Café der Nacht (German Edition)
schließlich der minimalistische, schlampige Verhau, der Monroe gehörte. Seine gesamte Einrichtung bestand aus einem Regalbrett für Bücher, deren Hauptbestand jedoch kreuz und quer auf dem Fußboden herumlag, und einer Matratze. Niemand wusste so genau, was mit dem Rest der Möbel geschehen war. Er kam nur gelegentlich vorbei, um dort zu schlafen oder seine Kleidung zu wechseln. Vor zwei Uhr nachmittags war er nie anzutreffen, und keine Krähe der Welt, ob sprechend oder nicht, hätte es gewagt, ihn aus den Federn zu werfen.
Als Maxim sich unten im noch spärlich besuchten Kaffeehaus einfand, wurde er von Donna, nicht minder charmant als am Vorabend, prompt wieder hinunter in die Kneipe gescheucht. Es war ihm unendlich peinlich, an seinem ersten Arbeitstag verschlafen zu haben. Rufus stand hinter dem Tresen und war damit beschäftigt, einen Lieferschein durchzusehen. In einer Ecke des Raumes stapelte sich ein Berg von Kartons und Getränkekisten.
„Gut geschlafen?“, fragte er nicht unfreundlich und sah nur kurz auf, als Maxim sich zu ihm gesellte.
„Tut mir leid, dass ich erst jetzt ...“
„Keine Panik, du fängst erst heute Abend an. Wundert mich, dich um die Zeit schon hier zu sehen.“
Maxim war schwer erleichtert. „Eine Krähe hat mich geweckt.“ Seine verwunderte Stimme ließ den Barkeeper flüchtig lächeln.
„Das war Schabernack. Sie gehört Dela. Lass dich von ihr nicht tyrannisieren, das macht sie gerne.“
„Aber wie ist sie in mein Zimmer gekommen?“
Rufus grinste leicht. „Da hat sich wohl jemand einen Scherz erlaubt. Ein Willkommensgruß.“
„Na prima.“ Noch immer etwas verloren in der fremden Umgebung, unterdrückte Maxim ein Gähnen und erklomm vorsichtig einen Barhocker. „Wobei kann ich dir helfen?“
Rufus trat zur Kaffeemaschine. „Erst mal trinkst du einen Kaffee, dann sehen wir weiter.“ Er stellte einen herrlich dampfenden Becher vor ihm ab. Dankbar nahm Maxim ihn auf und wärmte seine Finger an dem seidenglatten Porzellan. Es war erdig kühl im menschenleeren Gewölbe.
„Keine Sorge, das ist alles halb so wild hier. Ich hab so ein Gefühl, dass dir der Job Spaß machen wird.“
„Wie lange arbeitest du schon hier?“
Rufus lächelte und schüttelte den Kopf. „Viel zu lange. Aber ich komme einfach nicht von hier los.“
* * *
Im Kaffeehaus gab es zwischen elf und fünfzehn Uhr ein einfaches, deftiges Gericht für die hungernden Künstler der Gegend und die Pensionsbewohner. Maxim genoss es, anstelle von anspruchsvoller Nouvelle Cuisine eine simple Gulaschsuppe mit einer Scheibe Brot zu verdrücken. Das, so dachte er zufrieden, war das wirkliche Leben.
„Darf ich?“
Maxim sah auf. Merlyn war lächelnd an seinen Tisch getreten. „Oh, natürlich.“
Sein Mitbewohner stellte vorsichtig einen Becher Darjeeling ab und ließ sich nieder. Schwarzteeduft zog Maxim angenehm in die Nase.
„Erster Arbeitstag. Bist du aufgeregt?“
„Schrecklich. Es ist mein allererster Job.“
„Wirklich? Mach dir keine Gedanken. Rufus hat eine Engelsgeduld. Egal, was kommt, versuch einfach, einen kühlen Kopf zu bewahren.“ Die gut gemeinten Worte waren eher weniger geeignet, um Maxims Nerven zu beruhigen. Egal, was kam? Was konnte denn alles passieren in der Kellerkneipe? Doch er entschied sich, dass er das im Augenblick lieber gar nicht so genau wissen wollte.
„Post!“ Donna warf im Vorbeilaufen missmutig einen Brief und einen dicken Umschlag vor Merlyn auf den Tisch.
„Danke, Süße!“, rief er ihr gutgelaunt hinterher.
Sie ignorierte ihn, bereits wieder hinter der Theke, wo sie ihre eigenen Briefe durchsah, die sie sogleich allesamt in den Papierkorb beförderte. Merlyn beobachtete dies mit mitfühlendem Blick. „War wohl wieder nichts dabei.“
„Was denn?“
„Sie möchte einen Bildband veröffentlichen. Sie ist wirklich eine ausgezeichnete Fotografin. Sehr abgründig und gewagt. Aber die Verlage stehen eher auf nette Tieraufnahmen und Ferienlandschaften.“
„Das tut mir leid für sie.“
„Was sie bräuchte, ist ein guter Agent.“
Das Kätzchen hatte die Worte beim Servieren am Nachbartisch mitgehört und blickte Merlyn gelangweilt kaugummikauend an. „Na, viel Erfolg. Selbst wenn sie kein Ex-Knacki wäre, wer will schon mit diesem Biest zusammenarbeiten?“
Merlyn warf ihr einen missbilligenden Blick zu. „Jeder verdient eine Chance.“
„Ach ja? Du weißt ja noch nicht mal, wofür sie gesessen hat. Ich trau der alles
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