Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf
heute kein Glück", schimpfte Mucius erschöpft. Sie rüttelten an der Tür, trommelten dagegen, aber auch das blieb erfolglos. „Hier hat's keinen Zweck", sagte Mucius. „Davor ist noch das Tor. Es kann uns niemand hören."
Sie liefen in das Gewölbe zurück und hämmerten mit allen möglichen Gegenständen gegen die Hintertür. An die Fensterläden konnten sie nicht ran, weil das Gitter davor war. Caius und Publius zerrten wie wild an den Schnüren, die lose herumlagen, aber die Tür rührte sich nicht.
„Halt!" rief Antonius plötzlich. „Lukos hat uns doch erzählt, daß
dort drin eine Tür ist, wo Tellus rausgegangen ist." Er zeigt auf den Vorhang vor der Nische.
Sie stürmten in das Nebengelaß hinein und blieben erstaunt stehen. Vier nackte Wände starrten ihnen entgegen. Es gab weder eine Tür noch Fenster. Die Kerze auf dem Tisch war völlig niedergebrannt und flackerte kurz vor dem Erlöschen.
„Wie kann Tellus rausgekommen sein?" sagte Mucius gedehnt.
„Vielleicht ist hier eine Geheimtür", sagte Julius und begann die Wände abzuklopfen. Doch als er sich einer dunklen Ecke näherte, fuhr er erschrocken zurück. Eine dicke Kröte saß auf dem Boden und glotzte ihn starr an.
„Das ist Tellus!" rief Antonius erregt. „Lukos hat ihn in eine Kröte verzaubert." Die andern blickten die Kröte mißtrauisch an und zogen sich langsam zurück. „Lukos hat selber gesagt, daß er nicht zaubern kann", flüsterte Flavius.
„Das hat er nur gesagt, damit wir nicht wissen, daß Tellus die Kröte ist", sagte Antonius. „Es ist nämlich ein großes Verbrechen, jemand in eine Kröte zu verwandeln."
Sie kehrten in das Gewölbe zurück und ließen sich entmutigt an der Wand in einer Reihe auf dem Fußboden nieder. Sie waren müde und hungrig und froren an den nackten Füßen. Lukos lag noch immer regungslos neben der Kellerklappe, die bei dem Kampf zugefallen war. Das rätselhafte Verschwinden von Tellus war ihnen unheimlich. An die Geschichte mit der Kröte glaubten sie nicht recht, aber Tellus konnte sich auch nicht in Luft aufgelöst haben. Der Schein der Laterne, die Mucius auf den Tisch gestellt hatte, wurde immer schwächer.
„Bald sitzen wir im Finstern", sagte Mucius seufzend. Er zog die Knie hoch und wickelte seine Füße in seine Toga ein.
Flavius, der als letzter in der Reihe saß, beugte sich vor und fragte furchterfüllt: „Wie lange werden wir warten müssen, bis uns jemand findet?"
„Bis wir verhungert sind", grollte Caius.
„Man verhungert nicht so rasch", sagte Julius.
„Um so schlimmer", sagte Publius, kurz auflachend.
„Man kann Jahre nur von Wasser und Brot leben", sagte Antonius. „Mein Vater hat erzählt, daß die Kriegsgefangenen nur Wasser und Brot kriegen, und dabei müssen sie noch arbeiten." „Wenn wir wenigstens Wasser und Brot hätten", sagte Caius. „Ich könnte jetzt zehn Brote aufessen." „Verdursten soll noch viel schlimmer sein als verhungern", sagte Flavius kläglich. „Halt den Mund!" schnauzte Mucius ihn an. „Rufus hat seit drei Tagen nichts zu essen und trinken bekommen und lebt auch noch."
„Aber nicht mehr lange", sagte Publius.
Julius blickte Lukos nachdenklich an. „Ich möchte wissen, was er für ein schreckliches Geheimnis hat, das Rufus entdeckt hat", sagte er. „Ob es wohl was mit dem roten Wolf und dem Schafspelz zu tun hat?"
„Das waren Hungerphantasien", sagte Publius.
„Sehr richtig", sagte Antonius. „Wir hatten mal einen Sklaven, einen alten Mann aus Griechenland. Er hatte eine Schale zerbrochen und wurde in Ketten gelegt. Er bekam nichts zu essen. Ich habe ihn besucht und wollte ihn trösten. Darüber hat er sich sehr gefreut und hat mir eine komische Geschichte erzählt. Die Erde sei gar nicht flach, hat er behauptet, sondern rund wie eine Kugel. Und sie dreht sich um die Sonne. Ich hab' ihm heimlich was zu essen gebracht, weil er mir leid tat."
„Er hat einen seltsamen Ring am Finger", sagte Julius, der noch immer auf Lukos starrte.
Antonius kroch in Lukos' Nähe und rief erstaunt. „Das ist Tellus' Siegelring! Ich hab' den Ring heute nachmittag an Tellus' Finger gesehen."
„Merkwürdig", murmelte Julius.
„Er hat ihn Tellus gestohlen, bevor er ihn in die Kröte verzaubert hat", sagte Antonius. „,Wozu braucht eine Kröte einen Ring!' hat er sich bestimmt gedacht. Und seht hier!" rief Antonius erstaunt. „"Was Lukos an den Füßen hat!"
Die Jungen beugten sich neugierig vor. Der schwarze Mantel mit den
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