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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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Prax verstehen konnte.
    » Ich gehe hier nicht weg«, antwortete Holden.
    »Alles klar.«
    Prax räusperte sich, doch Amos fasste ihn am Ellbogen.
    »Was ist mit Ihnen?«, fragte Amos. »Haben Sie schon eine Bleibe gefunden?«
    Prax’ vorbereitete Rede – Ich möchte Ihnen allen versichern, wie dankbar ich Ihnen bin … – kollidierte mit der Frage, die jeden anderen Gedanken vertrieb.
    »Ich, äh, nein, aber …«
    »Na gut, dann holen Sie Ihre Sachen. Sie können mit zu mir kommen.«
    »Ja, danke. Vielen Dank. Aber zuerst möchte ich Ihnen allen versichern, wie …«
    Amos legte ihm eine Hand auf die Schulter.
    »Vielleicht später«, sagte der große Mann. »Jetzt kommen Sie erst einmal mit.«
    Holden lehnte inzwischen an der Wand. Er reckte das Kinn wie ein Mann, der schreien, sich übergeben oder weinen wollte. Die Augen starrten ins Leere, ohne etwas zu sehen. Der Kummer erwachte in Prax, als hätte er in einen Spiegel geblickt.
    »Ja«, lenkte er ein. »Ist gut.«
    Amos’ Räumlichkeiten waren, wenn das überhaupt ging, womöglich noch kleiner als die Quartiere auf der Rosinante : zwei winzige Schlafzimmer, ein Gemeinschaftsraum von der halben Größe der Messe, dazu ein Bad mit einer Duschkabine, in der man Waschbecken und Toilettensitz ausklappen konnte. Es wäre beengend gewesen, wenn Amos sich tatsächlich dort aufgehalten hätte.
    Er hatte sich allerdings lediglich darum gekümmert, Prax unterzubringen, um anschließend rasch zu duschen und in die weiten, luxuriösen Gänge der Station hinauszuziehen. Überall standen Pflanzen, die jedoch überwiegend dekorativen Zwecken dienten. Die Decks waren so leicht gekrümmt, dass Prax sich fast vorstellen konnte, er befände sich in einem unvertrauten Bereich von Ganymed und sein Wohnloch sei höchstens ein paar Stationen mit der Röhrenbahn entfernt. Dass Mei daheim wäre und auf ihn wartete. Sobald sich die äußere Tür geschlossen hatte, zog er das Handterminal hervor und verband sich mit dem lokalen Netzwerk.
    Von Persis-Strokes war noch keine Antwort eingegangen, aber es war vermutlich zu früh, um eine zu erwarten. Inzwischen stellte das Geld sein größtes Problem dar. Ganz allein konnte er die Suche nicht finanzieren.
    Also musste er sich an Nicola wenden.
    Prax baute das Terminal auf und richtete die Kamera auf sich selbst. Sein Ebenbild auf dem Bildschirm wirkte verhärmt und ausgemergelt. Die entbehrungsreichen Wochen hatten ihren Tribut gefordert, und in der Zeit auf der Rosinante hatte er sich nicht völlig erholt. Vielleicht würde er nie wieder ganz gesund werden. Die eingefallenen Wangen auf dem Bildschirm zeigten eben den Menschen, der er jetzt war. Das war schon in Ordnung. Er startete die Aufzeichnung.
    »Hallo, Nici«, begann er. »Ich will dir zuerst einmal mitteilen, dass ich an einem sicheren Ort bin. Ich habe die Tycho-Station erreicht, aber immer noch keine Spur von Mei gefunden. Ich will eine Sicherheitsfirma beauftragen und erzähle ihnen alles, was ich weiß. Anscheinend können sie wirklich helfen, aber es ist teuer, vielleicht sogar sehr teuer. Und sie könnte auch schon tot sein.«
    Prax ließ sich einen Augenblick Zeit und holte tief Luft.
    »Sie könnte schon tot sein«, wiederholte er, »aber ich muss es versuchen. Mir ist klar, dass es dir finanziell nicht gerade rosig geht. Ich weiß, dass du einen neuen Ehemann hast, an den du denken musst. Aber wenn du irgendetwas erübrigen kannst – nicht für mich, natürlich. Ich will nichts von dir. Nur für Mei. Für sie. Wenn du ihr irgendetwas geben kannst, ist dies vielleicht die letzte Chance.«
    Wieder hielt er inne, und seine Gedanken wechselten zwischen Ich danke dir und Das ist, verdammt noch mal, das Mindeste, was du tun kannst. Schließlich schaltete er nur ab und verschickte die Nachricht.
    Die Zeitverzögerung zwischen Ceres und der Tycho-Station betrug im Moment fünfzehn Minuten. Allerdings kannte er nicht die Lokalzeit auf Ceres. Es war möglich, dass seine Nachricht mitten in der Nacht oder beim Mittagessen eintraf. Vielleicht wollte seine Exfrau gar nicht mit ihm reden.
    Es spielte keine Rolle. Er musste es versuchen. Er konnte erst schlafen, wenn er sicher war, alles getan zu haben, was ihm überhaupt möglich war.
    Anschließend zeichnete er weitere Nachrichten auf und schickte sie an seine Mutter, an seinen alten Zimmergenossen vom College, der inzwischen eine Position auf der Neptunstation angenommen hatte, und an seinen Doktorvater. Mit jedem Mal fiel es ihm

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