Cafe con Leche
Flug
übermannt, ist nicht da.
Wirklich
nicht?
Ich
horche in mich hinein, aber nichts rührt sich. Alles in mir ist entspannt. Fast
unglaublich, denke ich mir. Habe ich doch immer vor jedem Flug mit meiner Angst
gekämpft.
Auch
mit dem Aufzug zu fahren war keine leichte Sache für mich. Ging ich doch lieber
sechs Stockwerke zu Fuß hoch, als den Aufzug zu nehmen. Der könnte ja gerade
dann, wenn ich damit fahre, abstürzen!
Wenn
du angstfreier leben willst, musst du dich deiner Angst stellen !, überzeugte ich mich selber. Und so fragte ich mich eines
Tages: Was fehlt dir, wenn deine Angst nicht mehr da ist?
Nun
ja, vielleicht werde ich dann nicht mehr bemitleidet und keiner spendet mir
Trost, wenn ich so ängstlich im Aufzug stehe und tausend Tode sterbe, war meine
innere Antwort.
Peng!
Das hat gesessen! Also, ich brauche das Mitleid und den Trost anderer?!
Diese
Feststellung war ja nicht gerade so erfrischend für mich! Es hat schon seine
Zeit gedauert, das zu akzeptieren!
Am
Flughafen angekommen, brauchen wir nicht lange zu warten, bis die Reihe an uns
ist. Die Rucksäcke werden aufgegeben und dann geht es durch die
Sicherheitskontrolle.
„Bitte!
Nehmen sie ihren Gürtel von der Hose.”
„Warum
soll ich denn den Gürtel ausziehen?”, ist meine erstaunte Frage.
Kühle
Blicke; keine Antwort!
Ich
ziehe brav meinen Gürtel aus den Hosenschlaufen, während es in meinem Kopf
rattert. Wieso denn der Gürtel?
Ich
frage nochmals nach. Die Antwort: Es kann sich um Sprengstoff in ihrem Gürtel
handeln!
„Mein
Gott!”, sage ich zu Christine. „Wie blauäugig ich doch bin. Würdest du auf
solch eine Idee kommen? Wir leben in einer Welt, die der liebe Gott bestimmt
nicht so wollte!”
Mein
Rucksack und der Gürtel passieren die Röntgenschleuse, der Metalldetektor saust
über meinem Körper und dann können wir einchecken. Was für eine Tortur! Wie
einfallsreich muss man doch für das Böse sein!
Wartend
auf den Flieger, der um 11:00 Uhr startet, verbringen wir die restliche Zeit in
der Wartelounge.
„Mama”,
sagt Chris plötzlich zu mir. „Wir setzen uns im Flugzeug in die hinterste
Reihe!”
„Wieso
denn das?”, frage ich erstaunt.
„Das
ist halt einer der sichersten Plätze. Ich habe darüber einen Bericht im
Fernsehen gesehen und da wurde das gesagt.”
„Ich
dachte, man sitzt an den Ausgangstüren neben den Tragflächen am sicherten”,
sage ich zu ihr. „Aber wenn du meinst, das sei sicherer, setzen wir uns halt
nach hinten.”
Meine
Gedanken beginnen wieder zu rattern. Im Geiste sehe ich mich schon Hilfe
schreiend die große, gelbe Rutsche runter sausen.
Trotzdem
geht es mir immer noch gut! Ich denke an die Sternschnuppe, die ich letzte
Nacht über der Frankfurter Skyline gesehen habe.
Wenn
dies ein Gruß von Gott war, dann wird alles gut !, denke ich mir.
Unser
Flug wird aufgerufen und wir checken ein. Wir ergattern die hinteren letzten
Plätze auf der linken Seite! Das Flugzeug ist in Relation zu einer 747 ziemlich
klein und wird sitzen eng beieinander. Zu meiner rechten gesellt sich ein
junger Bursche, der sein Laptop einschaltet. Dann
endlich schließen die Bordtüren. Die Maschine begibt sich zum Rollfeld. Die
Triebwerke heulen auf, ein Donnern ist zu hören und wir heben wir ab. Chris,
die Flugbegeisterte, sitzt zu meiner linken am Fenster. Zuhause hat sie
tagelang am Computer gehockt und ist immer wieder die Strecke Frankfurt —
Biarritz auf ihrem Flugsimulator geflogen.
„Mama,
jetzt komm doch mal und siehe dir die Landschaft an, die wir überfliegen
werden!”, höre ich sie immer wieder zuhause sagen.
Ich
höre auf zu spülen, gehe zu ihr hin und gucke. Doch dann ruft mich wieder die
Hausarbeit!
„Mama,
da sind die Pyrenäen, nun komm doch! Bleib doch mal hier!”
Ich
schalte den Staubsauger aus, komme brav und gucke mir die Pyrenäen aus 8.000
Meter Flughöhe an.
„Chris,
wenn ich immer gucken soll, werde ich mit meiner Hausarbeit nie fertig”, sage
ich ihr und sauge weiter.
Doch
nun ist es wirklich soweit! Wir fliegen! Wie ein kleines Kind schaue ich
erstaunt aus dem Fenster und höre mich aufgeregt sagen: „Oh, schau mal da! Guck
mal die Felder und siehst du das Flugzeug unter uns?”
Ich
bin ergriffen. All das, was auf Christines Flugzeugsimulator zu sehen war,
verfolge ich nun aus dem kleinen Flugzeugfenster.
Nach
circa anderthalb Stunden sind die Pyrenäen links von uns zu sehen. Die Maschine
geht in den Sinkflug. Rums! Das Flugzeug setzt auf! Wir sind
Weitere Kostenlose Bücher