Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Café Wichtig - Herzblatt-Casting und mehr. Satirische Texte über Liebe und Freundschaft.

Café Wichtig - Herzblatt-Casting und mehr. Satirische Texte über Liebe und Freundschaft.

Titel: Café Wichtig - Herzblatt-Casting und mehr. Satirische Texte über Liebe und Freundschaft. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Korten
Vom Netzwerk:
verhindern?“
    Mit offenem Mund starrte Sue-Ellen Käthe an und nicht einmal ein „Wat is dat denn?“ kam über ihre Lippen.
    Klara Rose-Blum lief an diesem Abend mit einem offenherzigen Dekollet ee herum, und ihre Halskette – ein Kreuz des Südens, das an Fluch der Karibik erinnerte – umspielte ihr Brustbein. Sie beschwerte sich über den Blick von Rhett Butler, der ihr in den Ausschnitt starrte und grinste: „Hast du neue Peeptoe-Schuhe?“
    Klara, du alte Heuchlerin. Mädels, die Wonderbras tragen und tiefe Dekolletés zeigen, verlieren das Recht, sich zu beschweren, dass sie angestarrt werden! Aber dieses Outfit war immerhin erträglich. Käthes Trachtenlook hingegen wurde an diesem Abend „schöngetrunken“.
    Was aber bringt am nächsten Morgen ein Gespräch beim gemeinsamen Katerfrühstück in Gang? Na klar: Klamotten! Das klappt immer und bringt die Vertrautheit vom Vorabend wieder zurück. Holly weigerte sich allerdings, Sue-Ellens Meinung zum Thema Mode zu kommentieren. Erst sollte sie mal ihre T-Shirts bügeln. Tat sie auch prompt.
    Danach war ein Besuch bei Herrn Habgenug in der Alzheimer-Klinik geplant. Er erkannte uns an unserer Haarfarbe, die uns ein Begrüßungsbussi einbrachte – ein schönes Gefühl. Als wir mit ihm zu einem Spaziergang aufbrachen, blieb er im Korridor vor dem Spiegel stehen und behauptete, den Mann im Spiegel zu kennen.
    „Ein Kollege von der Sparkasse“, sagte er und lächelte vergnügt. Dann machte er uns auf eine ältere Dame aufmerksam, die ihn freundlich begrüßte. Er zeigte ihr jedoch den Stinkefinger und meinte, dass die Menschen dieser Station alle verrückt seien. Als wir nach unserem Spaziergang an der alten Dame vorbeikamen, sprach sie nun mit ihrem Spiegelbild und erzählte ihm, dass ihr verstorbener Erich Ähnlichkeiten mit dem Stinkefinger-Frauenschwarm hätte. Oh … Erich war also ein Schwerenöter.
    Die Situation erinnert uns zwangsläufig an den Film „Einer flog über das Kuckucksnest“. Der Spiegel ist ein akzeptabler Kommunikator für Demenz-Kranke, denn er gibt niemals Widerworte. Und im Umgang mit Alzheimer-Patienten lautet das oberste Gebot: Widersprich niemals. Als wir uns von Herrn Habgenug verabschiedeten, ahnten wir, dass es ein Abschied für immer sein würde.
    Die zweite Station in dieser Woche war ein Ayurveda-Hotel in Affental. Kennen Sie das? Sie betreten ein Hotel – ein altes Gemäuer – und glauben, Sie befänden sich in einer Gruft. Statt Ayurveda sei Probeliegen auf dem Friedhof angesagt. Nach der ersten Anwendung war Sue-Ellen rot gescheckt. „Altersgruft, keine Fitness, nix! Hier stinkt's“, meckerte sie. „Wat is dat denn? Hier bleib ich nicht! Basta. Diese Esoterikfreaks haben alle einen Schuss!“ Resolut packte sie wieder ihre Koffer.
    Aber wie kommt man kostengünstig aus einem Arrangement wieder raus? Holly hat für solche Fälle immer eine wirksame Lösung. Irgendjemand in der Verwandtschaft muss dann dran glauben. Holly ist wirklich gut darin, Familienmitglieder sterben zu lassen, wenn ihr ein Hotel nicht gefällt. Sie holt den verstorbenen Onkel oder die Tante aus ihrem Grab und lässt sie erneut einem Unfalltod sterben.
    „Sag, sie sind alle beim Verkehrsunfall ums Leben gekommen! Bloß weg hier!“ Alle sind aber eindeutig einige zu viel. Eine Tante tat es auch. Sue-Ellen konnte es kaum erwarten, den Ort des blanken Horrors zu verlassen und hatte es so eilig, dass sie vergaß, ihre Koffer ins Auto zu legen.
    O Mann!
    Was macht man, wenn drei frustrierte Tage hinter einem liegen? Man geht ins „Café Wichtig“. Sue-Ellen, noch immer rot gescheckt von Ayurveda, brachte uns Aftersun-Bemerkungen ein: „Mann, habt ihr aber Farbe bekommen!“
    Sollen wir sagen, dass es Ruß ist, Sue-Ellen?
    Wir zogen von dannen, ab ins Kino, aber ... Nach fünfzehn Minuten Langeweile in „Lost in Translation“ und fünfzehn weiteren mit „Cold Mountain“ kam endlich der Aufschrei: „Wat is dat denn?“
    „In einem Kinosaal läuft noch ein Film mit Jack Nicholson“, antwortete Holly kleinlaut. Gott sei Dank. Der Abend war gerettet. Sue-Ellen mag Jack Nicholson.
    Am Freitag fuhr Holly mit Sue-Ellen nach Den Haag. Eine blöde Idee, eine wirklich blöde Idee, denn draußen herrschte das reinste Winterchaos. Den Haag sollte Sue-Ellen entschädigen, mit seinen Museen, die mit Treppen ausgestattet sind, die zu Höfen werden. Diese führen wiederum zu
    Zimmern. Es sind lauschige, in „Hofjes“ versteckte gartenartige Höfe. Und

Weitere Kostenlose Bücher