Calibans Krieg
hörte nichts außer dem eigenen panischen Atem. Wie ein Tier auf den alten Prärien der Erde folgte er dem uralten Impuls, still und stumm zu bleiben, obwohl das Wesen im Vakuum nicht einmal den lautesten Schrei gehört hätte.
Das Monster wiegte sich hin und her, die gespenstischen Augen schlossen sich, öffneten sich wieder, schlossen sich. Dann sprang es. Einige Sterne verdunkelten sich, als es vorbeiflog.
»Es ist raus.« Prax erschrak über seinen energischen Tonfall. »Schließen Sie die Frachtluke.«
»Alles klar«, bestätigte Naomi. »Ich schließe die Tür.«
»Ich komme rein, Käpt’n«, kündigte Amos an.
»Ich werde gleich ohnmächtig, Amos«, stöhnte Holden. Es klang jedoch scherzhaft, und Prax war sicher, dass es nicht ernst gemeint war.
In der Dunkelheit blinkte ein Stern und erschien wieder. Dann noch einer. Prax verfolgte im Geiste den Kurs. Ein weiterer Stern verschwand.
»Ich heize sie schon mal auf«, sagte Alex. »Sagt mir Bescheid, wenn ihr in Sicherheit seid.«
Prax beobachtete und wartete. Der Stern blieb, wo er war. Hätte der Stern nicht dunkel werden sollen wie die anderen vorher? Hatte er den Kurs falsch eingeschätzt? Oder war das Wesen im Bogen geflogen? Konnte es im leeren Raum manövrieren und hatte bemerkt, dass Alex den Reaktor hochfuhr?
Prax wandte sich zur Hauptluftschleuse.
Die Rosinante war ihm klein vorgekommen – ein Zahnstocher, der in einem Ozean voller Sterne trieb. Jetzt war die Entfernung bis zur Luftschleuse ungeheuer groß. Prax bewegte einen Fuß, dann den anderen, und versuchte zu rennen, ohne beide Füße gleichzeitig von der Schiffshülle zu heben. Die Magnetstiefel ließen sowieso nicht zu, dass er hochsprang, denn der zweite Fuß war blockiert, solange der vordere keinen Kontakt hatte. Ihm tat der Rücken weh. Unwillkürlich sah er sich um. Dort war nichts, und wäre dort etwas gewesen, dann hätte ihm das Umdrehen nicht geholfen. Das Kabel für die Funkverbindung entspannte sich von einer geraden Linie zu einer Schleife, die hinter ihm herflog, während er sich bewegte. Er holte es ein, damit es sich nicht verhedderte.
Die winzigen grünen und gelben Lichter der offenen Luftschleuse zogen ihn an wie ein verschwommenes Ziel in einem Traum. Er wimmerte leise, doch das Geräusch verlor sich in einer Reihe von Flüchen, die Holden auf einmal ausstieß.
»Was ist da unten los?«, fauchte Naomi.
»Der Käpt’n ist ein bisschen neben der Spur«, erklärte Amos. »Ich glaube, er hat sich was verrenkt.«
»Mein Knie fühlt sich an, als hätte es gerade jemanden zur Welt gebracht«, verkündete Holden. »Das wird schon wieder.«
»Können wir Schub geben?«, wollte Alex wissen.
»Noch nicht«, warnte Naomi. »Die Frachtluke kann ich von hier aus so dicht verschließen, wie es nur geht, bis wir die Werft erreichen, aber die vordere Luftschleuse ist noch offen.«
»Ich bin fast da«, schaltete sich Prax ein. Lasst mich nicht hier zurück. Lasst mich nicht hier draußen mit dem Ding allein, dachte er.
»In Ordnung«, antwortete Alex. »Sagt mir Bescheid, wann ich uns hier wegbringen kann.«
In der Tiefe des Schiffs gab Amos ein kleines Geräusch von sich. Prax erreichte die Luftschleuse und zog sich so heftig hinein, dass die Gelenke seines Anzugs quietschten. Er riss an seiner Nabelschnur, um sie ganz hereinzuziehen. Dann warf er sich gegen die hintere Wand und hämmerte auf die Steuerung ein, bis sich die äußere Luftschleuse schloss. Im trüben Licht der Luftschleuse rotierte Prax langsam um drei Achsen. Die Außentür blieb geschlossen. Nichts kam und brach sie auf, keine glühenden blauen Augen verfolgten ihn. Er prallte leicht gegen die Wand, als das ferne Arbeitsgeräusch einer Pumpe ihm verriet, dass die Atmosphäre hergestellt war.
»Ich bin drin«, meldete er. »Ich bin in der Luftschleuse.«
»Ist der Kapitän stabil?«, wollte Naomi wissen.
»War er das schon jemals?«, gab Amos zurück.
»Mir geht es gut. Mir tut nur das Knie weh. Bring uns hier weg.«
»Amos?«, fragte Naomi nach. »Wie ich sehe, bist du noch im Frachtraum. Gibt es ein Problem?«
»Könnte sein«, antwortete Amos. »Unser Freund hat etwas zurückgelassen.«
»Nicht anfassen!«, bellte Holden aufgebracht. »Wir holen einen Brenner und zerlegen es in die Atome, aus denen es besteht.«
»Ich glaube, das wäre keine gute Idee«, meinte Amos. »So was hier habe ich schon einmal gesehen. Auf Schneidbrenner reagiert es gar nicht gut.«
Prax richtete sich auf, bis er
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