Café Luna: Verbotenes Glück
zu sein, interessierte es ihn auch nicht besonders. Womöglich war es die Langweile ihres eigenen ziellosen Lebens. Vielleicht fand sie es auch schlicht und einfach nur amüsant, mit dem Sohn des größten Konkurrenten das Bett zu teilen. Oder hinter ihrer Liaison stand der Plan, ihn auszuspionieren. In dem Fall hätte sie allerdings im Voraus bezahlt, und dazu war sie zu gerissen. Nachdenklich blickte er sie an.
„Was ist los?“, wollte sie wissen. Daniel zuckte entschuldigend mit den Schultern. „Ich hab nur eben daran gedacht, dass ich noch den Wecker stellen muss – meine Großmutter hat uns alle morgen früh um sieben zu sich in die Reha-Klinik bestellt.“ Er stellte die Weckfunktion seiner Bang-and-Olufsen-Stereoanlage ein. Noch fünf Stunden Schlaf.
„Mach doch einfach blau“, schlug sie ihm vor, sie verstand sowieso nicht, warum er sich von seiner Großmutter so herumschubsen ließ. Immerhin war er Miteigner der Firma. Sein Vater hatte ihm Anteile hinterlassen.
Daniel seufzte: „Ich wünschte, ich könnte, aber diesmal ist es wirklich wichtig. Irgendjemand sabotiert uns.“
„Was?“ Katharina stützte sich auf die Ellenbogen und sah tatsächlich interessiert aus.
„Wir haben einen Spion in der Firma“, erklärte Daniel missmutig. Dinge, die die Welt nicht brauchte. Wenn Hansen Kaffee nun den Bach runterging, konnte er seine Anteile vergessen. Dann wären die kaum mehr was wert. Überrascht hörte er, wie Katharina erheitert kicherte.
„Einen Spion?“, fragte sie gut gelaunt. „Was gibt es da denn schon auszuspionieren? Die vermutlich gähnend langweiligen Vorlieben deiner spießigen Halbschwester? Oder hat mein sauberes Brüderchen etwa Hochprozentigen in der Schublade?“
War sie wirklich so naiv, oder tat sie das jetzt nur, um ihn aufzumuntern?
Den Ernst der Lage schien sie jedenfalls nicht zu erkennen. Daniel setzte sich auf und erklärte: „Darum geht es doch nicht, es wurden Firmeninterna verraten. Preise, Verträge, eben alles, was man so braucht, um ein Geschäft zu vermasseln.“
Mit dieser Erklärung schien Katharinas Interesse rapide zu schwinden. Wegwerfend fand sie: „Das sind nun mal die Gesetze der Marktwirtschaft. Der Stärkere siegt. Oder der Geschicktere. Dumm, wer versucht, gegen den Strom zu schwimmen. Ich persönlich finde ja immer, Käuflichkeit ist eine Frage des Preises, nicht der Moralität. Und wer was anderes behauptet, lügt!“
Daniel schwieg. Unschuldig sah sie ihn an. Ihre Lebensphilosophie war klar umrissen, und wer damit nicht klarkam, der musste sich eben eine andere Gespielin suchen.
„Vielleicht solltest du dir das auch mal überlegen“, feixte sie herausfordernd und fuhr mit der Fingerspitze aufreizend über seine nackte Brust. „Oder hat dich meine Mutter etwa schon an der Angel?“
Claus von Heidenthal knipste die alberne Leselampe im Wohnzimmer an und sah sich um. Seine Frau hatte diese Scheußlichkeit aus Tiffanyglas irgendwann erstanden, als es gerade hochmodern war und niemand, der etwas auf sich hielt, darauf verzichten konnte. Amüsiert gab er den Perlenfransen einen kleinen Stoß und beobachtete, wie die bunten Lichter an der Wand tanzten. Unterbrochen von den bleifarbenen Einfassungen stakste eine Art grüner Pelikan durch eine unwahrscheinlich farbenfrohe Hügellandschaft, die anscheinend ansonsten nur von Schmetterlingen bevölkert war. Armer Pelikan. Der fraß doch Fisch, oder? Oder war das Ganze zu allem Überfluss auch noch eine Art Metapher. Was idyllisch aussieht, muss noch lange nicht paradiesisch sein? Der Pelikan jedenfalls würde kaum eine Woche dort überleben … Wie auch immer, das Licht, das das gute Stück machte, war weich, nicht zu grell und gerade hell genug, um zu lesen. Claus packte das Buch aus, das er gekauft hatte, weil es ihm von Christine begeistert empfohlen worden war. Nun wollte er wissen, was sie zu einer derartigen Begeisterung hingerissen hatte. Er blätterte durch die Seiten und lächelte vor sich hin.
Claus war bereits beim vierten Kapitel – ja, dieses Buch war tatsächlich so mitreißend, wie Christine es geschildert hatte –, als Valerie durch die Tür ihres Arbeitszimmers trat und bei seinem Anblick erstaunt stehen blieb. „Was machst du denn noch hier?“, fragte sie barsch, während sie die Mappe schloss, die sie in den Händen hielt. Ob sie wohl mit den wichtigsten Unterlagen unter dem Kopfkissen schlief? Und ob sich in dieser Mappe auch die Dokumente befanden, mit denen sie ihn
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