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Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf

Titel: Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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haben, und er war mir entkommen." „Die Tür hat nicht offengestanden", sagte Mucius, „sonst wäre er nicht aufs Dach geflohen."
    „Aufs Dach?" fragte Tellus erstaunt.
    Mucius sagte: „Ich bin auch aufs Dach geflohen, weil ich nicht mehr rauskonnte." „Du?" sagte Tellus. „Davon weiß ich gar nichts. Vom Dach kommt man doch nicht runter." „Doch", sagte Mucius. „Wir sind aufs Dianabad hinüber gesprungen und ins Schwimmbad hinein."
    Tellus schaute ihn erschrocken an. Nach einer Pause fragte er lauernd: „Und .. . und warum seid ihr jetzt nicht auch aufs Dach geflohen?"
    „Wir können nicht", brummte Caius. „Die Leiter ist runtergerutscht und hat sich verklemmt."
    Die andern waren wütend. Caius war zu dumm. Tellus hätte ruhig glauben sollen, daß sie rauskonnten. Tellus schien auch erleichtert zu sein. Er schielte nach dem Gang hin und murmelte: „Also dort konntet ihr entkommen?"
    „Warum hast du ,Caius ist ein Dummkopf an die Tempelwand geschrieben?" fragte Julius.
    Tellus stöhnte wieder ein bißchen und wischte sich das Blut aus dem Gesicht. „Ich habe zuerst an sowas gar nicht gedacht", sagte er. „Ich war ziemlich sicher, daß Rufus den Mund halten würde, aus Angst um seinen Vater. Aber kaum war er weg, kam noch ein Besucher. Ich setzte rasch meine Perücke wieder auf, band mir die Tonmaske vor und ließ ihn ein. Es war ein bekannter Senator, der wegen seiner scharfen Zunge gefürchtet war. Er hatte anklägerische Reden im Senat gegen Praetonius gehalten und seine Bestrafung wegen der Niederlage gefordert. Er war sehr aufgeregt. Vor einer Stunde war ein Freund bei ihm gewesen, der gerade aus Gallien zurückgekehrt war, und hatte ihm erzählt, daß Praetonius gar keine Niederlage erlitten, sondern einen entscheidenden Sieg errungen hatte. Der offizielle Kurier mit der Siegesnachricht sei unterwegs aufgehalten worden, müsse aber am nächsten Tage im Kaiserpalast eintreffen. Der Senator bat mich, hellzusehen, ob er nun beim Kaiser in Ungnade fallen würde, und ob er nicht vorsichtshalber ins Ausland fliehen solle. Ich sagte ihm, daß er ruhig bleiben könne. Ich wußte, daß der Kaiser ihm nichts tun würde, da er eifersüchtig auf Praetonius ist. Der Senator gab mir einen Sack mit Goldstücken und ging beglückt weg. Aber ich war verzweifelt. Praetonius' Sieg war eine Katastrophe für mich. Die Siegesnachricht wurde bestimmt am nächsten Tage veröffentlicht, und dann hatte Rufus keinen Grund mehr, meine Drohung zu fürchten, und brauchte nicht mehr zu schweigen. Ich mußte ihn mundtot machen, bevor er von dem Sieg seines Vaters erfuhr. Aber wie? Ich zermarterte mir mein Gehirn, und da fiel mir ein, was Rufus mir von der Schreibtafel und von seinem Zank mit Caius erzählt hatte. Mein Plan stand fest. Rufus mußte ein Verbrechen begangen haben und verhaftet werden. Wenn er erst im Gefängnis saß, konnte er nicht mehr reden. Ich wollte auch dafür sorgen, daß er nicht verhört werden und als Sklave auf eine Galeere kommen würde."
    „Du solltest dich schämen!" rief Flavius empört.
    Tellus blickte reumütig drein. „Mir stand ein schreckliches Schicksal bevor, wenn Rufus mein Geheimnis ausgeplaudert hätte. Der Kaiser durfte niemals erfahren, daß ich sein Vertrauen mißbraucht hatte."
    „Wer unrecht tut, verdient Strafe", sagte Julius, sich an Xantippus' weise Lehren erinnernd.
    „Du hast recht", sagte Tellus zerknirscht. „Aber ich dachte nur daran, meine Haut zu retten. Ich warf meinen alten Militärmantel um, den ich im Orient geschenkt bekommen hatte, und schlich in die Schule hinüber. Ich wußte, daß die Schreibtafel irgendwo im Klassenzimmer an der Wand hing. Ich tastete die Wände ab, doch in meiner Aufregung hatte ich vergessen, die Kothurne abzulegen; sie klapperten auf dem Fußboden, und dadurch wachte euer Lehrer auf und überraschte mich. Ich rang mit ihm, warf ihn zu Boden, bekam einen Schemel zu packen und schlug ihm damit auf den Kopf. Dann fesselte ich ihn und knebelte ihn und sperrte ihn im Schrank ein."
    „Er wäre erstickt, wenn wir ihn nicht gefunden hätten", sagte Mucius vorwurfsvoll.
    „Ich mußte ihn aus dem Wege haben", sagte Tellus. „Ich konnte die Schreibtafel nicht gleich finden. Schließlich fand ich sie in der Truhe."
    „Warum hast du die Bücher und Bilder mitgenommen?" fragte Flavius. „Es sollte so aussehen, als ob ein gewöhnlicher Einbrecher eingebrochen hätte", sagte Tellus. „Oh, wir haben gleich gemerkt, daß etwas faul war", sagte

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