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Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf

Titel: Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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das Fehlen meines Mantels entdeckte, wußte ich, daß ihr mir auf der Spur seid", sagte Tellus. „Ich rechnete damit, daß ihr mich beobachten werdet, und traf meine Gegenmaßnahmen. Ich ließ die Hintertür offen, um euch hier hereinzulocken."
    „Du wolltest uns ermorden", sagte Antonius.
    „Nein, das wollte ich nicht", sagte Tellus. „Ich wollte erst einmal herausfinden, ob ihr wißt, daß ich Lukos bin. Als ich es merkte, daß ihr es nicht wißt, nahm ich als Lukos die Schuld an der Tempelschändung auf mich, um Tellus reinzuwaschen. Darum erzählte ich euch auch, daß ich in meine Heimat fliehen werde. Ich wollte euch hier einsperren, damit ihr mir nicht folgen könnt und seht, wo ich hingehe. Ihr hättet Lukos nie finden können, und Tellus wäre gerettet gewesen."
    „Sehr schlau", sagte Julius, „aber wir wären zum Stadtpräfekten gegangen und hätten ihm erzählt, daß Lukos der Täter ist; wir hätten ihn hierhergebracht und ihm die Schreibtafel und Xantippus' Bücher gezeigt, und dann wäre Rufus freigelassen worden, und er hätte sofort erzählt, daß du Lukos bist."
    „Das ist zu spät", sagte Tellus. „Bevor ich hierher ging, bin ich im Gefängnis gewesen und habe einen Wärter bestochen, Rufus heute nacht auf eine Galeere zu bringen. Das Schiff sticht morgen früh in See. Es wird mindestens ein Jahr unterwegs sein. Ihr werdet Rufus nicht wiedersehen."
    Die Jungen waren entsetzt. Sie wußten, daß Rufus die Qualen eines Galeerensklaven nicht lange überleben konnte.
    „Schuft!" stieß Mucius hervor.
    Tellus seufzte. „Ihr hättet eure Nase nicht in meine Angelegenheiten stecken sollen", sagte er. „Aber ihr könnt Rufus noch retten", fügte er mit einem lauernden Blick hinzu.
    „Wie?" riefen die Jungen aufgeregt.
    „Wir schließen einen Pakt", sagte Tellus. „Wir lassen es dabei, daß Lukos der Täter ist und Tellus unschuldig ist. Ihr schwört, daß ihr mich nicht verraten werdet, und ich schwöre, daß ich noch heute nacht einen Boten an den Kapitän der Galeere schicke mit dem Befehl, Rufus sofort freizulassen. Der Bote kann noch rechtzeitig in Ostia sein, bevor das Schiff abgeht. Aber beeilt euch! Ich weiß, wie man die Tür öffnet. Laßt mich unbehelligt hinaus."
    Die Jungen zögerten. Sie trauten Tellus nicht.
    „Was tun wir, wenn du dein Wort nicht hältst?" sagte Julius.
    „Dann könnt ihr doch hingehen und mich anzeigen", sagte Tellus.
    „Aber du kannst dich doch nicht rühren", sagte Flavius. „Wie willst du nach Hause kommen?"
    Tellus überlegte einen Augenblick. Dann sagte er ächzend: „Ich lasse euch raus. Lauft in meinen Palast und sagt meinen Sklaven, sie sollen mich mit einer Sänfte abholen! Erzählt ihnen, daß Lukos mich ermorden wollte und geflohen ist."
    Die Jungen blieben unschlüssig. Wenn sie weg waren, konnte Tellus alle Beweise vernichten, daß er den Wahrsager gespielt hatte, und konnte später alles ableugnen. Aber die Zeit war knapp. Wenn sie Rufus noch retten wollten, mußten sie sich zu irgend etwas entschließen.
    „Gib uns schriftlich, daß du den Wahrsager Lukos gespielt hast und der Tempelschänder bist", sagte Julius. „Dann lassen wir dich nach Hause."
    „Schriftlich? Warum?" fragte Tellus mißtrauisch. Trotz seines blutverschmierten Gesichtes sah man die Adern auf seiner Stirn anschwellen.
    „Wenn du dein Wort nicht hältst, bringen wir das Schreiben dem Kaiser", sagte Julius kühn. Tellus überlegte, dann sagte er: „Und wenn Rufus frei ist, was tut ihr dann?" „Dann geben wir dir das Schreiben zurück. Wir schwören dir, daß wir dich nicht verraten werden."
    Die andern waren stolz auf Julius. Das hatte er genial ausgeklügelt. Wenn sie das Schreiben hatten, konnte Tellus sie nicht betrügen. Aber er mußte sich beeilen; denn das Licht der Laterne wurde immer schwächer, und sie fürchteten sich sehr davor, daß es dunkel wurde, bevor sie wegkonnten. Glücklicherweise schien Tellus nichts davon zu merken. „Gebt mir Feder, Tinte und Papier dort von meinem Tisch!" sagte er. „Ich schreibe, was ihr wollt." Er lehnte sich mit halbgeschlossenen Augen gegen die Wand, als ob er völlig erschöpft sei und keine Kraft mehr habe, zu widersprechen.
    Publius und Antonius liefen zum Tisch und brachten Tellus Papier, eine Schilfrohrfeder und ein Tintenfaß. Sie knieten neben ihm nieder, Antonius gab ihm das Papier und die Feder, und Publius hielt das Tintenfaß. Tellus schrieb rasch etwas auf, dann wollte er Antonius das Schreiben geben, aber Julius

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