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Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf

Titel: Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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einem guten Gedächtnis und etwas Phantasie wären sie rasch dahinter gekommen. Statt dessen starrten sie auf Xantippus und warteten auf einen Geistesblitz von ihm. Aber Xantippus hatte keinen.
    Draußen wurde es schon dämmerig, und heftige Windstöße rüttelten an den Fensterläden. Nun fing es auch noch an zu gießen. Antonius ging zum Fenster und schielte besorgt zum Himmel hinauf; seine Toga war noch immer nicht trocken von der unfreiwilligen Dusche, die er vorhin empfangen hatte. Plötzlich duckte er sich und rief unterdrückt: „Dort drüben geht Tellus!"
19. Kapitel
Ein Millionär geht nicht selber Brötchen kaufen
    „Wo?" riefen die andern aufgeregt und wollten zum Fenster laufen, doch Antonius rief hastig: „Duckt euch, damit er euch nicht sieht!"
    Sie warfen sich rasch auf den Boden, krochen zum Fenster und lugten vorsichtig über den Rand weg. Auch Xantippus war aufgesprungen und schlich an der Wand lang zum Fenster hin. „Wo ist Tellus?" fragte er.
    „Dort drüben!" flüsterte Antonius.
    Auf der andern Seite der Straße ging ein kleiner, dicker Mann mit raschen Schritten in der Richtung zum Forum. Er trug einen Mantel mit Kapuze, die er über den Kopf gezogen hatte, und man sah, daß er gegen den Wind und Regen anzukämpfen hatte.
    „Woher weißt du, daß es Tellus ist?" fragte Mucius gedämpft.
    „Ich hab' ihn sofort erkannt", sagte Antonius. „Die Kapuze war ihm einen Moment vom Kopf geweht, und ich habe seine Glatze und die Narbe gesehen. Er ist es bestimmt. Er hat auch hier rübergeschaut, aber er hat mich nicht gesehen."
    „Er geht wahrscheinlich zu Lukos", murmelte Xantippus.
    Aber Tellus ging an Lukos' Haus vorbei und blieb drei Häuser weiter vor einem Bäckerladen stehen. Er drehte sich um und fixierte eine Weile die Xanthosschule, dann verschwand er im Bäckerladen.
    „Tellus kauft Brötchen!" rief Flavius erstaunt.
    Xantippus humpelte zu seinem Bett, setzte sich drauf und rieb stöhnend sein Bein. Er war zu hastig aufgesprungen und hatte es sich dabei wieder verletzt. Die Jungen schauten sich verwundert nach ihm um, aber er beruhigte sich, rief sie zu sich heran und sagte: „Ein Millionär geht nicht selber Brötchen kaufen. Er geht auch fast niemals ohne seine Sklaven und Anhänger aus. Das ist alles sehr verdächtig. Vielleicht hat er das Verschwinden seines Mantels und der Kette entdeckt und trifft sich heimlich dort mit jemand."
    „Mit dem roten Wolf!" rief Antonius.
    Xantippus zuckte die Achseln. „Mit wem es auch immer sei, es wäre interessant für uns, zu erfahren, was er dort tut." „Ich lauf' hinüber und schau' nach", schlug Mucius vor. „Nein", sagte Xantippus. „Es wäre gefährlich, allein zu gehen.
    Ein in die Enge getriebener Verbrecher schreckt vor keiner Gewalttat zurück. Es ist besser, ihr geht alle zusammen; ihr seid sechs, da kann euch nichts passieren. Aber haltet euch ständig dicht beieinander und paßt gut auf! Wenn man euch bedroht, rückt aus! Ich wünsche keinen unnötigen Heroismus!"
    Mucius, Antonius, Caius und Julius rannten begeistert los. Publius folgte ihnen mit spöttischem Grinsen. Er hielt nichts von dem ganzen Unternehmen. Flavius bildete wie gewöhnlich die Nachhut.
    Der Fahrdamm war durch den Wolkenbruch in kurzer Zeit in einen reißenden Bach verwandelt worden. Die Jungen hüpften über die dicken, erhöhten Steine, die in regelmäßigen Abständen von einem Bürgersteig zum andern hinüber führten und als Notbrücken bei starken Regenfällen dienten, und stürmten in den Bäckerladen wie die Perser in den Paß der Thermopylen.
    Der Bäcker, der gerade über einen Trog gebeugt neben dem Ofen Teig knetete, blickte sich erstaunt um. „He, seid ihr verrückt geworden?" rief er gutmütig. „"Wollt ihr Karthago zum zweitenmal erobern? Oder ist die Schule aus?" Er kannte die Jungen. Sie waren gute Kunden. In der Frühstückspause kauften sie manchmal ganze Berge von Brötchen und Keksen.
    Tellus war nicht zu sehen. Die Jungen liefen in alle Ecken und suchten den Laden nach ihm ab. Der Bäcker schaute ihnen verblüfft zu.
    „Wo ist der kleine, dicke Mann geblieben, der mit dem Mantel und der Kapuze?" fragte Mucius erhitzt. Der Bäcker lachte. „Ach, den meint ihr!" antwortete er und zeigte auf eine Tür im Hintergrund. „Der ist soeben da rausgegangen."
    „Wieso? Was macht er da?" riefen Julius und Mucius gleichzeitig.
    „Komischer Kauz, der", sagte der Bäcker. Er streifte den Teig von seinen Armen, warf ihn in den Trog zurück und

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