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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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Wut.
    »Bobbie?«
    »Ja?«
    »Sie haben doch mal gesagt, ich würde die Gefahr unterschätzen, in der ich schwebe.«
    »Und Sie haben mir gesagt, ich wüsste nicht, wie das Spiel gespielt wird.«
    »Genau.«
    »Ja, ich erinnere mich. Was ist damit?«
    »Falls Sie darauf hinweisen wollen, dass Sie es von Anfang an gewusst haben, wäre dies ein guter Zeitpunkt.«

42 Holden
    Nach der Kadettenschule hatte Holden einen Monat im Diamond Head Electronic Warfare Lab auf Oahu gearbeitet. In dieser Zeit hatte er entdeckt, dass er keine Lust verspürte, bei der Spionageabwehr der Raummarine als Schnüffler anzuheuern und dass er Poi überhaupt nicht und polynesische Frauen sehr gut leiden konnte. Er hatte zu viel zu tun gehabt, um eine von ihnen näher kennenzulernen, aber die wenigen freien Momente am Strand genossen, wenn er sie betrachten konnte. Damals hatte er eine Vorliebe für weiblich gerundete Frauen mit langem schwarzem Haar entwickelt.
    Die marsianische Marinesoldatin kam ihm vor, als hätte jemand die süßen Strandschönheiten als Vorlage benutzt und mit einem Grafikprogramm auf hundertfünfzig Prozent vergrößert. Die Proportionen, das schwarze Haar, die dunklen Augen, alles war wie damals. Nur dass sie eine Riesin war und in seiner Gehirnverkabelung einen Kurzschluss erzeugte. Der Eidechsenanteil in ihm wechselte ständig zwischen Paare dich mit ihr! und Bring dich in Sicherheit! Noch schlimmer war, dass sie es wusste. Offenbar hatte sie ihn bei ihrer ersten Begegnung binnen Sekunden eingeschätzt und entschieden, dass er höchstens ein müdes Lächeln wert war.
    »Muss ich das wirklich noch einmal erklären?« Ihr Grinsen verspottete ihn. Sie saßen zusammen in der Messe, wo sie ihm das beschrieben hatte, was die marsianische Spionageabwehr für den besten Weg hielt, einen Zerstörer der Munroe-Klasse anzugreifen.
    Nein!, wollte er schreien. Ich habe es verstanden. Ich bin nicht bekloppt. Ich habe eine hübsche Freundin, der ich treu ergeben bin, also hör auf, mich wie einen linkischen Teenager zu behandeln, der versucht, dir in den Ausschnitt zu sehen!
    Aber dann sah er sie an, sein Kleinhirn sprang zwischen Anziehung und Angst hin und her, und sein Sprachzentrum hatte Fehlzündungen. Schon wieder.
    »Nein.« Er starrte die ordentlich sortierte Liste an, die sie ihm auf das Handterminal gesendet hatte. »Ich glaube, die Informationen sind … sehr informativ.«
    Aus dem Augenwinkel bemerkte er, dass ihr Grinsen sogar noch breiter wurde. Er konzentrierte sich auf die Liste.
    »Gut«, sagte Bobbie. »Dann hau ich mich mal hin. Natürlich nur, wenn Sie es erlauben, Kapitän.«
    »Erlaubnis erteilt«, antwortete Holden. »Natürlich. Gehen Sie. Hauen Sie.«
    Ohne die Armlehnen zu berühren, richtete sie sich auf. Sie war unter marsianischer Schwerkraft aufgewachsen und wog bei einem G mindestens hundert Kilo. Sie gab an. Er tat so, als hätte er es nicht bemerkt, und sie ging hinaus.
    »Sie ist schon ein Hingucker, was?«, sagte Avasarala, die gerade eingetreten war, und ließ sich auf den frei gewordenen Stuhl fallen. Holden blickte zu ihr auf und bemerkte ein ganz anderes Grinsen. Die alte Frau durchschaute ihn und beobachtete die kämpfenden Eidechsen in seinem Hinterkopf. Aber sie war keine riesige Polynesierin, also konnte er sich an ihr abreagieren.
    »Ja, sie ist klasse«, bestätigte er, »aber wir werden trotzdem alle sterben.«
    »Was?«
    »Wenn uns die Zerstörer einholen, was sie bald tun werden, dann sterben wir. Der einzige Grund dafür, dass sie uns noch nicht mit Torpedos eindecken, ist der, dass unsere NK-Batterien alles abfangen können, was sie aus dieser Entfernung abschießen.«
    Avasarala lehnte sich seufzend zurück. Das Grinsen wich einem müden, aber echten Lächeln. »Sie könnten nicht vielleicht für eine alte Frau eine Tasse Tee auftreiben?«
    Holden schüttelte den Kopf. »Tut mir leid. In der Crew gibt es keine Teetrinker. Aber wir haben reichlich Kaffee, falls Sie eine Tasse möchten.«
    »Ich bin tatsächlich müde genug, um es zu versuchen. Viel Sahne und viel Zucker.«
    »Wie wäre es mit viel Zucker und viel von dem Pulver, das wir Kaffeeweißer nennen?« Holden zapfte ihr eine Tasse.
    »Klingt wie Pisse. Ich versuch’s trotzdem.«
    Holden setzte sich und schob ihr den gesüßten und geweißten Kaffee über den Tisch. Sie nahm die Tasse, schnitt eine Grimasse und trank in mehreren großen Zügen.
    »Erklären Sie mir noch einmal alles, was Sie gerade gesagt haben«, forderte

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