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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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durch Kurskorrekturen die Schwerkraft um ein oder zwei Grad verschob, wurde ihr ein wenig übel. Aber immerhin, sie hatte es bis hierher geschafft.
    Der Korridor, der zur Messe führte, war kurz und direkt vor dem Eingang gekrümmt. Die Stimmen drangen bis auf den Flur. Sie ging vorsichtig weiter. Das leise marsianische Leiern kam vom Piloten, und Bobbies Tonfall und Stimmlage kannte sie gut genug.
    »… dem Kapitän zu sagen, wo er stehen und wie er aussehen soll. Ich dachte zweimal, Amos würde sie in die Luftschleuse werfen.«
    »Er könnte es versuchen«, meinte Bobbie.
    »Und Sie arbeiten für sie?«
    »Zum Teufel, ich weiß nicht mehr, für wen ich eigentlich arbeite. Ich glaube, ich beziehe noch mein Gehalt vom Mars, aber meine sonstigen Ausgaben werden von ihrem Büro bestritten. Ich nehme es eben, wie es kommt.«
    »Klingt ungemütlich.«
    »Ich bin Marinesoldat«, erklärte Bobbie. Avasarala hielt inne. Der Tonfall stimmte nicht. Er war zu ruhig, fast entspannt. Beinahe friedlich. Das war interessant.
    »Gibt es überhaupt jemanden, der sie mag?«, fragte der Pilot.
    »Nein«, platzte Bobbie heraus. »Teufel, nein. Und sie sorgt dafür, dass es so bleibt. Die Sache, die sie mit Holden veranstaltet hat – auf sein Schiff marschieren und ihm Befehle erteilen, als gehörte es ihr –, so macht sie es immer. Der Generalsekretär ist ihr Vorgesetzter, aber sie nennt ihn Klopskopf, wenn er in Hörweite ist.«
    »Sie hat ein ziemlich loses Mundwerk.«
    »Das ist eben ein Teil ihres Charmes«, erklärte Bobbie.
    Der Pilot kicherte und schlürfte irgendein Getränk.
    »Ich hatte vielleicht einen ganz falschen Eindruck von der Politik«, sagte er, und gleich darauf: »Mögen Sie sie?«
    »Ja.«
    »Darf ich nach dem Grund fragen?«
    »Ihr sind die gleichen Dinge wichtig wie mir«, erklärte Bobbie. Als sie diese nachdenkliche Antwort hörte, fühlte Avasarala sich in der Rolle des Lauschers nicht mehr wohl. Sie räusperte sich und betrat die Messe.
    »Wo ist Holden?«, fragte sie.
    »Wahrscheinlich schläft er«, antwortete der Pilot. »Nach Schiffszeit ist es jetzt zwei Uhr morgens.«
    »Ah.« Für Avasarala war es Nachmittag. Das war ein wenig unbequem. Alles in ihrem Leben geschah jetzt mit Verzögerung. Im Moment wartete sie auf die Nachrichten, die durch die Schwärze des Weltalls rasten. Aber wenigstens konnte sie sich vorbereiten.
    »Ich möchte mit allen an Bord sprechen, sobald sie wach sind«, verlangte sie. »Bobbie, Sie benötigen wieder Ihre Dienstkleidung.«
    Bobbie brauchte ein paar Sekunden, bis sie es begriffen hatte.
    »Sie wollen ihnen das Monster zeigen«, sagte sie.
    »Und dann werden wir uns setzen und reden, bis wir alles wissen, was die Leute auf diesem Schiff wissen. Die bösen Buben machen sich jedenfalls große Sorgen, sonst würden sie nicht ihre Einheiten schicken, um alle umzubringen«, sagte sie.
    »Ja, was das angeht«, schaltete sich der Pilot ein. »Die Zerstörer haben die Beschleunigung zurückgenommen, kehren aber nicht um.«
    »Das spielt keine Rolle. Alle wissen, dass ich auf dem Schiff bin. Niemand wird auf uns schießen.«
    Am Morgen nach Schiffszeit und am frühen Abend für Avasarala versammelte sich die Mannschaft erneut. Statt ihren ganzen motorverstärkten Anzug mitzubringen, hatte Bobbie einfach das gespeicherte Video kopiert und Naomi gegeben. Die Crewmitglieder waren gut ausgeruht. Ausnahmen bildeten lediglich der Pilot, der viel zu lange wach geblieben war, um mit Bobbie zu reden, und der Botaniker, der ewig erschöpft schien.
    »Dies hier darf ich eigentlich niemandem zeigen.« Avasarala sah Holden scharf an. »Aber auf diesem Schiff sollten wir meiner Ansicht nach mit offenen Karten spielen. Ich bin bereit, den Anfang zu machen. Dies hier ist der Angriff auf Ganymed. Das Wesen, das alles ausgelöst hat. Naomi?«
    Naomi startete die Wiedergabe. Bobbie wandte sich ab und starrte die Wand an. Avasarala sah ebenfalls nicht zu, sondern musterte die Gesichter der anderen. Als das blutige, grausame Schauspiel seinen Lauf nahm, erfuhr sie ein wenig mehr über die Menschen, mit denen sie es zu tun hatte. Amos, der Ingenieur, sah mit der Gelassenheit eines professionellen Killers zu. Das war nicht überraschend. Holden, Naomi und Alex waren zuerst entsetzt. Alex und Naomi erlitten sogar eine Art Schock, und dem Piloten traten Tränen in die Augen. Holden dagegen richtete sich auf, straffte die Schultern und sah mit einem Ausdruck verhaltener Wut zu, der an den Augen und den

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