Was meinst du, Lucia? Fällt dir ein Gott ein, der uns helfen könnte?«
Lucia bewegte sich wie ein trabendes Pferd zu mir herüber und beschnupperte meinen Hals, den mir der Germane vollgekotzt hatte. Irgendwie hatte ich eine Stinkwut in mir.
Selbst wenn ich vier Tage wie ein Verrückter marschierte, was ich ohnehin nicht konnte, würde mich jeder Reiter an einem einzigen Morgen einholen. Ich brauchte für eine Meile fünfmal so lange wie ein nicht gehbehinderter Mensch. Es hatte überhaupt keinen Sinn weiterzugehen. Ich brauchte ein Pferd. Ich wollte mich auf dem erbeuteten Schwert des toten Germanen aufstützen, doch die Spitze bohrte sich sofort in die aufgeweichte Erde, so daß mir nichts anderes übrigblieb, als auf allen vieren durch den lehmigen Brei zu rutschen, während der Regen orkanartig auf mich niederprasselte. Für Leute mit steifen Muskeln ist kalter Regen eine Tortur. Eine Folter! Er schmerzt wie Peitschenhiebe. Aber ich wollte nicht aufgeben, selbst wenn die Götter eiergroße Hagelkörner hinunterschleudern sollten. Ich wollte Richtung Süden, und ich wollte so lange weitergehen, bis ich einen sicheren Hof erreichte, um mir ein Pferd zu kaufen, oder starb. Meine Chancen waren nicht mehr sonderlich gut. Ich wußte es. Die Germanen waren noch in der Nähe. Aber im Gegensatz zu den Römern verstanden es die Germanen nicht, einen Sieg zu nutzen. Auch in dieser Beziehung waren sie uns Kelten recht ähnlich. Wir wollen Spaß und kein Weltreich. Das war meine Chance. Ich schöpfte neue Hoffnung. Im Schlamm stieß ich auf einen Ast. Ich richtete mich auf und versuchte nun so schnell wie möglich den Kamm entlangzugehen. Meine Füße wurden dabei immer schwerer. Jeder Schritt forderte Kraft, um die immer tiefer einsinkenden Füße aus dem Dreck zu ziehen. Riesige Lehmklumpen hingen bereits an meinen Sohlen. Plötzlich blieb ich mit meinem berühmten linken Fuß stecken und verlor erneut das Gleichgewicht. Ich rutschte über eine Böschung und rollte wie ein Faß immer schneller einen nicht mehr endenwollenden glitschigen Abhang hinunter. Ich schlug mit den Knien auf einem Felsen auf und landete schließlich kopfüber in einem Bach. Als hätte ich nicht schon genug Wasser gehabt! Das Wasser war trüb, aber es roch nicht faul. Ich hielt dies für einen aufmunternden Wink unserer Wassergötter. Ich tauchte kurz unter und reinigte meinen Hals. Als ich wieder hochkam, sah ich etwas, das an der Wasseroberfläche auf mich zutrieb. Es war unser Dorfältester Postulus. Er lag mit dem Gesicht nach unten im Wasser. In seinem Rücken steckten vier Pfeile. Offenbar hatte man ihn auf der Flucht niedergestreckt. Ich zog ihn ans Ufer und nahm ihm die Insignien seiner adligen Abstammung ab, den Torques, einen aus massivem Gold gefertigten Halsring. Ich legte Postulus eine griechische Silberdrachme für den Fährmann unter die Zunge. Ich hoffte, Onkel Celtillus würde ihn begleiten und der Fährmann würde ihnen beiden einen Becher Falerner anbieten. Bei insgesamt zwei griechischen Silberdrachmen mußte das einfach drin sein. Am anderen Ufer entdeckte ich die Leiche eines Germanen. In seiner Achselhöhle steckte das Schwert von Postulus. Um mich bei den germanischen Göttern anzubiedern, legte ich auch ihm einen Obolus unter die Zunge. Allerdings nur einen römischen Kupfer-As. Für einen Stehplatz sollte es allemal reichen.
Mein ganzer Körper war von blutigen Schrammen gezeichnet. Das germanische Schwert hatte ich unterwegs verloren, aber Pfeil und Bogen waren mir geblieben. Auch meine beiden Dolche, der Geldbeutel von Onkel Celtillus und der blonde Zopf an meinem Gurt. Instinktiv griff ich nach dem Amulett an meinem Hals. Das Rad des Taranis hing noch an meinem Hals. Ich hielt es fest und erflehte in Gedanken die Hilfe meines Onkels. Aber ich spürte, daß er die Anderswelt noch nicht erreicht hatte. Er war noch unterwegs. Mit dem Fährmann. Zornig blickte ich in den Himmel hinauf, während sich in der Ferne grollend der Donner entlud. Ich stand bis zur Brust im Wasser, und es schüttete immer noch, als wollten mich die Götter umgehend ersäufen.
»Taranis!« brüllte ich, so laut ich konnte. »Hör endlich mit dieser Scheiße auf!«
Feurige Blitze waren die Antwort. Es war Taranis, der seine gezwirnten Donnerkeile auf die Erde schleuderte. War er unzufrieden, weil ich ihm den Kopf des Germanen nicht geopfert
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