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Café Wichtig - Herzblatt-Casting und mehr. Satirische Texte über Liebe und Freundschaft.

Café Wichtig - Herzblatt-Casting und mehr. Satirische Texte über Liebe und Freundschaft.

Titel: Café Wichtig - Herzblatt-Casting und mehr. Satirische Texte über Liebe und Freundschaft. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Korten
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Kleiderordnungshinweisschild Folge zu leisten, betreten unverhüllte Schlabberarme und großzügige Walküren-Dekolletees in Begleitung tätowierter Plauzenbataillone den Frühstücksraum und kämpfen am Durchlauftoaster um jede Scheibe Weißbrot. Vor der Rührei- und Omelett-Mamsell treffen sie auf Jo und sehen sie voller Mitleid an.
    Ja! Guckt nur. Ich weiß, dass an mir weniger Fett ist als an einer Haarnadel , denkt Jo.
    Nach dem Frühstück sucht Jo ein schattiges Plätzchen am Pool mit Blick aufs Meer und wird fündig. Sie wollte zwar einen Billigbildungsurlaub am Strand mit Herzschmerz-Lektüre, aber es gab keinen Strand in unmittelbarer Nähe.
    Jo vertieft sich in ein Liebesdrama und blickt auf, als sie ein Geräusch hört. Great Britain macht es sich auf der Sonnenliege Marke XXXL bequem: weibliche Butterberge, die unter den Achselhöhlen anfangen, und Hinterteile, die in keine Korbsessel passen: Körperfülle jenseits von Kleidergröße 60. Es gibt aber auch Dinge beim Mann, die sich im Lauf der Zeit leider verlieren , denkt Jo beim Anblick des anderen Geschlechts. Mann wächst an der falschen Stelle. Auf den Liegen aalen sich jene, die sich nicht fragen, welcher Bauch-Typ sie sind und wie sie ihre Vorderseite um einige Zentimeter reduzieren könnten.
    Tom hat schon immer behauptet, dass sich im Sommer die Bayreuther Walküren auf die Balearen verlagern , geht es Jo durch den Kopf. Wagner spielt hier aber nicht die erste Geige, sondern Dieter Bohlens ehemalige DSDS-Kandidaten, die am Pool ihre Liedchen trällern. Auch hat Jo nicht damit gerechnet, dass All-inclusive-Briten um die Mittagszeit nach reichlich Sangria, Whisky und Bier schattige Plätzchen aufsuchen, um dort lauthals God save the Queen zu singen. Die Hymne wird abrupt abgelöst von „Oh my dear!“, sobald die Liegen den Massen nicht mehr standhalten und zusammenkrachen.
    Jo starrt die Inselnachbarn mit offenem Mund an und ein fliegendes Etwas verirrt sich in ihren Gaumen. Sie bekommt eine Hustenattacke. Halb England steht auf und eilt herbei. Große Hände klopfen Jo auf den Rücken, bis das „Ufo“ wieder Rachen und Mundhöhle verlässt und summ-summ in Freiheit davonfliegt. Danach reicht man Jo Bier und Whisky – zum Desinfizieren. Eine Stunde später singt auch sie God save the Queen .
    Billigbildungsurlaub ist gar nicht so schlecht. Er kann einem das Leben retten.
    Jos Gesang ließ einen sympathischen Hotelgast von seiner Lektüre aufblicken. Er wurde ihr Herzblatt und ist heute mit Jo verheiratet.

C urriculum V itae für ein H erzblatt

    Wie bewirbt sich Frau um Mann?
     
    Sternzeichen: Waage.
    Mein Name ist Klara Rose-Blum und ich gehe mit feuchtem Dackelblick durchs Leben. In meiner Sternkonstellation verbergen sich viele Monde: der demente Herr Habgenug, zwei Söhne, Enkelkinder, meine Eltern, meine Schwester, Käthe Bonsai, Holly Lander, Sue-Ellen Forsch, der Golfclub, halb Mausheim sowie diese Nervensäge Rhett Butler. Ich betreibe aufgrund dieser Konstellation ein Institut für kostenlose Telefonseelsorge, was gerne in Anspruch genommen wird, mal mehr, mal weniger. Auch bin ich eine Dienerin – besonders im Urlaub. Dort bin ich das Mädchen für alles – ohne Trinkgeldanspruch. Das beginnt bereits am Flughafen. Ich bin der Packesel und kümmere mich um das Gepäck meiner Freunde. Am Pool reserviere ich morgens um fünf Uhr die Liegen, schleppe die Auflagen herbei und besorge für Käthe Bonsai diverse Drogen aus der Apotheke.
     
    Männer: hm …
    Ich liebe die Beständigkeit. Über die Anzahl meiner Männer reden wir wohl besser nicht.
     
    Rituale: viele!
    Nach dem Aufstehen verschwinde ich ins Badezimmer, schalte dort mein Handy ein und lese wichtige Nachrichten. Dann wasche ich das Haar, dusche, trage eine Joghurtmaske auf und versehe meine Mähne mit diversen Rundbürsten. Anschließend koche ich Kaffee, decke den Tisch, gehe an den Kühlschrank und kröne meine Joghurtmaske mit einigen Gurken. Irgendetwas davon gelangt immer ins Auge.
    Mit diesem morgendlichen Outfit wecke ich meine Übernachtungsgäste. Bei einem „Guten Morgen“ bleibt es in der Regel nicht, die Gäste werden geküsst und kommen dabei ebenfalls in den Genuss von Joghurt oder einer Gurke. Vorsicht! Joghurt und Gurken sind wahre Übeltäter, wenn sie ins Auge gelangen. Oder wollen sie auch mit feuchten Augen durch die Stadt rennen?
    Dann ertönt die Stimme meiner Herrin: Meine Mutter steht im Treppenhaus, um ihrer Tochter unmissverständlich

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