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Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf

Titel: Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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den andern, ihm zu folgen. Aber er hielt warnend den Finger auf den Mund.
    Die Lichtstreifen kamen aus einem Fenster, das mit dicken Brettern vernagelt war. Zwischen den Brettern waren Ritzen, und die Jungen preßten ihre Gesichter gegen das feuchte Holz und spähten hindurch. Dahinter war das Fenster mit Eisenstangen vergittert, aber sie konnten direkt in das große Gewölbe hineinsehen, in dem Lukos sie empfangen hatte. Es war noch düsterer als damals; im Kamin brannte kein Feuer, und auch die schauerlichen Masken an den Säulen leuchteten nicht. Nur auf dem Tisch, hinter dem Lukos gesessen hatte, stand eine trübe brennende Laterne, deren Schein nicht weit reichte. Die Decke und die entfernten Winkel waren in tiefe Schatten gehüllt. Auf dem Tisch sahen die Jungen den Korb mit den Schlangen stehen, aber er war diesmal zugedeckt. Daneben lag ein kurzes, breites Schwert.
    Tellus saß auf einem Hocker und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Sein Mantel lag neben ihm auf dem Boden. Tellus schien auf etwas zu warten, denn er lauschte manchmal mit schief gehaltenem Kopf und seufzte hin und wieder.
    „Er wartet auf Lukos", hauchte Flavius.
    Doch Tellus sprang plötzlich auf, durchquerte mit raschen Schritten das Gewölbe und verschwand hinter einem Vorhang, der quer vor einer Wandnische hing.
    „Da ist noch ein Zimmer", sagte Caius.
    „Da wird Lukos drin sein", erklärte Mucius.
    „Oder der rote Wolf", sagte Antonius.
    „Wenn wir nur hören könnten, was sie reden", sagte Mucius ungeduldig. Aber Tellus und Lukos blieben hinter dem Vorhang. Die Jungen konnten jetzt jemand reden hören, aber nichts verstehen. „Ich schleiche mich hin und lausche", sagte Mucius tollkühn.
    „Ich komme mit", sagte Caius sofort.
    „Ich auch", sagte Antonius.
    „Xantippus hat befohlen, daß wir alle zusammenbleiben sollen", jammerte Flavius.
    „Gut", sagte Mucius. „Zieht eure Sandalen aus! Wenn wir das kleinste Geräusch machen, sind wir verloren. Haltet euch dicht hinter mir! Wenn ich rufe: .Achtung!', laufen wir raus und durch den Bäckerladen auf die Straße."
    Sie streiften rasch ihre Sandalen ab, häuften sie an der Mauer auf und pirschten sich zur Tür. Dann starrten sie in das Gewölbe hinein. Es war leer, und Mucius wagte sich als erster über die Schwelle. Er ging auf Zehenspitzen, ganz langsam ein Bein vor das andere setzend und mit den Armen balancierend, auf den Vorhang zu. Hin und wieder verharrte er regungslos und lauschte. Die anderen taten wie er. Schließlich erreichten sie den Vorhang und blieben mit angehaltenem Atem davor stehen. Ein klirrendes, metallenes Geräusch ertönte dahinter, das sie sich nicht erklären konnten, und eine heisere Stimme murmelte undeutlich: „Hundert, zweihundert, dreihundert ... "
    Mucius hob den Vorhang um einen winzigen Spalt beiseite und sah in ein kellerähnliches Gelaß hinein. Die fensterlosen Steinwände glänzten feucht. Auf einem kleinen Tisch stand eine flackernde Kerze, die fast niedergebrannt war. Tellus war nicht zu sehen, aber Lukos saß am Tisch mit dem Rücken zum Vorhang. Mucius erkannte ihn sofort an seinen langen, schmutzig-gelben Haaren und dem schwarzen Mantel mit den Silbersternen. Der Wahrsager war gerade dabei, große Haufen von Goldstücken, die auf dem Tisch aufgestapelt lagen, zu zählen und in einen Sack zu schütten. Er war völlig in seine Tätigkeit vertieft und murmelte: „ .. . vierhundert, fünfhundert, sechshundert ... " Doch plötzlich hielt er inne und drehte sich nach dem Vorhang um. Er war dies mal nicht schwarz und weiß geschminkt, sondern hatte eine Tonmaske vors Gesicht gebunden, wie Schauspieler sie auf der Bühne trugen. Er fixierte eine "Weile den Vorhang, dann sprang er rasch auf, und Mucius ließ erschrocken den Vorhang fahren. „Achtung! Raus!" zischte er.
    Als erster sauste Flavius los wie aus einer Wurfmaschine abgeschossen, aber er stolperte über eine strammgezogene Schnur, die dicht über dem Fußboden entlang lief, und schlug hin, und unmittelbar darauf knallte die Hintertür zu. Die andern warfen sich verzweifelt dagegen, rüttelten und zerrten daran, aber umsonst.
    „Gebt euch keine Mühe!" sagte eine heisere, gepreßte Stimme. „Die bekommt ihr nicht auf!" Lukos hatte den Vorhang zurückgeschlagen und starrte die Jungen an. Sie konnten seine Augen hinter der Tonmaske böse funkeln sehen. Er kam mit seinen unbeholfenen Schritten langsam auf sie zu, und die Jungen drängten sich unwillkürlich dicht aneinander. Flavius

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