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Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf

Titel: Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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knetete wieder drauflos. „Der kommt drei- oder viermal in der Woche hier durch. Er kommt vorne rein und geht hinten raus."
    „Warum?" riefen die Jungen erstaunt. Der Bäcker zog die Schultern hoch. „Ich will Zacharias heißen, wenn ich das wüßte", sagte er. „Du lügst!" schrie Mucius ihn an. Er konnte sich das erlauben, denn der Bäcker war sanft wie ein Lamm.
    „Beim Geist meines toten Vaters, ich schwöre!" beteuerte der Bäcker. „Ich weiß es nicht. Was geht's mich auch an. Er gibt mir hundert Sesterzen im Monat dafür. Hat mehr Geld, als ich je Brötchen gebacken habe. Ich hab' ihn nur einmal gefragt: ,He, du Kapuzenritter, wo gehst du eigentlich immer hin?'Da hat er plötzlich ein Schwert unter dem Mantel hervorgezogen, hat mich angeschaut wie der Höllenhund Cerberus und hat gesagt: ,Wenn dir dein Leben lieb ist, kümmere dich nicht drum!' Seitdem kümmere ich mich nicht drum. Mein Leben ist mir lieb, obwohl ich mich totrackern muß, um es zu verdienen. Ich hab' eine Familie zu ernähren, und hundert Sesterzen sind kein ausgespuckter Dattelkern."
    Das sahen die Jungen ein. Sie starrten auf die Hintertür in der dunklen Ecke.
    „Wann kommt er zurück?" fragte Julius.
    „Zurück?" fragte der Bäcker verdutzt. „Bei Pluto! Zurück ist er noch nie gekommen. Er kommt vorne rein, geht hinten raus, aber nie umgekehrt. Ulkig, das ist mir bisher noch nie aufgefallen." Mucius ging langsam auf die Hintertür zu. „Was ist denn da hinten?" fragte er.
    „Nichts", sagte der Bäcker. „Da ist der Laden zu Ende."
    „Irgend etwas muß doch da sein", sagte Mucius und öffnete vorsichtig die Tür ein bißchen. „Steck lieber nicht den Kopf raus!" rief der Bäcker. „Nachher haut er ihn dir mit seinem Schwert ab."
    Aber Mucius zeigte keine Angst. Er machte die Tür weiter auf, beugte sich vor und schaute nach links und rechts. Die andern waren hinter ihn getreten und quetschten sich zusammen, um auch etwas zu sehen. Vor ihnen in der grauen Abenddämmerung lag ein kahler Hof. Ungefähr zehn bis zwölf Schritte entfernt, erhob sich eine hohe Mauer. Dahinter mußte das Marsfeld sein, denn über dem Mauerrand konnte man die Wipfel vieler Zypressen sehen, die im Winde hin und her schwankten. Zur Rechten sprang die Wand des Nachbarhauses etwas zurück, so daß sie nicht sehen konnten, wo der Hof aufhörte.
    „Man sollte auf jeden Fall um die Ecke schauen", sagte Mucius.
    „Das könnte nichts schaden", murmelte Julius.
    „Kommt!" sagte Mucius. Sie zogen die Togen schützend über die Köpfe und traten in den Regen hinaus. Dann lugten sie um den Vorsprung und sahen, daß der Hof bis zu einem hohen, massigen Gebäude ging, das quer zu den andern Häusern stand. Es war niemand zu sehen, und die Jungen drangen kühn weiter vor. Sie schlichen an den Hausmauern lang, ohne sich von den tiefen Pfützen aufhalten zu lassen. Auf nasse Füße, Schnupfen und solche Unwichtigkeiten konnten sie jetzt keine Rücksicht nehmen. Sie waren auch viel zu aufgeregt. Sie wunderten sich, wo Tellus geblieben sein konnte. Die niedrigen Häuser, die an den Bäckerladen grenzten, hatten nach hinten raus weder Türen noch Fenster. Hier konnte Tellus nirgendwo reingegangen sein. Aber dann kam ein turmähnliches Haus aus dicken Steinquadern, das die ein- und zweistöckigen Läden weit überragte, und die Jungen wußten sofort, daß es Lukos' Haus war. Links davon lag das gleichhohe, massige Dianabad. Zwischen den beiden Gebäuden gähnte eine enge, finstere Schlucht, und aus Lukos' Haus fiel ein rechteckiger Lichtfleck über den Pfad und auf die Wand des Dianabades.
    „Bei Lukos steht eine Tür offen", flüsterte Julius.
    „Wartet!" wisperte Antonius und kroch auf Händen und Füßen bis zum Rande des Lichtfleckes hin. Dort legte er sich flach auf den Boden und lugte über die Türschwelle. Er zog hastig den Kopf ein und kam rückwärts zurück gekrochen.
    „Tellus sitzt drin!" berichtete er.
    „Was tut er?" fragte Mucius leise.
    „Nichts", sagte Antonius.
    „Wo ist Lukos?" fragte Flavius ängstlich.
    „Den hab' ich nicht gesehen", erwiderte Antonius.
    Die Jungen wußten nicht recht weiter. Sie konnten sich unmöglich vor der Tür aufpflanzen, ohne von Tellus gesehen zu werden. Sie starrten unschlüssig in die dunkle Schlucht und wollten weder vor noch zurück. Doch nun entdeckten sie ein paar ganz feine, schwache Lichtstreifen in der Mauer auf halbem Wege zwischen ihrem Beobachtungsposten und der Tür. Mucius schlich hin, dann winkte er

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