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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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zusammen, wie knapp Schiff und Crew der Vernichtung in einem Feuerball entgangen waren. Es kam ihm beinahe wie ein Sakrileg vor, das alles mit zwei nüchternen Sätzen zu schildern. In einer Fußnote führte er einige zivile Bauteile auf, die möglicherweise auf Tycho vorrätig und für sein marsianisches Kriegsschiff geeignet waren.
    Auf einem Wandmonitor hinter ihm lief eine Nachrichtensendung von Ceres. Holden hatte sie nur zur Ablenkung eingeschaltet, während er sich mit dem Schiff beschäftigte und Notizen machte.
    Natürlich war das Unfug. Sam, die Ingenieurin von Tycho, die normalerweise die Reparaturen leitete, brauchte seine Hilfe nicht. Sie war auch nicht darauf angewiesen, dass er Listen mit Ersatzteilen schrieb. Sie war in jeder Hinsicht besser für das qualifiziert, was er gerade tat. Doch sobald er ihr das Feld überließ, gab es keinen Grund mehr, an Bord zu bleiben. Dann musste er Fred wegen des Protomoleküls auf Ganymed zur Rede stellen.
    Und dabei vielleicht Naomi verlieren.
    Wenn sein anfänglicher Verdacht zutraf und Fred tatsächlich einen Handel abgeschlossen und das Protomolekül als Bezahlung oder, noch schlimmer, als Waffe eingesetzt hatte, würde Holden ihn töten. Das wusste er so sicher wie den eigenen Namen, und er fürchtete sich davor. Die Tatsache, dass es ein Kapitalverbrechen war, für das er wahrscheinlich auf der Stelle hingerichtet werden würde, war dabei gar nicht einmal das Wichtigste. Vielmehr wäre es der endgültige Beweis dafür, dass Naomi ihn völlig zu Recht verlassen hatte. Dann hatte er sich wirklich in den Mann verwandelt, den sie fürchtete. In einen neuen Detective Miller, der mit seiner Pistole Selbstjustiz übte. Wann immer er sich vorstellte, wie Fred seine Schuld zugab und um Gnade bat, konnte Holden sich nicht ausmalen, ihn zu verschonen. Er erinnerte sich daran, ein anderer Mann gewesen zu sein, der andere Entscheidungen getroffen hatte, konnte sich aber nicht genau erinnern, wer dieser Mann gewesen war.
    Wenn er sich irrte und Fred nichts mit der Tragödie auf Ganymed zu tun hatte, dann hatte Naomi von Anfang an recht gehabt, und er war nur zu störrisch gewesen, es einzusehen. Vielleicht gelang es ihm, genügend Demut zu zeigen und sie zurückzugewinnen. Dummheit war gewöhnlich kein ganz so schlimmes Verbrechen wie Selbstjustiz.
    Falls Fred aber tatsächlich nicht derjenige war, der mit dem außerirdischen Supervirus Gott gespielt hatte, standen die Dinge für die Menschheit ganz allgemein noch erheblich schlechter. Es war ein unangenehmer Gedanke, dass eine Wahrheit, die für die Menschheit das Schlimmste war, für ihn persönlich die beste Wendung darstellte. Natürlich würde er nicht zögern, sich und sein Glück zu opfern, um alle anderen zu retten. Aber das brachte nicht das Stimmchen im Hinterkopf zum Verstummen: Zur Hölle mit allen anderen, ich will meine Freundin zurückbekommen.
    Dann tauchte eine Erinnerung auf, und er schrieb NEUE KAFFEEFILTER auf die Liste der zu beschaffenden Vorräte.
    Hinter ihm piepste die Wandtafel eine halbe Sekunde, bevor sein Handterminal summte und ihn auf einen Besucher an der Schleuse aufmerksam machte, der um Erlaubnis bat, an Bord kommen zu dürfen. Er tippte auf den Bildschirm, um zur Außenkamera der Schleuse umzuschalten, und entdeckte Alex und Sam, die auf dem Korridor warteten. Sam war immer noch die hinreißende rothaarige Elfe im viel zu großen Overall, an die er sich erinnerte. Sie hatte eine große Werkzeugkiste dabei und lachte. Alex sagte etwas, und sie lachte noch lauter und ließ fast den Werkzeugkasten fallen. Da die Sprechverbindung ausgeschaltet war, blieb es ein Stummfilm.
    Holden tippte auf den Sprechknopf. »Kommt rein, Leute.« Ein weiteres Tippen, und die äußere Schleusentür ging auf. Sam winkte in die Kamera und trat ein.
    Nach ein paar Minuten ging das Druckschott des Maschinenraums mit einem Knall auf, und der Treppenlift fuhr heulend herab. Sam und Alex traten von der Fläche, dann ließ Sam ihre Siebensachen mit einem lauten Krachen auf das Metalldeck fallen.
    »Was liegt an?« Sie begrüßte Holden mit einer raschen Umarmung. »Habt ihr mein Mädchen schon wieder zusammenschießen lassen?«
    »Dein Mädchen?«, antwortete Alex.
    »Dieses Mal nicht.« Holden deutete auf die beschädigten Wände im Maschinenraum. »Im Frachtraum ist eine Bombe explodiert und hat ein Loch in die Wand gebrannt. Ein Splitter ist da drüben in den Stromverteiler geschlagen.«
    Sam pfiff durch die Zähne.

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